Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Eine wesentliche Beteiligung im Sinn des § 17 EStG konnte auch in der Zeit vom 1. Januar 1955 bis 23. Juli 1958 höchstens mit den Anschaffungskosten in ein Betriebsvermögen eingebracht werden, und zwar auch dann, wenn der Teilwert höher war.

 

Normenkette

EStG § 6 Abs. 1 Ziff. 5, § 17

 

Tatbestand

Streitig ist bei der Einkommensteuerveranlagung des Steuerpflichtigen für 1956 die Behandlung der Einlage einer wesentlichen Beteiligung im Sinne des § 17 EStG 1955 (EStG) - § 6 Abs. 1 Ziff. 5 EStG - in ein Betriebsvermögen.

Der Steuerpflichtige war vor der Währungsumstellung zusammen mit seinem Bruder je zur Hälfte Gesellschafter einer GmbH (im folgenden GmbH) und einer OHG (im folgenden H-OHG). Die Anteile an der GmbH gehörten zum Privatvermögen der Gesellschafter. In der DM-Eröffnungsbilanz (DMEB) war das Stammkapital der GmbH mit 300 000 DM festgestellt worden. Die Gesellschafter beschlossen am 28. Dezember 1956, sich in der Weise auseinanderzusetzen, daß der Steuerpflichtige den Betrieb der H-OHG und sein Bruder den Betrieb der in eine Personengesellschaft (G-OHG) umzuwandelnden GmbH übernahmen. Zu diesem Zweck legten sie zunächst ihre GmbH-Anteile zum 31. Dezember 1956 in die H-OHG ein, die die Anteile in ihrer Bilanz mit den Teilwerten von je 750 000 DM ansetzte. Anschließend wurden diese Beteiligungen zum 1. Januar 1957 in das Betriebsvermögen der gleichzeitig errichteten G-OHG mit den Buchwerten von je 750 000 DM eingebracht und die GmbH in die G-OHG umgewandelt, aus der der Steuerpflichtige zum 1. Januar 1957 ausschied.

Das Finanzamt behandelte die Einlage der wesentlichen Beteiligung des Steuerpflichtigen als Veräußerung im Sinne des § 17 EStG. Es errechnete ausgehend von einem DM-Bilanzwert der Beteiligung von 155 146,50 DM als Anschaffungskosten (ß 53 Abs. 3 EStDV 1955) einen Veräußerungsgewinn von 594 852 DM, den es nach § 34 Abs. 1 und 2 EStG zur Einkommensteuer heranzog.

Die Sprungberufung des Steuerpflichtigen hatte Erfolg. Das Finanzgericht, dessen Entscheidung im wesentlichen in der Deutschen Steuer-Zeitung, Eildienst, 1962 S. 7 abgedruckt ist, ließ den vom Finanzamt errechneten Veräußerungsgewinn außer Ansatz, da die Einlagen nach § 6 Abs. 1 Ziff. 5 EStG mit dem Teilwert angesetzt werden dürften, wenn das zugeführte Wirtschaftsgut nicht innerhalb der letzten drei Jahre vor dem Zeitpunkt der Einlage angeschafft worden sei. Die durch das Gesetz zur änderung steuerlicher Vorschriften auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und Ertrag und des Verfahrensrechts vom 18. Juli 1958 - StändG 1958 - (BGBl 1958 I S. 473) eingeführte änderung (Art. 1 Ziff. 4), wonach wesentliche Beteiligungen im Sinne des § 17 EStG stets mit den tatsächlichen Anschaffungskosten einzulegen seien, könne im Ergebnis nicht rückwirkend angewendet werden. Der Gesetzgeber habe die änderung für erforderlich gehalten, weil die seit 1955 durch das Gesetz zur Neuordnung von Steuern vom 16. Dezember 1954 - StNG 1954 - (BGBl 1954 I S. 373) eingetretene Gesetzeslage es möglich gemacht habe, die Besteuerung nach § 17 EStG durch Einlage der wesentlichen Beteiligung in ein Betriebsvermögen unter Einbuchung zum Teilwert zu umgehen. Es dürfe nicht zu Lasten der Steuerpflichtigen gehen, daß der Gesetzgeber bei der Gesetzesänderung 1955 diese Umgehungsmöglichkeit übersehen habe. Unter eingehender Würdigung des Schrifttums kam das Finanzgericht zu dem Ergebnis, daß die Einbringung zum Teilwert nicht einer Veräußerung gleichzustellen sei. Eine vom Wortlaut des Gesetzes abweichende Auslegung zuungunsten des Steuerpflichtigen sei nicht möglich. Es liege auch keine mißbräuchliche Rechtsgestaltung (ß 6 StAnpG) vor, da die Einbringung betrieblichen Interessen gedient habe.

Mit der Rb. macht der Vorsteher des Finanzamts geltend, daß durch die Einbringung in die H-OHG Gesamthandseigentum entstanden sei und daher die übertragung der Beteiligung eine Veräußerung im Sinne des § 17 EStG darstelle. Auch könne die ausdehnende Anwendung des § 17 EStG nicht daran scheitern, daß die streitige Frage erst durch die änderung des § 6 Abs. 1 Ziff. 5 EStG mit Wirkung ab 1. Januar 1955 Bedeutung gewonnen habe; denn beide Bestimmungen seien im Zusammenhang zu sehen.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist, wenn auch aus anderen als den vom Finanzgericht angegebenen Gründen, im Ergebnis unbegründet. I.

Die Entscheidung muß von dem Wortlaut und dem Zweck des § 6 Abs. 1 Ziff. 5 EStG und von dem Verhältnis dieser Vorschrift zu § 17 EStG ausgehen.

Nach § 6 Abs. 1 Ziff. 5 EStG in der vor 1955 geltenden Fassung (EStG 1953) waren Einlagen mit dem Teilwert im Zeitpunkt der Zuführung, höchstens jedoch mit den tatsächlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen. Das hatte zur Folge, daß eine während der Dauer der Zugehörigkeit des eingelegten Wirtschaftsguts zum Privatvermögen eingetretene Werterhöhung bei einer späteren Veräußerung zu einem Betriebsgewinn führte. Diese Auswirkung entsprach nicht der Systematik des EStG. Denn hiernach unterliegen ganz allgemein mit Ausnahme der im Gesetz ausdrücklich geregelten Fälle Werterhöhungen im Privatvermögen nicht der Einkommensteuer. Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs hielt es daher entgegen dem Gesetzeswortlaut unter gewissen Voraussetzungen für erforderlich, die Bewertung von Einlagen mit dem die Anschaffungskosten übersteigenden Teilwert im Zeitpunkt der Zuführung zuzulassen (vgl. Urteile des Senats IV 39/51 U vom 13. März 1952, BStBl 1952 III S. 120, Slg. Bd. 56 S. 305, und IV 241/52 U vom 3. Dezember 1953, BStBl 1954 III S. 72, Slg. Bd. 58 S. 417). Diese Rechtsprechung veranlaßte den Gesetzgeber, im StNG 1954 die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Ziff. 5 EStG 1953 mit Wirkung vom 1. Januar 1955 dahin zu ändern, daß Einlagen mit dem Teilwert im Zeitpunkt der Zuführung zu bewerten sind; sie sind jedoch höchstens mit den tatsächlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen, wenn das zugeführte Wirtschaftsgut innerhalb der letzten drei Jahre vor dem Zeitpunkt der Zuführung angeschafft oder hergestellt worden ist. Diese änderung diente dem Zweck zu verhindern, daß allgemein Wertsteigerungen, die die eingelegten Wirtschaftsgüter während der Zugehörigkeit zum Privatvermögen erfahren hatten, bei der Einlage als stille Reserven in das Betriebsvermögen übertragen wurden und später als Betriebsgewinn versteuert werden mußten (vgl. Amtliche Begründung, Deutscher Bundestag, 2. Wahlperiode, Drucksache 481, S. 77). Durch die Ausnahme für die kurz vor der Einbringung angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgüter sollten Steuerumgehungen ausgeschlossen werden.

Hiernach hätten auch wesentliche Beteiligungen im Sinne des § 17 EStG mit dem Teilwert eingelegt werden können. Dadurch hätte sich erreichen lassen, daß der bis zum Zeitpunkt der Einlage in Höhe des Unterschieds zwischen den Anschaffungskosten und dem Teilwert eingetretene Vermögenszuwachs, der nach § 17 EStG bei einer tatsächlichen Veräußerung im Zeitpunkt der Einlage zu versteuern gewesen wäre, nunmehr der Besteuerung entging. Das war für jeden erkennbar nicht der Sinn der änderung des § 6 Abs. 1 Ziff. 5 EStG 1953. Der Grundgedanke der änderung des § 6 Abs. 1 Ziff. 5 EStG 1953 trifft nach alledem für die Einlage wesentlicher Beteiligungen im Sinne des § 17 EStG nicht zu. Auch aus der Entstehungsgeschichte des § 6 Abs. 1 Ziff. 5 EStG ergibt sich, daß der Anwendungsbereich des § 17 EStG durch die Neufassung nicht berührt werden sollte.

II.

Dem sich aus den vorstehenden Ausführungen ergebenden Sinn und Zweck der änderung des § 6 Abs. 1 Ziff. 5 EStG 1953 muß auch bei der Anwendung dieser Vorschrift auf Einlagen von wesentlichen Beteiligungen Rechnung getragen werden. In Fällen, in denen der Wortsinn einer Gesetzesnorm dem Inhalt einer anderen Vorschrift offensichtlich zuwiderläuft, ist derjenigen Norm Geltung zu verschaffen, der im systematischen Zusammenhang und nach dem Zweckzusammenhang des ganzen Gesetzes der Vorrang zukommt. Der Inhalt des § 17 EStG läuft dem Wortsinn des § 6 Abs. 1 Ziff. 5 EStG insofern offensichtlich zuwider, als bei Anwendung der letzten Vorschrift auf die Einlage einer wesentlichen Beteiligung die vom Gesetzgeber gewollte Besteuerung der Wertsteigerungen unterbleiben würde. Die Systematik des EStG und der Grundgedanke des § 17 EStG verlangen daher eine Einschränkung der Anwendung des § 6 Abs. 1 Ziff. 5 EStG. Da eine solche Einschränkung im Gesetzeswortlaut nicht enthalten ist, liegt eine verdeckte Regelungslücke vor, die auszufüllen die Rechtsprechung nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet ist.

Die Ausfüllung einer verdeckten Regelungslücke geschieht in der Weise, daß dem Gesetz die vom Sinn und Zweck geforderte Einschränkung hinzugefügt wird (vgl. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 283 ff., 296). Die im Gesetz enthaltene, im Wortlaut zu weit gefaßte Regel wird auf den nach dem Zweck und Sinnzusammenhang des Gesetzes notwendigen Anwendungsbereich zurückgeführt. Diese sogenannte teleologische Reduktion der Restriktion ist eine in der Rechtslehre und Praxis anerkannte Methode bei der Auslegung und Anwendung der Gesetze (vgl. Larenz, S. 296 ff., 298; Enneccerus-Nipperdey, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 1. Halbband, S. 344 ff., 348 mit weiteren Nachweisen; Urteile des Bundesfinanzhofs I 285/56 U vom 7. Mai 1957, BStBl 1957 III S. 264, Slg. Bd. 65 S. 82; IV 10/57 U vom 12. Dezember 1957, BStBl 1958 III S. 154, Slg. Bd. 66 S. 401). Die Anwendung dieser Grundsätze führt hier zu dem Ergebnis, daß § 6 Abs. 1 Ziff. 5 EStG auf die Bewertung von Einlagen wesentlicher Beteiligungen im Sinne des § 17 EStG, die länger als drei Jahre vor dem Zeitpunkt der Zuführung angeschafft wurden, nicht anwendbar ist. Da, wie oben dargelegt wurde, davon auszugehen ist, daß die änderung des § 6 Abs. 1 Ziff. 5 EStG 1953 den Fall der Einlage wesentlicher Beteiligungen im Sinne des § 17 EStG nicht umfassen konnte, ergibt sich, daß dieser Fall gesetzlich nicht geregelt ist. Es liegt insoweit eine Lücke im Gesetz vor. Lücken, die bei der Auslegung eines Steuergesetzes hervortreten, haben die Steuergerichte nach dem ihnen in Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes erteilten verfassungsmäßigen Auftrag so auszufüllen, wie der Gesetzgeber unter Berücksichtigung des Sinnzusammenhangs des Gesetzes und seines sonst erkennbaren Willens die Frage, wenn sie in seinen Gesichtskreis getreten wäre, wahrscheinlich geregelt hätte (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs IV 115/60 S vom 17. März 1961, BStBl 1961 III S. 346, Slg. Bd. 73 S. 213). Die Gesetzeslücke ist in der Weise auszufüllen, daß § 6 Abs. 1 Ziff. 5 EStG 1953 auf die Fälle der Einlage von wesentlichen Beteiligungen im Sinne des § 17 EStG weiter angewendet wird. Denn nur bei Einlage der wesentlichen Beteiligung mit den Anschaffungskosten bleibt die Steuerpflicht der während ihrer Zugehörigkeit zum Privatvermögen eingetretenen Wertsteigerung sichergestellt. Gegen diese Art der Ausfüllung der vorliegenden Regelungslücke bestehen um so weniger Bedenken, als sie der künftigen änderung des Gesetzes und der Schließung der Lücke durch den Gesetzgeber entspricht. Der Senat hat sich deshalb für diese Ausfüllung der Lücke entschieden. Zur Klarstellung muß betont werden, daß es sich bei dieser Entscheidung nicht um eine rückwirkende Anwendung der durch das StändG 1958 geschaffenen Rechtslage handelt. Dieselbe Entscheidung wäre auch ohne das Tätigwerden des Gesetzgebers im Jahre 1958 getroffen worden.

Die Berufung auf den Wortlaut des Gesetzes kann unter diesen Umständen zu keinem anderen Ergebnis führen. Dem Wortlaut des Gesetzes kommt zwar im Steuerrecht erhöhte Bedeutung zu, so daß bei der Auslegung entgegen dem Gesetzeswortlaut zuungunsten der Steuerpflichtigen besonders zurückhaltend zu verfahren ist (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs VI 162/55 U vom 14. Februar 1958, BStBl 1958 III S. 207, Slg. Bd. 66 S. 539, und die dort angeführten weiteren Entscheidungen). Eine vom Wortlaut abweichende Auslegung des Gesetzes ist jedoch dann geboten, wenn die Auslegung nach dem Wortlaut offensichtlich dem Willen des Gesetzgebers widerspricht, erkennbar zu einem sinnwidrigen Ergebnis führt und allgemein anerkannte Auslegungsgrundsätze (hier die von der Rechtsprechung und Rechtslehre entwickelte teleologische Reduktion) eine befriedigende Lösung ermöglichen, die dem Sinn beider ihrem Wortlaut und Zweck nach in Widerspruch geratenen Normen gerecht wird.

Die Sinnwidrikeit des Wortlauts der Vorschrift des § 6 Abs. 1 Ziff. 5 EStG im Hinblick auf § 17 EStG war offensichtlich. Sie war Gegenstand zahlreicher Erörterungen im Schrifttum (vgl. die übersicht in Deutsche Steuer-Zeitung, Eildienst 1962 S. 7). Mehrere oberste Finanzbehörden der Länder erließen schon im Laufe des Jahres 1956 Verwaltungsanweisungen über die einkommensteuerliche Behandlung der Einlage wesentlicher Beteiligungen, und zwar in dem Sinn, daß die Einlage zum Teilwert zur Gewinnverwirklichung und Versteuerung (nach §§ 17, 34 EStG) führe; die Steuerpflicht sei nur zu vermeiden, wenn die Beteiligungen zu den Anschaffungskosten eingelegt würden (so Erlasse der Finanzbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg vom 6. Juni 1956 - 52 - S 2130 - 407 - und des Finanzministers Nordrhein-Westfalen, wiedergegeben in "Der Betrieb" 1958 S. 66, 90).

Die Vorentscheidung schließt aus äußerungen der am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten, daß in der Zeit vom 1. Januar 1955 bis 23. Juli 1958 eine Rechtslücke in dem Sinn bestanden habe, daß in § 17 EStG für steuerpflichtig erklärte Wertsteigerungen bei wesentlichen Beteiligungen der Besteuerung hätten entzogen werden können. Die Zulässigkeit der Steuerersparnis in dieser Zeit ergebe sich aus der amtlichen Begründung, wonach die Gesetzesänderung "erforderlich" gewesen und die Rechtslage, wie sie bis zum 1. Januar 1955 bestanden habe, "wiederhergestellt" worden sei. Für diese Beurteilung spreche auch der schriftliche Bericht des Finanzausschusses (Deutscher Bundestag, 3. Wahlperiode zu Drucksache 448, 14. Ausschuß, Ziff. 39 S. 9), wonach durch die vorgesehene änderung die Möglichkeit, die Versteuerung von Gewinnen aus veräußerten, zum Privatvermögen gehörenden wesentlichen Beteiligungen zu vermeiden "nunmehr ausgeschlossen" werden solle.

Dieser Auffassung schließt sich der Senat nicht an. Er sieht in der änderung des Gesetzes 1958 keine Rechtsänderung, sondern nur eine gesetzliche Klarstellung der bestehenden Rechtslage, die wegen der Auseinandersetzungen im Schrifttum und der Ungewißheit der Stellungnahme der Rechtsprechung erforderlich wurde. Den äußerungen der am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten kann hier schon deshalb keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen werden, weil sie nicht eindeutig sind. Zwar könnte aus einigen Formulierungen die Absicht entnommen werden, mit der Gesetzesänderung 1958 eine änderung der Rechtslage herbeizuführen; andererseits wurde in der amtlichen Begründung aber zum Ausdruck gebracht, daß die im Schrifttum erörterte Umgehungsmöglichkeit durch die Gesetzesänderung 1955 nicht eröffnet werden sollte. Daraus, daß der Gesetzgeber 1958 der Gesetzesänderung keine Rückwirkung beilegte, läßt sich nicht folgern, daß die der neuen Gesetzesfassung entsprechende Rechtslage nicht schon vor diesem Zeitpunkt bestanden haben könne.

III.

Die Bilanzansätze für eingelegte wesentliche Beteiligungen sind, soweit sie die Anschaffungskosten übersteigen, unrichtig und nach den allgemeinen Grundsätzen über die Bilanzberichtigung herabzusetzen. Für die Behandlung der Einbringung als Veräußerung im Sinne des § 17 EStG ist kein Raum. Eine entsprechende Anwendung des § 17 EStG hätte nur dann in Betracht gezogen werden können, wenn wesentliche Beteiligungen mit einem die Anschaffungskosten übersteigenden Wertansatz hätten eingelegt werden dürfen.

Der Senat ist der Auffassung, daß das hier allgemein entstandene Problem nicht dadurch gelöst werden kann, daß eine Veräußerung im Sinne des § 17 EStG darin gesehen wird, daß durch die Einbringung der Beteiligung in das Betriebsvermögen der H-OHG Gesamthandseigentum begründet wurde. Denn bei Personengesellschaften können auch solche GmbH-Anteile zum Betriebsvermögen werden, die bürgerlich-rechtlich nur einem Gesellschafter gehören. Die Frage der Gewinnverwirklichung ist aber grundsätzlich nicht nach bürgerlich-rechtlichen, sondern nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu beurteilen.

Die vorliegende Entscheidung ergeht im Veranlagungsverfahren eines Gesellschafters. Die Einlage zu den Anschaffungskosten war erfolgsneutral (ß 4 Abs. 1, § 5 EStG). Die Gewinnverwirklichung ergab sich erst im Rahmen der Veränderungen des Betriebsvermögens, in das die Beteiligung eingebracht wurde. Da es sich im Streitfall bei diesem Unternehmen um eine Personengesellschaft handelte, kann die Frage der Gewinnauswirkung nur im Verfahren der einheitlichen Gewinnfeststellung geprüft werden. Da die durch die Herabsetzung des Einbringungswerts veranlaßte Gewinnauswirkung nicht unmittelbar in diesem Verfahren berücksichtigt werden kann, ist die Vorentscheidung, obwohl sie von anderen Rechtsgrundsätzen ausging, im Ergebnis zu bestätigen.

 

Fundstellen

BStBl III 1964, 188

BFHE 1964, 490

BFHE 78, 490

DStR 1964, 238

StRK, EStG:6/1/5 R 14

FR 1964, 407

BFH-N, (K) Nr. 1064

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