Entscheidungsstichwort (Thema)

Kraftfahrzeugsteuerbefreiung bei Fahrzeugverwendung zur Abfallbeseitigung

 

Leitsatz (NV)

Wird ein Fahrzeug zum Hin- und Abtransport von Toilettenkabinen benutzt, so liegt keine kraftfahrzeugsteuerrechtlich begünstigte ausschließliche Verwendung zur Abfallbeseitigung vor.

 

Normenkette

KraftStG 1979 § 3 Nr. 4 Buchst. b

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) vermietet transportable Toiletten zur Aufstellung auf Baustellen, bei Volksfesten und auf Autobahnrastplätzen. Die Toilettenkabinen werden leer mit Fahrzeugen der Klägerin zum jeweiligen Aufstellungsort gebracht und später entweder dort entleert oder nach Ablauf der Mietdauer zum Betriebshof der Klägerin gefahren und erst dort entsorgt. Für diese Zwecke eingesetzt sind auch zwei Lastkraftwagen, auf deren Ladeflächen sich je ein Tank (mit Ableitungen zur Aufnahme von Frischwasser mit Chemikalien und Duftstoffen und von Fäkalien) und Platz für Toilettenkabinen befindet; mitgeführt wird auch ein Kanister mit einem Hand-Desinfektionsmittel, das den Mietern gegen Aufpreis zusätzlich zur Verfügung gestellt wird. Das beklagte und revisionsklagende Finanzamt (FA) lehnte eine Kraftfahrzeugsteuerbefreiung nach § 3 Nr. 4 Buchst. b des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) 1979 ab. Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied, nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 13. September 1988 VII R 45/87 (BFH/NV 1989, 324, Steuerrechtskartei, KraftStG 1979 § 3 Rechtsspruch 9) sei das Zurverfügungstellen einer Toilettenkabine steuerbegünstigte Abfallbeseitigung. Da die Kabinen diesem Zweck dienten, sei es unerheblich, daß mit den Fahrzeugen auch leere Kabinen zum jeweiligen Aufstellungsort transportiert würden. Dieses Verbringen eines leeren Behälters gehöre ebenso wie dessen Abholung zur Abfallbeseitigung. Daß die Behälter mit Umschließungen (Kabinen) geliefert würden, folge aus der Natur der Sache. Auch der Kabinen-Service sei eine Form des Einsammelns von Abfällen. Die Beförderung von Desinfektionsmitteln diene gleichfalls der Abfallbeseitigung.

Mit seiner Revision macht das FA geltend, in BFH/NV 1989, 324 sei die Frage offen geblieben, ob auch die Fahrzeugverwendung zum Transport leerer Kabinen steuerbegünstigt sei; entschieden worden sei lediglich, daß der Abtransport benutzter Kabinen zur Entsorgung zur Abfallbeseitigung gehöre. Mit dem Hintransport leerer Kabinen werde ein weiterer, selbständiger - nicht begünstigter - Zweck verfolgt. Die vorliegende kombinierte Einsatzweise erfülle nicht das gesetzliche Erfordernis der ausschließlichen Verwendung zur Abfallbeseitigung. Auch die Mitnahme von Desinfektionsmitteln usw. stehe dem Ausschließlichkeitsgebot entgegen.

Die Klägerin trägt vor, der - weit auszulegende - Begriff des Einsammelns von Abfällen umfasse auch die für deren Beförderung notwendigen Vorbereitungen, z. B. das Verbringen von Sammelbehältern zur Aufnahme von Abfällen. Im Streitfall liege ein einheitlicher, untrennbarer Vorgang der Abfallbeseitigung vor. Das Aufstellen von Sammelbehältern in der Form von Toilettenkabinen könne, da es letztlich nur der Entsorgung der Abfälle diene, nicht anders behandelt werden als das Aufstellen von Müllcontainern. Die beiden Lastkraftwagen würden nicht ausschließlich zum Transport leerer Kabinen eingesetzt. Die mitgeführten Stoffe ermöglichten erst die - sachgerechte - Fäkalienbeseitigung.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet.

Für das Halten ihrer beiden Lastkraftwagen ist der Klägerin die Kraftfahrzeugsteuerbefreiung nach § 3 Nr. 4 Buchst. b KraftStG 1979 (seit dem 1. Januar 1991 außer Kraft; Art. 1 Nr. 1 Buchst. a, Art. 15 Abs. 2 des Haushaltsbegleitgesetzes 1989 vom 20. Dezember 1988, BGBl I 1988, 2262, BStBl I 1989, 19) vom FA mit Recht versagt worden. Eine steuerbegünstigte ausschließliche Verwendung der Fahrzeuge zur Abfallbeseitigung (Beseitigung von Fäkalien) liegt, wie sich aufgrund der vom FG getroffenen Feststellungen ergibt, nicht vor. Da das FG dies verkannt hat, war die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Steuerbefreiung schon deshalb zu verneinen ist, weil mit den Fahrzeugen auch Desinfektionsmittel usw. befördert werden. Auch ohne Berücksichtigung dieser Mitbeförderung ist die Voraussetzung der ausschließlichen Verwendung zur Abfallbeseitigung im Hinblick auf den Transport leerer Toilettenkabinen, der mit den Fahrzeugen - auch - erfolgt, nicht erfüllt.

In seinem Urteil in BFH/NV 1989, 324 hat der Senat entschieden, daß ein Fahrzeug zum Abtransport von Toilettenkabinen, die noch entleert werden müssen, zur Abfallbeseitigung (Abfallentsorgung) verwendet wird. Er hat jedoch zugleich ausgesprochen, daß dies nicht für ein zum Hintransport der (leeren) Kabinen bestimmtes Fahrzeug gilt (a. a. O., S. 325). Die Lastkraftwagen der Klägerin dienen sowohl dem einen wie dem anderen Zweck. Sie werden damit nicht ausschließlich zu dem steuerbegünstigten Zweck verwendet. Auch bei einer solchen ,,Mischverwendung" ist die Steuerbefreiung ausgeschlossen. Eine insgesamt steuerschädliche Verwendung liegt vor, denn die Beförderung leerer Kabinen fällt nicht unter den Befreiungstatbestand. Insoweit können die Kabinen, wie bereits entschieden ist (Senat, a. a. O.), auch nicht Müllcontainern gleichgesetzt werden. Erst im Zeitpunkt ihres Abtransports haben die Kabinen nur noch die Funktion von Abfallbehältern; vorher dienen sie ihrem bestimmungsgemäßen Zweck im Rahmen des von der Klägerin betriebenen ,,WC-Mietservice". Eine Aufspaltung in steuerbegünstigte Beförderungen und andere Verwendungen - zweckfremde Benutzung (§ 5 Abs. 2 Satz 3 KraftStG 1979) - ist nicht möglich. Den Feststellungen der Vorinstanz ist zu entnehmen, daß die vom Senat als steuerschädlich beurteilte Verwendung nicht nur vorübergehender Art, sondern auf Dauer angelegt ist. Eine nur zeitweilige zweckfremde Benutzung liegt damit nicht vor (hierzu Senat, Urteil vom 23. Mai 1989 VII R 110/86, BFHE 157, 451, 453, BStBl II 1989, 907).

 

Fundstellen

Haufe-Index 418186

BFH/NV 1992, 632

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