Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Bei einer Vollblutzucht besteht die Vermutung, daß sie zu den Liebhabereibetrieben gehört. Auf die Erzielung von Renngewinnen und Züchterprämien, die dem Züchter die Durchhaltung der Vollblutzucht ermöglichen sollen, kann die Gewinnerzielungsabsicht im kaufmännischen Sinne nicht gestützt werden. Das gilt insbesondere für Zuchten mit nur wenigen Mutterstuten, bei denen sich der züchterische Gedanke, daß die Qualität aus der Quantität kommt, nicht auswirken kann.

Als Gewinnbetriebe können Vollblutzuchten nur ausnahmsweise anerkannt werden, z. B. wenn sie in wirtschaftlichem Zusammenhang mit einer ausreichenden landwirtschaftlichen Betriebsgrundlage unterhalten werden oder wenn sonstige besondere Gründe für eine mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübte Tätigkeit sprechen. Den Nachweis hierfür hat der Steuerpflichtige zu führen.

 

Normenkette

EStG § 15 Nr. 1, § 12 Nr. 1

 

Tatbestand

Der Bg. unterhielt in den Streitjahren eine Vollblutzucht mit folgendem Pferdebestand:

---------------------------------- Stuten -- Fohlen 1952: gekauft 2 Stuten, 1 Fohlen --- 2 ------- 1 1953: verkauft 1 Stute ----- geboren 1 Fohlen ------------- 1 ------- 2 1954: geboren 1 Fohlen ----- eingegangen 1 Fohlen --------- 1 ------- 2Die Pferde waren in gepachteten Stallungen in O. untergebracht, die der Bg. entsprechend ausgebaut hatte. Sie wurden von einem Trainer betreut, dessen Lohn 200 DM monatlich zuzüglich freier Station betrug. Der Bg. besaß während der Streitjahre auch einige Halbblüter für Reitsportzwecke.

Der Bg. begehrt Ausgleich seiner Aufwendungen für die Vollblutzucht bei seinen Einkünften aus Gewerbebetrieb. Er betreibt eine Maschinenfabrik, aus der er für die Streitjahre unter Hinzurechnung der streitigen Aufwendungen aus der Vollblutzucht unstreitig die folgenden Gewinne erzielt hat:

--- 1952 -------- 1953 -------- 1954 40.000 DM --- 50.000 DM --- 20.000 DM. Finanzamt und Steuerausschuß haben das Begehren des Bg. abgelehnt. Die von dem Bg. betriebene Vollblutzucht stelle keinen Gewerbebetrieb, sondern Liebhaberei dar.

Mit seiner Berufung hatte der Bg. Erfolg. Das Finanzgericht sah die Vollblutzucht auf Grund der vom Direktorium für Vollblutzucht und Rennen, Köln-Weidenpesch, und von dem Sachverständigen Y. vorgelegten gutachtlichen Stellungnahmen bzw. Sachverständigengutachten und des Ergebnisses der Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung als Gewerbebetrieb an. Es begründete seine Auffassung im wesentlichen wie folgt: Nach den gutachtlichen äußerungen könnten auch bei dem kleinen Umfange der Vollblutzucht des Bg. qualitative Ergebnisse in beachtlichem Umfange erzielt werden. Auch bei dem Bg. diene die Rennprüfung nicht einem Selbstzweck, sondern sei das Mittel zur Erprobung und Verbesserung seiner Zucht. Es möge zutreffen, daß die Erzielung von Rennpreisen von Zufällen abhänge. Der Sachverständige Y. habe jedoch auf Befragen betont, der Erwerb von Rennpreisen sei gerade das Moment, welches dem Züchter die weitere Entwicklung seiner Zucht erst ermögliche. Die Beweisaufnahme habe ergeben, daß die Fehlschläge der Jahre 1952 bis 1954 bei objektiver Beurteilung die Möglichkeit zur nachhaltigen Gewinnerzielung nicht ausschlössen. Die preisgünstig erworbene Mutterstute A. habe sich auch als Zuchtstute geeignet erwiesen, da sie allein während der drei Zuchtjahre im Besitz des Bg. drei Fohlen geworfen habe. Bis Ende 1954 seien die Voraussetzungen für ihre nützliche Verwendung als Zuchtstute erfüllt gewesen, und der Bg. habe erwarten dürfen, daß er durch die Nachzucht Gewinne erzielen werde. Wenn er in dieser Erwartung enttäuscht worden sei, so habe dies in einer Reihe nicht voraussehbarer Mißgeschicke gelegen. Der Sachverständige habe Mängel weder in der Aufzucht der Fohlen in O. noch in der tierärztlichen überwachung oder im Training feststellen können. Auch ohne die Fehlschläge habe der Bg. infolge der noch bestehenden Anlaufzeit ohnehin frühestens 1955 Rennen gewinnen können. Auch der Ankauf der Fuchsstute H. stehe nicht im Widerspruch zum Streben nach nachhaltigem Gewinn. Wenn die Stute infolge einer Hufbehinderung in der Rennvorbereitung versagt habe und habe verkauft werden müssen, so sei auch dies für den Bg. ein unerwarteter Ausfall gewesen. Der Sachverständige habe auch keine ins Gewicht fallenden Verstöße gegen die Beachtung betriebswirtschaftlicher Grundsätze bei der Durchführung der Zucht feststellen können.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. des Vorstehers des Finanzamts führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.

Die Beurteilung der allein streitigen Frage, ob der Bg. die Vollblutzucht mit Gewinnerzielungsabsicht unterhalten hat, liegt im wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet. Soweit das Finanzgericht auf Grund seiner freien Beweiswürdigung nach § 278 AO zu den von ihm getroffenen tatsächlichen Feststellungen und unter Beachtung des geltenden Rechts sowie ohne Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten oder gegen die Denkgesetze zu den daraus gezogenen Schlußfolgerungen kommen konnte, ist der Senat nach Maßgabe des § 288 AO gebunden.

Mit Recht rügt jedoch der Vorsteher des Finanzamts, daß das Finanzgericht auf die im Schriftsatz vom 20. Dezember 1956 enthaltene Wirtschaftlichkeitsberechnung des Finanzamts nicht eingegangen sei. Der Vorsteher des Finanzamts hatte geltend gemacht, der Bg. sei bei der geringen Größe seiner Zucht und bei der Art. wie sie von ihm betrieben werde, nicht in der Lage, sie jemals rentabel zu gestalten, zumal es ihm an der unbedingt notwendigen Zuchterfahrung fehle. Das Finanzgericht hätte sich mit diesem Vorbringen ernsthaft auseinandersetzen müssen. Zwar hat es ausgeführt, es könne dem Finanzamt nicht darin folgen, daß die Erzielung von Rennpreisen als reines Zufallsergebnis für die Frage der Gewinnerzielungsabsicht keine Rolle spiele. Das Finanzgericht hat aber nicht angegeben, worauf es die Auffassung stützt, der Bg. habe damit rechnen können, er werde jährlich Rennpreise in angemessener Höhe mit einer gewissen kaufmännisch noch kalkulierbaren Wahrscheinlichkeit erzielen. Daß die Erzielung von Rennpreisen gerade das Moment sei, das dem Züchter die weitere Entwicklung erst ermögliche, reicht hierzu nicht aus. Das Finanzgericht hätte vielmehr dartun müssen, daß dieses Streben des Züchters nach Rennpreisen sich auch realisieren lasse. Gerade das bestreitet der Vorsteher des Finanzamts unter Hinweis auf die Darlegungen im Urteil des Reichsfinanzhofs III 90/43 vom 20. Januar 1944 (RStBl 1944 S. 366). In dieser Entscheidung hatte der Reichsfinanzhof im Gegensatz zur Vorinstanz, die sich, wie im Streitfall das Finanzgericht, auf die Möglichkeit des Gewinns von Rennpreisen stützte, dargelegt, "daß man von Rennpreisen keine nachhaltige Gewinnerzielung erwarten kann".

Der Senat hält auch die weitere Rüge des Vorstehers des Finanzamts für berechtigt, das Finanzgericht habe aus den beigezogenen Gutachten und den Auskünften der Gutachter in der mündlichen Verhandlung die Gewinnerzielungsabsicht des Bg. nicht positiv folgern dürfen. Denn keines der Gutachten und keiner der Gutachter hat sich mit der gerade für die kleine Zucht des Bg. entscheidenden Frage befaßt, wie sich bei diesem Umfange der Zucht und der Art ihres Betreibens durch den Bg. die Einnahmen und Ausgaben gestalten könnten und eine wie hohe Wahrscheinlichkeit dafür bestehe, daß der Bg. auf lange Sicht gesehen tatsächlich einen Ausgleich von Aufwand und Ertrag erzielen könne. Im übrigen hat das Gutachten Y. verschiedentlich nicht unerhebliche Einschränkungen in seiner insgesamt positiven Beurteilung gemacht, deren Würdigung durch das Finanzgericht nicht erkennbar ist. So führt das Gutachten bei Beurteilung der Fehlschläge in der Zucht des Bg. unter anderem aus, daß eine völlig klare Beweisführung in dieser Hinsicht sich einer gewissenhaften Begutachtung entziehe. Sodann wird zur Frage, ob die Vollblutzucht des Bg. nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen durchgeführt worden sei, von vornherein ganz allgemein ausgeführt, daß es in der Natur der Sache liege, daß die betriebswirtschaftliche Organisation der Haltung eines Vollblutgestüts, sonderlich eines kleineren Bestandes, nicht mit den gleichen Maßstäben gemessen werden könne wie die auf äußerste Rationalität zugeschnittene Durchorganisation eines gewerblichen Fabrikationsvorganges oder eines kaufmännischen Unternehmens. Dazu seien in der Pferdezucht, abgesehen von den naturgesetzlichen Disparitäten zwischen diffizilen Lebewesen und toten Gegenständen, einmal ganz allgemein die Fristen zu langräumig und zum anderen die immer im Bereich der Möglichkeit liegenden, oftmals überraschenden Abweichungen vom normalen Ablauf zu vielschichtig, als daß sie sich festgelegten Dispositionen zu fügen hätten. Im letzten Absatz seines Gutachtens macht der Sachverständige den Vorschlag, die Vollblutzucht des Bg. nicht als Liebhaberei im steuerrechtlichen Sinne, sondern als Gewerbebetrieb zu beurteilen. Da aber immerhin einiges Wenige nicht restlos oder nur mit Vorbehalt habe geklärt werden können, scheine ihm allenfalls eine gewisse anteilsmäßige Nichtberücksichtigung des Verlustes in dem Berichtszeitraum 1952 bis 1954 bei der Einkommensermittlung angezeigt zu sein. In der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht hat der Sachverständige Y. ausgeführt, man könne keine Regel darüber aufstellen, ob Zuchtbetriebe mit fünf bis sechs Stuten rentabler seien oder nicht. Diese äußerung hat das Finanzgericht in seinen Entscheidungsgründen nicht gewürdigt. Sie erscheint dem Senat jedoch von besonderer Bedeutung. Sie zeigt die ganze Problematik der Rentabilität bei Zuchten von einer bis zu sechs Stuten. Die erwähnte Einschränkung in seinem Gutachten erklärt der Sachverständige Y. in der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht mit der eventuell "nicht ganz sorgfältigen Aufzucht" und damit, daß "keine greifbaren Erfolge" erzielt worden seien. Der Senat vermag auch hinsichtlich dieser nicht unwichtigen äußerung des Sachverständigen eine Würdigung durch das Finanzgericht nicht zu erkennen. Dieses hat in seiner Entscheidung unter anderem ausgeführt, daß die Vollblutzucht ein kapitalaufwendiges Unternehmen sei (so auch Gutachten Y.). Hieraus folgt nach Ansicht des Senats, daß eine Vollblutzucht, in die das erforderliche Kapital nicht investiert wird oder nicht investiert werden kann, keine Erfolge bringen kann. Das Finanzgericht hat sich hiermit nicht weiter auseinandergesetzt. Wenn der Gutachter Y. sodann ausführt, daß die Qualität im ganzen aus der Quantität komme, so kann das nach Ansicht des Senats nur bedeuten, daß ein einzelner Züchter Erfolge (Qualität) erst zu erwarten hat, wenn er seine Zucht auf einer genügend breiten Basis (Quantität) betreibt. Der Bg. hat aber ausdrücklich betont, daß er seine Zucht nicht auf über ein bis zwei Stuten hinaus ausdehnen wolle. Tatsächlich hat er in den Streitjahren nur eine Stute zur Zucht, die andere zum Rennsport verwendet. Das Finanzgericht hätte - vom Standpunkt seiner Entscheidung aus - den Widerspruch aufklären müssen, der sich in diesem Zusammenhang aus dem Gutachten Y. aufdrängt, daß nämlich der Bg. nach Ansicht des Sachverständigen auch mit Erfolgen habe rechnen können, obwohl bei ihm mit nur einer zur Zucht verwendeten Stute das Erfordernis der Quantität nicht als erfüllt angesehen werden kann.

Die Vorentscheidung wird aufgehoben. Der Senat entscheidet selbst. Ob der Bg. die vom Vorsteher des Finanzamts bestrittene Gewinnerzielungsabsicht gehabt hat, kann nur nach objektiven äußeren Merkmalen beurteilt werden. Entscheidend hierfür ist, ob eine Tätigkeit objektiv nach ihrer Wesensart und nach der Art ihrer Ausübung unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten auf die Dauer gesehen zur Erzielung wenigstens eines Ausgleichs von Aufwand und Ertrag geeignet erscheint (Urteil des Bundesfinanzhofs IV 221/53 U vom 6. Mai 1954, BStBl 1954 III S. 197, Slg. Bd. 58 S. 745). Darauf, was subjektiv der angebliche oder tatsächliche Wille des Steuerpflichtigen ist, kommt es ebensowenig an wie darauf, wie er die in Betracht kommenden Gegenstände und Vorgänge buchmäßig behandelt (Urteil des Reichsfinanzhofs VI A 608/37 vom 13. Oktober 1937, RStBl 1937 S. 1232). Lediglich in Grenzfällen (Urteil des Bundesfinanzhofs IV 221/53 U, a. a. O.) wird auch der subjektiven Auffassung des Steuerpflichtigen eine gewisse Bedeutung beigemessen.

Bei Vollblutzuchten spricht eine Vermutung dafür, daß sie zu den Liebhaberbetrieben, die ohne Gewinnerzielungsabsicht betrieben werden, gehören. Der Senat hat zwar in dem schon oben erwähnten Urteil IV 221/53 U unter anderem ausgesprochen, daß regelmäßig davon ausgegangen werden müsse, daß eine züchterische Tätigkeit ihrer Art nach darauf gerichtet sei, gewinnbringend verwertet zu werden. Hieran ändere sich auch nichts dadurch, daß bei jahrelang notwendigen Versuchen von vornherein nicht abgesehen werden könne, ob diese jemals mit Erfolg abgeschlossen werden. Dieses Risiko hätten Züchtungsversuche mit Erfindungen gemeinsam. Letztere seien aber beim Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen ebenfalls steuerpflichtig. Der Senat hält an dieser Auffassung fest. Im genannten Urteilsfalle handelte es sich jedoch um das Züchten von Pflanzen für landwirtschaftliche Zwecke. Eine Vollblutzucht steht einer solchen Pflanzenzucht im allgemeinen nicht gleich. Denn die Zuchtergebnisse einer Vollblutzucht sind darauf angewiesen, sich in erster Linie durch die Erzielung von Rennpreisen und Züchterprämien bezahlt zu machen, während ihre kommerzielle Verwendung namentlich durch gewinnbringenden Verkauf nicht ernsthaft in Betracht gezogen werden kann. Auf die Erzielung von Rennpreisen und Züchterprämien aber kann eine Gewinnerzielungsabsicht im kaufmännischen Sinn nicht gestützt werden. Denn die Erzielung von Rennpreisen und Züchterprämien entzieht sich einer kaufmännischen Berechnung. Der Senat schließt sich dieser bereits für eine Traberzucht im Urteil des Reichsfinanzhofs III 90/43 vom 20. Januar 1944 (a. a. O.) ausgesprochenen These für die Vollblutzucht an. Vollblutzuchten sind in diesem Zusammenhang mit Jagden, der Unterhaltung von Herrensitzen und ähnlichen Betätigungen zu vergleichen, die typisch der privaten Lebensführung eines Steuerpflichtigen zuzurechnen sind. Als Gewinnbetriebe können sie nur ausnahmsweise, z. B. in wirtschaftlichem Zusammenhang mit einer ausreichenden landwirtschaftlichen Betriebsgrundlage oder aus sonstigen besonderen Gründen, anerkannt werden. Dafür, daß eine solche Ausnahme vorliegt, hat der Steuerpflichtige den Nachweis zu führen. Der Umstand, daß letzten Endes jede nach züchterischen Grundsätzen betriebene Vollblutzucht in der Lage sein kann, ein besonders erfolgreiches Pferd hervorzubringen und so durch Renngewinne und Züchterprämien zu einem positiven Ergebnis der Einnahme- und Ausgaberechnung zu gelangen, genügt nicht für die Anerkennung einer gewerblichen Betätigung. Diese steuerrechtliche Beurteilung hat der Gutachter verkannt, wenn er davon ausgeht, daß eine Vollblutzucht ihrer Wesensart nach zur Gewinnerzielung objektiv geeignet sei. Der Gutachter stützt diese Feststellung auch nur darauf, daß die vom Bg. erworbene Mutterstute A. zum Aufbau einer reüssierenden Zucht nicht beanstandet werden könne und der preiswerte Ankauf der Fuchsstute H. gleichfalls nicht in Widerspruch zum Anstreben nachhaltiger Gewinnerzielung stehe. Die entscheidende Frage aber, in welcher Weise und mit welchem Grad von Wahrscheinlichkeit auf Grund ernsthafter kaufmännischer Kalkulation sich das Streben des Vollblutzüchters nach Gewinnerzielung würde realisieren lassen, bleibt im Gutachten unbeantwortet.

Der Bg. hat den Nachweis für das Vorliegen eines Gewerbebetriebs nicht geführt. Das Gutachten Y. enthält zwar umfangreiche Ausführungen, die für die Rechtsauffassung des Bg. sprechen. Andererseits aber sind in dem Gutachten auch Ausführungen enthalten, die die positive Beurteilung des Gutachters in einer Weise einschränken, daß diese der Beurteilung durch den Senat nicht mehr zugrunde gelegt werden kann, ganz abgesehen davon, daß, wie schon betont, der Gutachter den steuerrechtlichen Begriff des Liebhaberbetriebes und seine Abgrenzung gegenüber dem Gewerbebetrieb verkannt hat. Für die Beurteilung durch den Senat ist aber aus dem Gutachten Y. von besonderer Bedeutung, daß der Sachverständige selbst eingeräumt hat, es liege in der Natur der Sache, daß die betriebswirtschaftliche Organisation der Haltung eines Vollblutgestüts nicht mit den gleichen Maßstäben gemessen werden könne, wie die auf äußerste Rationalität zugeschnittene Durchorganisation eines gewerblichen Fabrikationsvorganges oder eines kaufmännischen Unternehmens. Gerade diese Ausführungen des Gutachters bestätigen die Auffassung des Senats, daß bei einer Vollblutzucht von einem kaufmännischen Rechnen mit einem überschuß der Einnahmen über die Ausgaben grundsätzlich nicht die Rede sein kann; und wenn der Gutachter in der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht weiter dargelegt hat, daß man keine Regel darüber aufstellen könne, ob Zuchtbetriebe mit einer Stute oder mit fünf bis sechs Stuten rentabler seien, so sieht der Senat auch hierin seine Auffassung bestätigt, daß die Rentabilität einer Vollblutzucht, jedenfalls im Rahmen von einer bis sechs Mutterstuten, einer Rechnung nach kaufmännischen Gesichtspunkten nicht zugänglich ist. Auch die vom Bg. in der mündlichen Verhandlung dem Senat vorgelegte Wirtschaftlichkeitsberechnung des Direktoriums für Vollblutzucht und Rennen, Köln-Weidenpesch vermag zu keiner anderen Beurteilung zu führen. Abgesehen davon, daß diese Wirtschaftlichkeitsberechnung keinen Aufschluß darüber gibt, wie bei den verhältnismäßig geringfügigen jährlichen überschüssen von rund 545 DM Fehlschläge eines Züchters ausgeglichen werden können, mit denen er rechnen muß und wie sie tatsächlich auch beim Bg. bereits in den ersten Jahren seiner Zucht eingetreten sind, enthält diese Wirtschaftlichkeitsberechnung auf ihrer Einnahmeseite einen Betrag unter der Bezeichnung Durchschnittsgewinn je Rennpferd mit 4.331 DM pro Jahr, der darauf beruht, daß jedes Rennpferd im Durchschnitt der Jahre Rennpreise in Höhe von 4.331 DM erzielen werde. Dieser Betrag ist errechnet als Durchschnittsrenngewinn der gestarteten Pferde der Jahre 1957 bis 1959. Ein solcher Durchschnittsrenngewinn kann aber nach Ansicht des Senats die vorgelegte Wirtschaftlichkeitsberechnung nicht stützen, da er ebenso wie die Erzielung eines Renngewinnes überhaupt nur eine vage Erwartung des Züchters bleibt.

Im Falle des Bg. kommt hierzu noch folgendes: Bei einer Vollblutzucht der beim Bg. gegebenen Größenordnung kann sich der vom Gutachter Y. hervorgehobene Gedanke, daß Qualität aus Quantität komme, grundsätzlich nicht auswirken. Ein Züchter mit nur einer Mutterstute kann objektiv überhaupt nicht damit rechnen, daß gerade seine Zucht das Pferd hervorbringt, das durch Rennpreise, Züchterprämien oder durch spätere Verwertung zu eigener oder fremder Zucht aufs Ganze gesehen zu einem Gewinn oder wenigstens zu einem Ausgleich von Aufwand und Ertrag führen wird. Wenn oben schon ganz allgemein ausgeführt wurde, daß die Vollblutzucht - von Ausnahmen abgesehen - ihrem Wesen nach ein Betrieb ist, bei dem mit einem Ausgleich von Aufwand und Ertrag nach kaufmännischen Grundsätzen gerechnet werden kann, so gilt das erst recht für eine so kleine Zucht wie die des Bg. Eine solche Zucht ist in einem Masse von Risiken abhängig, wie sie kein verantwortungsbewußter Kaufmann, selbst bei Geschäften rein spekulativen Charakters, eingehen würde. Ein größerer Rückschlag, wie ihn der Bg. tatsächlich erlitten hat, kann bei einer so kleinen Zucht nicht mehr ausgeglichen werden.

Schließlich geht auch der Einwand des Bg. fehl, es handle sich bei den Verlusten lediglich um Anlaufverluste. Würde man diesem Einwand des Bg. folgen, so müßten alle Liebhaberbetriebe zunächst als gewerbliche Betriebe angesehen und die sogenannten Anlaufverluste als Betriebsverluste anerkannt werden. Jedenfalls bei Betrieben, die zu den typischen Liebhaberbetrieben gehören und die vom Steuerpflichtigen auch in der Art des typischen Liebhaberbetriebes geführt werden ist eine solche Betrachtung nicht möglich. Bei ihnen kommt es auf die tatsächlich erzielten Betriebsergebnisse grundsätzlich nicht an; ein in den ersten Jahren des Bestehens eines solchen Betriebes eingetretener Verlust ist nur ein Teil des Dauerverlustes, mit dem derartige Liebhaberbetriebe bei normalem Ablauf der Dinge zu rechnen haben.

Wenn das Finanzgericht die Bejahung einer gewerblichen Tätigkeit des Bg. sodann maßgeblich auch darauf gestützt hat, daß der Gutachter Y. zu dem Schluß gekommen sei, die Aufwendungen hätten sich im Rahmen des Hergebrachten und Angemessenen gehalten, so kann dieser Gesichtspunkt keine Rolle spielen bei einer Tätigkeit, die objektiv ihrer Wesensart nach zur Gewinnerzielung nicht geeignet ist.

Schließlich ist für den Senat auch von Bedeutung, daß der Bg. infolge seiner völlig andersgearteten beruflichen Inanspruchnahme und der Entfernung vom Unterbringungsort der Pferde nicht in der Lage war, sich so intensiv um seine Zucht zu kümmern, daß er dadurch wenigstens teilweise die Aufwendung für eine Fachkraft einsparen und die Ausgabenrechnung seiner kleinen Zucht fühlbar entlasten konnte. Sollten überhaupt Möglichkeiten einer Rentabilität einer Vollblutzucht vorhanden sein, so können nach Ansicht des Senats bei einer so kleinen Zucht wie derjenigen des Bg. die eigene Fachkunde und die eigene Arbeitskraft des Züchters unter Umständen für den Erfolg oder Mißerfolg ausschlaggebend sein. Der Umstand, daß die zweite Stute H. vom Bg. nur auf Rennen geschickt wurde, auf denen sie dann allerdings versagte, läßt darüber hinaus den Schluß gerechtfertigt erscheinen, daß der Bg. weniger die Unterhaltung einer Vollblutzucht als das Betreiben eines Rennstalles im Auge hatte. Es wäre sonst nicht verständlich, daß die Stute H. bei ihrer vom Bg. behaupteten guten Abstammung nicht wenigstens später zur Zucht verwendet, sondern ohne Ersatz verkauft wurde.

Aus all diesen Gründen vermag der Senat der Auffassung des Finanzgerichts nicht beizustimmen, daß es sich bei der Vollblutzucht des Bg. nicht um eine Liebhaberei, sondern um eine ernsthafte gewerbliche Betätigung gehandelt habe. Die Vollblutzucht des Bg. ist vielmehr als Liebhaberei zu beurteilen. Die Vorentscheidung war daher aufzuheben und die Berufung des Bg. gegen die Einspruchsentscheidung des Steuerausschusses als unbegründet zurückzuweisen.

Anmerkung: die angegebenen DM-Gewinn-Beträge stimmen mit den tatsächlichen Zahlen nicht überein.

 

Fundstellen

BStBl III 1960, 324

BFHE 1961, 197

BFHE 71, 197

StRK, EStG:15 R 180

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