Entscheidungsstichwort (Thema)

Sonstiges Zollrecht

 

Leitsatz (amtlich)

Da ein Verkauf im Verhältnis zwischen Haupt- und Zweigniederlassung eines Unternehmens nicht möglich ist, kann ein von der Hauptniederlassung der Zweigniederlassung in Rechnung gestellter Preis nicht als Normalpreis = Zollwert angesehen werden.

Da die Zweigniederlassung im Verhältnis zur Hauptniederlassung, mit der sie eine rechtliche und wirtschaftliche Einheit bildet, weder Eigenhändlerin noch Vermittlerin sein kann, kommt es für die wertzollrechtliche Behandlung der eingeführten Waren darauf an, ob die Zweigniederlassung nach den Funktionen, die sie auf Grund der innerbetrieblichen Organisation des Gesamtunternehmens im Absatzweg der Ware erfüllt, mehr mit einem Eigenhändler oder einem Vermittler verglichen werden kann und ob sie dementsprechend für die theoretische Ermittlung des Zollwerts wie der eine oder andere zu behandeln ist.

Soweit die Zweigniederlassung wie ein Eigenhändler zu behandeln ist, kann ihr für die Ermittlung des Normalpreises nur eine in der Branche bei Einfuhren gleichartiger Waren aus dem jeweiligen Herkunftsland tatsächlich vorkommende Handelsstufe zuerkannt werden.

 

Normenkette

ZTG § 6 Abs. 1, § 7; ZG § 53 Abs. 2, § 53b; WertZO § 1/2, § 18

 

Tatbestand

I. -

Die Bfin., die eine Gummiwarenfabrik betreibt, ließ in der Zeit vom 11. Juli bis 3. Dezember 1956 insgesamt 18.500 Paar Gummistiefel der Tarifnr. 6401 - C - 2, die in 5 Sendungen eingingen, beim Zollamt zum freien Verkehr abfertigen. Da die Waren von den ... in ... (Ausland) bezogen waren und die Bfin. sich als deren Tochtergesellschaft bezeichnete, wurden die Zollwerte vorläufig festgesetzt. Auf Grund einer Zollwertprüfung kam das Zollamt zu dem nicht mehr streitigen Ergebnis, daß die Bfin. eine Zweigniederlassung der ... ist. Es legte daher der Zollwertbemessung nunmehr den Verkaufspreis der Bfin. zugrunde und forderte durch Steuerbescheid vom 16. September 1957 5.920,15 DM an Eingangsabgaben nach.

Auf den Einspruch der Bfin. setzte das Hauptzollamt durch Einspruchsentscheidung vom 8. April 1959 die Gesamtabgaben von 32.448,75 DM auf 29.450,60 DM herab, so daß sich die Nachforderung auf 2.922 DM ermäßigte.

Die Berufung der Bfin. wurde als unbegründet zurückgewiesen. Die Vorinstanz ging dabei in übereinstimmung mit den Verwaltungsbehörden davon aus, daß die Bfin. als Zweigniederlassung bei der Zollwertfestsetzung einem Vermittler gleichzusetzen und der Zollwertbemessung der Preis, den sie den Käufern in Rechnung stellte, zugrunde zu legen sei.

In ihrer Rb. macht die Bfin. folgendes geltend: Die Zugrundelegung des Verkaufspreises der Bfin. finde im Gesetz keine Stütze. Da zwischen Haupt- und Zweigniederlassung kein Kaufgeschäft möglich sei, könne der Normalpreis zugrunde gelegt werden, der durch Sachverständigengutachten und durch Verkaufsbelege anderer nach Deutschland exportierender zuständiger Firmen unschwer zu ermitteln sei, was die Vorinstanz zu Unrecht unterlassen habe. Die Hauptniederlassung verkaufe Schuhe nur über die Bfin. als Zweigniederlassung, ihre zuständigen Wettbewerber aber verkauften gleichartige Ware über Importeure in der Bundesrepublik. Die Preise seien in beiden Fällen die gleichen, was die Vorinstanz ebenfalls hätte nachprüfen müssen. Da die Zweigniederlassung ihre Kosten einkalkulieren müsse, sei ihr Verkaufspreis höher. Wenn er zugrunde gelegt werde, führe das zu einer Schlechterstellung gegenüber den inländischen Importeuren. Das Gesetz wolle aber nur eine ungleiche Wettbewerbslage im Interesse inländischer Importeure verhindern, nicht aber diese günstiger stellen als die Zweigniederlassung einer ausländischen Firma. Auch das Brüsseler Abkommen wolle den normalen Importpreis zugrunde legen. Bedeutsam sei das Avis I, nach dem bei Kaufgeschäften zwischen Tochtergesellschaften und Zweigniederlassungen mit der Muttergesellschaft oder Hauptniederlassung in gleicher Weise von einem Kaufvertrag zwischen unabhängigen Partnern ausgegangen werde. Eine Schlechterstellung von Zweigniederlassungen ausländischer Unternehmen widerspreche auch dem Gedanken der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. Die Vorinstanz habe nicht berücksichtigt, daß für die streitigen Einfuhren noch die Wertzollordnung 1951 gelte. Voraussetzung für die Anwendung des § 18 a. a. O. sei ein Abhängigkeitsverhältnis, wie es in § 8 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 des Zolltarifgesetzes (ZTG) 1951 und in § 53 a Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 des Zollgesetzes (ZG) umschrieben sei. Ein Zurückgreifen auf den Lieferungspreis sei nur dann nicht möglich, wenn er von dem Abhängigkeitsverhältnis beeinflußt sei. Da die Zweigniederlassung rechtlich nicht selbständig sei, könne sie weder Eigenhändler noch Vermittler sein, sondern nur je nachdem, ob sie wie der eine oder andere arbeite, entsprechend behandelt werden. Das Steuerrecht habe zwar in der Regel von den handelsrechtlichen Gestaltungen auszugehen; das gelte aber nur mit Einschränkungen. Daher sei es keineswegs bedenklich, eine Zweigniederlassung auch wertzollrechtlich einem selbständigen Unternehmen gleichzustellen. Es komme also auf den Einzelfall an.

Der Bundesminister der Finanzen, der dem Verfahren beigetreten ist, stellt in Abrede, daß der der Bfin. in Rechnung gestellte Preis zugrunde gelegt werden könne. Da zwischen Haupt- und Zweigniederlassung ein der Zollwertnorm entsprechender Kauf nicht abgeschlossen werden könne, sei der Zollwert = Normalpreis bei der Lieferung von Waren durch die Haupt- an die Zweigniederlassung zu ermitteln. Dabei komme es darauf an, ob die Zweigniederlassung im Absatzweg der Ware die gleichen Funktionen wahrnehme wie ein Vermittler, oder ob sie eine in der Branche übliche Handelsstufe ersetze und wie ein Eigenhändler tätig werde; nur in diesem Falle gehörten ihre Vergütungen nicht zum Zollwert. Auf einer nur theoretischen Handelsstufe könne kein üblicher Wettbewerbspreis erzielt werden. Die Bfin. ersetze keine Handelsstufe, wenn sie an Käufer veräußere, die im Importhandel auf der für die betreffende Branche in Betracht kommenden höchsten Handelsstufe stehen. Ergänzend dazu führte der Bundesminister der Finanzen in der mündlichen Verhandlung aus, die Vertriebskosten des ausländischen Verkäufers müßten stets im Verkaufspreis enthalten sein. Soweit eine Zweigniederlassung Vertriebsfunktionen ausübe, gehörten ihre Kosten zum Zollwert, sie gehörten dagegen nicht dazu, wenn die Zweigniederlassung eine Handelsstufe wahrnehme. Es komme nicht auf ihre Rechtsnatur entscheidend an, sondern auf ihre Funktion. Das stimme auch mit dem Brüsseler Avis I überein.

Die Bfin. hält demgegenüber für entscheidend, ob eine Zweigniederlassung als Käufer und Wiederverkäufer auftrete. Sie macht insbesondere geltend, daß sie selbständig bilanziere, der Geschäftsverkehr mit der Hauptniederlassung sich wie mit Fremden abspiele, die geforderten und gezahlten Preise den üblichen entsprächen und sie wie ein selbständiger Verkäufer auftrete. Das geschehe deshalb, weil ein Unternehmen das begreifliche Interesse habe, ein wirkliches Bild zu erhalten, mit welchem betriebswirtschaftlichen Ergebnis jeder seiner Teile arbeite. Die Schnellebigkeit des Wirtschaftslebens habe den Begriff der Handelsstufe und der sich hieraus ergebenden preislichen Einkaufsmöglichkeiten weitgehend verwischt. Nach den Ausführungen der Bfin. in der mündlichen Verhandlung stellt der Handel mit Schuhen nur einen kleinen Bruchteil des Gesamtumsatzes der von ihr hergestellten Erzeugnisse dar. Von dem Absatz von Schuhen machten die nicht von ihr selbst hergestellten Schuhe wiederum nur einen Bruchteil aus. Diese würden wie die eigenen Erzeugnisse abgesetzt.

 

Entscheidungsgründe

II. -

Die Rb. führt zur Aufhebung der Vorentscheidungen.

Nach § 5 Abs. 2, § 6 Abs. 1 ZTG 1951 ist Zollwert der Normalpreis, d. h. der Preis, der für die eingeführte Ware bei einem Verkauf zum freien Marktpreis zwischen unabhängigen Verkäufern und Käufern in dem für die Anwendung der Zollvorschriften maßgebenden Zeitpunkt erzielt werden kann. Nach dem am 1. September 1956 in Kraft getretenen § 53 Abs. 2 ZG ist Zollwert der normale Preis, der für die eingeführte Ware in dem für die Anwendung der Zollvorschriften maßgebenden Zeitpunkt bei einem Verkauf unter den Bedingungen des freien Wettbewerbs zwischen unabhängigen Verkäufern und Käufern erzielt werden kann (Normalpreis). Trotz des (geringfügigen) Unterschieds im Wortlaut besagen die angeführten gesetzlichen Bestimmungen das gleiche (vgl. das Urteil des Bundesfinanzhofs VII 163/57 S vom 16. Dezember 1959, BStBl 1960 III S. 150, Bundeszollblatt - BZBl - 1960 S. 279, Slg. Bd. 70 S. 402). Es ist daher für die rechtliche Beurteilung ohne Belang, daß im Streitfall zwei Sendungen vor, drei Sendungen nach dem 1. September 1956 zum freien Verkehr abgefertigt worden sind.

Nach § 7 Abs. 1 ZTG 1951 kann die Zollbehörde den Rechnungspreis als Zollwert gelten lassen, wenn er nach den Bedingungen und Umständen des Handelsgeschäfts als Normalpreis angesehen werden kann. Der ihm entsprechende, ab 1. September 1956 geltende § 53 b ZG besagt, daß der Rechnungspreis als Bemessungsgrundlage gelten soll vorbehaltlich der nach § 53 ZG erforderlichen Berichtigungen. Beide Vorschriften setzen für die Anerkennung des Rechnungspreises als Normalpreis = Zollwert voraus, daß die zu bewertende Ware Gegenstand eines Kaufgeschäftes zwischen unabhängigen Verkäufern und Käufern ist. Ein solches Kaufgeschäft kann im Verhältnis zwischen Haupt- und Zweigniederlassung eines Unternehmens nicht vorliegen, da beide entweder in der Hand derselben Person (oder Personenmehrheit) sind oder, wenn das Unternehmen eine juristische Person ist, Teile derselben Rechtsperson darstellen, zwischen ihnen also ein Rechtsgeschäft, wie es auch der Kauf ist, nicht möglich ist. Ein von der Hauptniederlassung der Zweigniederlassung in Rechnung gestellter Preis kann infolgedessen nicht als Normalpreis = Zollwert gelten. Der Normalpreis ist daher in einem solchen Fall zu ermitteln.

Bei der Ermittlung des Normalpreises kann der bis 31. Mai 1957, also während des im Streitfalle maßgebenden Zeitraums geltende § 18 der Wertzollordnung 1951 nicht unmittelbar angewendet werden, da er zwar in den Fällen der geschäftlichen Verbundenheit im Sinne des § 8 Abs. 2 ZTG 1951 oder des § 53 a Abs. 2 ZG für die Ermittlung des Normalpreises Schätzungshilfen gibt, jedenfalls aber zwei rechtlich selbständige Partner des der Einfuhr zugrunde liegenden Geschäfts voraussetzt. Deshalb trifft § 18 der Wertzollordnung 1951 auf das Verhältnis Haupt- und Zweigniederlassung nicht zu, da diese, wie oben ausgeführt, entweder in der Hand desselben Unternehmers oder Teile ein- und derselben Rechtsperson sind, sich also nicht als Partner eines Rechtsgeschäftes gegenübertreten können, d. h. zwischen ihnen auch nicht auf Grund rechtsgeschäftlicher Gestaltung ein Rechtsverhältnis wie Kauf, Kommission oder dergleichen vorliegen kann. Ein von der Hauptniederlassung der Zweigniederlassung in Rechnung gestellter Preis ist daher kein Kaufpreis, sondern gibt nur den Betrag an, der der internen Verrechnung einer Warenlieferung an die Zweigniederlassung dient.

Da die Zweigniederlassung im Verhältnis zur Hauptniederlassung, mit der sie eine rechtliche und wirtschaftliche Einheit bildet, weder Eigenhändlerin noch Vermittlerin sein kann, kommt es für die wertzollrechtliche Behandlung der eingeführten Ware darauf an, ob die Zweigniederlassung nach den Funktionen, die sie auf Grund der innerbetrieblichen Organisation des Gesamtunternehmens im Absatzweg der Ware erfüllt, mehr mit einem Eigenhändler oder mit einem Vermittler verglichen werden kann und ob sie dementsprechend für die theoretische Ermittlung des Zollwertes wie der eine oder der andere zu behandeln ist (im Grundsätzlichen übereinstimmend Vogel, Die unselbständige Betriebstätte im geltenden Wertzollrecht, Außenwirtschaftsdienst des Betriebs-Beraters 1960, S. 87 ff.; derselbe. Der Brüsseler Zollwertausschuß zur wertzollrechtlichen Behandlung der unselbständigen Betriebstätten, a. a. O., S. 200 ff.; Recker, Die Zollwertbemessung von Waren, die von Zweigniederlassungen eingeführt werden, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern 1960 S. 230 ff.; derselbe, Der Zollwert der Waren, die Muttergesellschaften an ihre Tochtergesellschaften, Hauptniederlassungen an ihre Zweigniederlassungen und ausländische Unternehmen an andere inländische Betriebstätten liefern, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern 1961, S. 39 ff.; Koch, Zollwert bei Zweigniederlassungen, Außenhandelsdienst 1960 Nr. 32 S. 1 ff.; Wareneinfuhr durch Niederlassungen ausländischer Firmen, Deutsche Außenwirtschaft 1960 Nr. 31 S. 6).

Wie der Senat in seinem Urteil VII 40/60 S vom 19. Oktober 1960 (BStBl 1960 III S. 501, BZBl 1961 S. 105, Slg. Bd. 71 S. 677) ausgeführt hat, sind das Zustandebringen des Kaufgeschäfts und die Lieferung der Ware Vertriebsfunktionen des Verkäufers, zu deren Wahrnehmung er einer Verkaufsorganisation bedarf, die das Kaufangebot an den Käufer heranzutragen, den Abschluß zu bewerkstelligen und die rechtzeitige und einwandfreie Lieferung der Ware zu bewirken hat. Von diesem normalen Grundtatbestand geht, so heißt es weiter, das Wertzollrecht aus, denn es unterstellt, daß die Kosten für das Zustandebringen des Kaufgeschäftes und für die Lieferung der Ware vom Verkäufer getragen werden und daher normalerweise in seinem Preis enthalten sind, und daß sie daher zu dem theoretisch erzielbaren Preis gehören. Werden nun solche Vertriebsfunktionen vom Verkäufer nicht wahrgenommen, sondern anderen selbständigen, damit in den Vertrieb der Waren eingeschalteten Dritten überlassen, so hören sie damit nicht auf, objektiv Vertriebsfunktionen zu sein. Sie sind wertzollrechtlich der Verkäuferseite zuzurechnen.

Statt der Einschaltung eines Dritten kann aber eine Verteilung der Funktionen innerhalb des Unternehmens in der Weise vorliegen, daß die Hauptniederlassung nur herstellt oder Waren beschafft, während eine oder mehrere Zweigniederlassungen (oder andere Unternehmensteile) den Absatz besorgen, ihnen also nicht nur einzelne Vertriebsfunktionen übertragen werden, wie das beim (eigenhändlerischen) Alleinvertreter der Fall sein kann (vgl. das Urteil des Senats VII 74/58 S vom 15. Oktober 1959, BStBl 1959 III S. 495, BZBl 1959 S. 628, vgl. Bd. 69. 630), sondern die gesamten oder überwiegenden Vertriebsfunktionen als Teil der Gesamttätigkeit des Unternehmens. In diesem Falle verkauft das Gesamtunternehmen mit Hilfe der Zweigniederlassung an den Abnehmer; es nimmt also die Zweigniederlassung die dem Gesamtunternehmen obliegenden Vertriebsfunktionen des Verkäufers wahr, wie es ein Vermittler im wertzollrechtlichen Sinne (vgl. dazu das Urteil des Bundesfinanzhofs VII 99/59 U vom 13. Juli 1960, BStBl 1960 III S. 436, BZBl 1960 S. 664, Slg. Bd. 71 S. 503) tut, wenn er für fremde Rechnung verkauft und liefert. Da die Kosten des Verkaufs nach dem Wertzollrecht dem Verkäufer zuzurechnen sind (ß 6 Abs. 3 ZTG 1951, § 53 Abs. 3 Ziff. 2 ZG), gehören Aufwendungen der Zweigniederlassung und Vergütungen an sie in diesem Falle wie beim Vermittler zum Zollwert der Ware. Daher erscheint es unbedenklich, in einem solchen Falle den Normalpreis Zollwert der eingeführten Ware unter sinngemäßer Anwendung der für Vermittlungsgeschäfte geltenden Bestimmung des § 18 der Wertzollordnung 1951 (jetzt § 38 der Wertzollordnung 1957) zu ermitteln.

Die Funktionen innerhalb des Gesamtunternehmens können aber auch derart verteilt sein, daß eine Zweigniederlassung nicht nur anstelle einer besonderen Abteilung der Hauptniederlassung deren Vertriebsfunktionen erfüllt, sondern daß die einzelnen Unternehmensteile im Wirtschaftsleben Dritten gegenüber wie Eigenhändler Geschäfte tätigen, d. h. entweder von ihnen selbst hergestellte Waren absetzen oder von Dritten eingekaufte Waren vertreiben. Bei einer solchen geschäftlichen Selbständigkeit kann ein Unternehmensteil auch im Verhältnis zu einem anderen Unternehmensteil, wenn er von diesem Ware bezieht und absetzt, wertzollrechtlich wie ein Eigenhändler behandelt werden. Auch in diesem Falle liegt zwar zwischen den Unternehmensteilen kein Kauf vor. Der eine Teil tritt aber nach seiner Funktion im Absatzwege der Ware dem anderen Teil nicht wie ein Vermittler, sondern wie ein Eigenhändler gegenüber unbeschadet dessen, daß Gewinn und Verlust zugunsten oder zu Lasten des Gesamtunternehmens gehen.

In einem solchen Falle ist daher für die Ermittlung des Normalpreises = Zollwertes der gelieferten Ware ein Verkauf am Einfuhrort zu unterstellen, bei dem die Aufwendungen und Vergütungen des einführenden Unternehmensteils nicht als zum Zollwert gehörende Verkaufskosten in Betracht kommen. Normalpreis ist dann derjenige Preis, der erzielbar gewesen wäre. wenn der eine Unternehmensteil die an den anderen Teil gelieferte Ware am Einfuhrort an einen ihm fremden inländischen Käufer verkauft hätte.

Zu den dabei wertzollrechtlich anzuerkennenden handelsmäßigen Umständen des unterstellten Kaufgeschäfts gehören die Handelsstufe und das Herkunftsland (ß 1 Abs. 2 der Wertzollordnung 1951); letzteres ist u. a. deshalb von Bedeutung, weil es dafür maßgebend ist, ob preislich die Zwischenschaltung einer Handelsstufe möglich ist oder nicht. Hat z. B. eine inländische Zweigniederlassung von der ausländischen Hauptniederlassung Waren bezogen, um sie an Großhändler weiterzuverkaufen, so kann der gegenüber einem (an Großhändler weiterverkaufenden) Importeur zu erzielende Preis nur dann als Normalpreis in Betracht kommen, wenn in der betreffenden Branche auch tatsächlich Importeure gleichartige Waren aus dem gleichen Herkunftsland einführen und an Großhändler weiterverkaufen. Denn, wenn die Zweigniederlassung wie ein Eigenhändler behandelt werden soll, kann ihr für die Ermittlung des Normalpreises nur eine in der Branche bei Einfuhren durch unabhängige Eigenhändler tatsächlich vorkommende Handelsstufe zuerkannt werden, da beim Fehlen einer bestimmten Handelsstufe nicht ein auf ihr erzielbarer Preis ermittelt werden kann. Vielmehr kann in diesem Falle als Normalpreis nur derjenige Preis angesehen werden, der gegenüber einem unabhängigen Großhändler am Ort der Einfuhr zu erzielen gewesen wäre. Ein solcher Preis kann auch dann als Normalpreis gelten, wenn die Zweigniederlassung nicht nur an Großhändler, sondern auch an Käufer einer niedrigeren Handelsstufe verkauft und insoweit im Inlande die Handelsstufe des Großhändlers selbst wahrnimmt.

Zu dem Ergebnis, daß nur ein Preis, der auf einer in der Branche vorkommenden Handelsstufe zu erzielen wäre, als Normalpreis anerkannt werden kann, gelangt man auch, wenn man diesen nicht dadurch zu ermitteln sucht, daß man beispielsweise von dem Verkaufspreis einer Zweigniederlassung ausgeht und übliche Handelsspannen sowie nicht zum Zollwert gehörende Kosten abzieht, sondern statt dessen unmittelbar auf Vergleichspreise als Anhaltspunkt für den Normalpreis zurückzugreifen sucht. Auch ein Ausgehen von Vergleichspreisen bei Einfuhrgeschäften auf der besonderen Handelsstufe des Importeurs setzt voraus, daß eine solche Stufe bei Einfuhren aus dem betreffenden Land tatsächlich vorkommt.

Dieses Ergebnis erscheint auch wirtschaftlich sinnvoll. Die inländische Zweigniederlassung eines ausländischen Unternehmens kann unter den vorstehend genannten Voraussetzungen wie ein Eigenhändler Waren von der Hauptniederlassung unter Zugrundelegung des gleichen Zollwerts einführen wie jedes vergleichbare selbständige inländische Unternehmen, was mit dem Avis I des Brüsseler Zollwertausschusses im Einklang steht. Auf der anderen Seite wird aber vermieden, daß durch inländische Zweigniederlassungen ausländischer Unternehmen Waren mit geringerer Abgabenbelastung eingeführt werden könnten als durch selbständige inländische Unternehmen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 410072

BStBl III 1961, 329

BFHE 1962, 171

BFHE 73, 171

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