Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewerbesteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Darlehen zur Förderung des Wohnungsbaus im Sinne des § 7c EStG müssen wie alle Dauerschulden zur Ermittlung des Gewerbekapitals dem maßgebenden Einheitswert (ß 12 Abs. 5 GewStG) insoweit wieder zugerechnet werden, als sie bei Feststellung des maßgebenden Einheitswerts abgesetzt worden sind.

 

Normenkette

GewStG § 12 Abs. 2 Ziff. 1, Abs. 5

 

Tatbestand

Streitig ist, ob § 7c-Darlehen, die bei Ermittlung des Einheitswerts des Betriebsvermögens abgesetzt worden sind, gemäß § 12 Abs. 2 Ziff. 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) dem Einheitswert zuzurechnen sind.

Bei dem auf den 1. Januar 1952 fortgeschriebenen Einheitswert sind 130.000 DM zinslose Darlehen, die die Beschwerdeführerin (Bfin.) gemäß § 7c des Einkommensteuergesetzes (EStG) zur Förderung des Wohnungsbaus aufgenommen hatte, als Betriebsschulden abgesetzt worden (ß 62 des Bewertungsgesetzes - BewG -). Das Finanzamt rechnete diesen Betrag zur Ermittlung des Gewerbekapitals dem Einheitswert wieder zu. Das Finanzgericht wies die Berufung als unbegründet zurück. Die Bfin. ist der Auffassung, die Zurechnung sei unzulässig, weil Darlehen, für die keine Zinsen gezahlt worden seien, dem Einheitswert nicht zugerechnet werden dürften. Es würde dem Zweck des § 7c EStG widersprechen, Mittel, die zur Förderung des Wohnungsbaus bestimmt sind, durch Heranziehung zur Gewerbesteuer ihrem Zweck zu entziehen.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde (Rb.), die das Finanzgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen hat, ist nicht begründet.

§ 12 Abs. 2 Ziff. 1 GewStG sieht vor, daß "Verbindlichkeiten, die den Schuldzinsen ... im Sinne des § 8 Ziff. 1 ... entsprechen" zur Ermittlung des Gewerbekapitals dem Einheitswert wieder zugerechnet werden, soweit sie bei der Feststellung des Einheitswerts abgezogen worden sind. Die Bfin. glaubt diesem Wortlaut entnehmen zu können, daß nur solche Schulden zugerechnet werden sollen, die verzinslich sind und deren Zinsen zur Ermittlung des Gewerbeertrags gemäß § 8 Ziff. 1 GewStG dem Gewinn zugerechnet worden sind. Mit Recht hat demgegenüber das Finanzgericht ausgeführt, diese Auslegung entspreche nicht dem Wortlaut und Sinn des § 12 Abs. 2 Ziff. 1 GewStG. Wenn in § 12 Abs. 2 Ziff. 1 GewStG auf § 8 Ziff. 1 GewStG Bezug genommen wird, so dient das nur der Vereinfachung der Gesetzesfassung. Keineswegs sollte dadurch ein sachlicher Zusammenhang begründet werden, wie die Bfin. annimmt. Beide Zurechnungsvorschriften hängen mit dem Wesen der Gewerbesteuer als Realsteuer zusammen. Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer nach dem Ertrag ist nicht der Gewinn im Sinne des EStG, sondern der Gewerbeertrag, d. h. der Gewinn unter Zurechnung der im § 8 und Absetzung der im § 9 GewStG aufgeführten Beträge (ß 7 GewStG). Entsprechend wird die Gewerbesteuer nach dem Kapital nicht nach dem Einheitswert des Betriebsvermögens bemessen, sondern nach dem Gewerbekapital, d. h. nach dem Einheitswert unter Berücksichtigung der Zurechnungen und Kürzungen nach § 12 Abs. 2 bis 4 GewStG (ß 12 Abs. 1 GewStG). Dem Gewinn müssen nach dem Wortlaut und Sinn des Gesetzes die Zinsen für Dauerschulden zugesetzt werden, die in dem betreffenden Veranlagungszeitraum den Gewinn gemindert haben, gleichviel, ob die Dauerschulden im Einheitswert des Betriebsvermögens schon oder noch berücksichtigt ist. Es kommt z. B. vor, daß Dauerschulden aufgenommen und verzinst werden, ohne daß es zu einer Wertfortschreibung des Betriebsvermögens kommt, weil die gesetzlichen Wertgrenzen für eine Fortschreibung (ß 22 BewG) nicht erreicht sind. In diesen Fällen werden die Dauerschuldzinsen, die den Gewinn gemindert haben, wieder zugerechnet. Für das Gewerbekapital kommt in diesen Fällen eine Zurechnung der Schulden nicht in Betracht, weil sie bei Ermittlung des Einheitswerts nicht abgesetzt worden sind. Umgekehrt müssen z. B. Dauerschulden, die bei Feststellung des Einheitswerts abgesetzt worden sind, zugerechnet werden, solange dieser Einheitswert gemäß § 12 Abs. 5 GewStG für die Berechnung des Gewerbekapitals maßgebend ist (Urteil des Reichsfinanzhofs I 288/38 vom 11. Oktober 1938, Slg. Bd. 45 S. 56, Reichssteuerblatt 1939 S. 89; Gewerbesteuer-Richtlinien 1951 Abschn. 76 Abs. 2). Das gilt auch dann, wenn in einem Veranlagungszeitraum keine Zinsen entstanden sind, z. B. weil die Schuld inzwischen zurückgezahlt ist. Der Zweck des § 12 GewStG besteht darin, entsprechend dem Realsteuercharakter der Gewerbesteuer nicht das Eigenkapital des Unternehmens, sondern die Kapitalausstattung des Betriebs als Bemessungsgrundlage zu nehmen. Die amtlichen Vordrucke zur Gewerbesteuererklärung, auf die sich die Bfin. beruft, sind keine für die Auslegung verbindlichen Bestimmungen. Sie entsprechen im übrigen dem Gesetzeswortlaut und ergeben nichts für die Auffassung der Bfin.

Für zinslose Darlehen im Sinne des § 7c EStG gilt keine Besonderheit. Hätte der Gesetzgeber die Zurechnung solcher Darlehen ausschließen wollen, so hätte es einer entsprechenden gesetzlichen Bestimmung bedurft. Aus dem steuerpolitischen Zweck des § 7c EStG allein kann eine Abweichung vom Gesetz nicht gerechtfertigt werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 408284

BStBl III 1955, 353

BFHE 1956, 399

BFHE 61, 399

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