Leitsatz (amtlich)

Die Tätigkeit als Heimarbeiter kann eine Erwerbstätigkeit im Sinne des § 33a Abs. 3 Nr. 2 EStG sein. Das ist anzunehmen, wenn der Umfang der Tätigkeit diese nicht als ganz unbedeutend erscheinen läßt und es deshalb mißbräuchlich wäre, sich darauf zu berufen.

 

Normenkette

EStG § 33a Abs. 3 Nr. 2

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist verheiratet und hatte im Streitjahr 1966 zwei Kinder unter 18 Jahren. Die Ehefrau des Klägers ist als Handschuhnäherin in Heimarbeit bei einer Firma in K. beschäftigt; ihr Jahresarbeitslohn im Jahr 1966 betrug 971,60 DM. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) lehnte beim Lohnsteuer-Jahresausgleich 1966 den Antrag des Klägers, 600 DM als Aufwendungen für eine Haushaltshilfe (§ 33a Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a EStG) als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, ab mit der Begründung, die Ehefrau sei nur kurzfristig und vorübergehend beschäftigt gewesen.

Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Das FG war mit dem FA der Auffassung, von einer Erwerbstätigkeit könne nach Abschn. 192 Abs. 3 EStR nur gesprochen werden, wenn jemand seine Arbeitskraft überwiegend der Erwerbstätigkeit widme. Es könne dahingestellt bleiben, ob die Ehefrau des Klägers für das Nähen der Handschuhe täglich zwei Stunden - wie das FA behaupte - oder drei bis vier Stunden - wie der Kläger geltend mache - beschäftigt gewesen sei. Immerhin zeige der geringe Jahresarbeitslohn von 971,60 DM, der im übrigen knapp die beantragten Aufwendungen für die Haushaltshilfe übersteige, daß es sich nur um eine geringfügige Erwerbstätigkeit gehandelt haben könne. Aber selbst wenn man dem Vorbringen des Klägers folge und davon ausgehe, daß seine Ehefrau tatsächlich drei bis vier Stunden beschäftigt gewesen sei, so habe diese Tätigkeit ihre Arbeitskraft jedenfalls nicht überwiegend in Anspruch genommen.

Mit seiner Revision rügt der Kläger Verletzung des § 33a Abs. 3 EStG (§ 25a Abs. 3 LStDV) sowie einen Verfahrensmangel durch Versagung des rechtlichen Gehörs, weil das FG zur Dauer der täglichen Inanspruchnahme der Ehefrau die benannten Zeugen nicht vernommen habe. Es sei zu berücksichtigen, daß auch das Abholen und Zuliefern der Rohmaterialien usw. zur Arbeitszeit gehöre.

Das FA trägt demgegenüber u. a. vor: Bei Heimarbeit könne die Ehefrau auch während der Erwerbstätigkeit die zum Haushalt gehörenden Kinder überwachen. Es bestehe daher kein zwingendes Bedürfnis, eine Hausgehilfin oder Haushaltshilfe einzustellen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist begründet.

Das Gesetz fordert in § 33a Abs. 3 Nr. 2a EStG lediglich, daß beide Ehegatten "erwerbstätig" sind. Die Erwerbstätigkeit wird dabei weder der Art noch dem Umfange nach begrenzt. Eine Tätigkeit als Heimarbeiter ist eine Erwerbstätigkeit in diesem Sinne, auch wenn sie in der eigenen Wohnung ausgeübt wird. Wenn das Gesetz nur eine Erwerbstätigkeit, nicht aber eine bestimmte Mindestdauer verlangt, so wollte der Gesetzgeber hiermit sicherlich nicht jede irgendwie geartete geringfügige Erwerbstätigkeit ausreichend sein lassen. Andererseits hat der Gesetzgeber aber auch nicht eine Erwerbstätigkeit vorgeschrieben, die etwa im Sinne eines Hauptarbeitsverhältnisses beide Ehegatten laufend für eine volle übliche Arbeitszeit in Anspruch nimmt. Der Senat ist der Auffassung, daß eine Erwerbstätigkeit im Sinne der genannten Vorschrift anzunehmen ist, sofern nicht der Umfang der Tätigkeit diese als ganz unbedeutend und nicht ins Gewicht fallend erscheinen läßt und es deshalb mißbräuchlich wäre, sich darauf zu berufen. Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Grundsätze auch anzuwenden sind, wenn ein Ehegatte im Gewerbebetrieb des anderen Ehegatten beschäftigt ist oder ob in diesen Fällen etwa zur Vermeidung von Mißbräuchen weitere Anforderungen in dem Sinne gestellt werden müssen, daß die Arbeitskraft dieser Tätigkeit überwiegend gewidmet sein muß (Abschn. 192 Abs. 3 EStR).

Wenn bei Heimarbeit hiernach entgegen der Auffassung des FA die Steuervergünstigung wegen Beschäftigung einer Haushaltshilfe in Betracht kommen kann, so erscheint dies auch von der Sache her gerechtfertigt; denn ein Heimarbeiter oder eine Heimarbeiterin wird durch die Heimarbeit tatsächlich gehindert, während dieser Zeit den Haushalt wahrzunehmen und sich den Kindern zu widmen.

Die Ehefrau des Klägers hat eine Erwerbstätigkeit im Sinne des § 33a Abs. 3 Nr. 2a EStG ausgeübt. Auch wenn diese Tätigkeit nur zwei Stunden am Tag betragen haben sollte, wie es das FA behauptet, kann von einer ganz geringfügigen nicht ins Gewicht fallenden Tätigkeit nicht gesprochen werden.

Der Senat ist in der Lage, auf der Grundlage des unstreitigen Sachverhalts zu entscheiden, nachdem die Beschäftigung einer Haushaltshilfe im Revisionsverfahren nicht mehr streitig ist. Einer Beweiserhebung zur Frage des Umfangs der Tätigkeit der Ehefrau bedarf es nicht mehr.

 

Fundstellen

Haufe-Index 70810

BStBl II 1974, 299

BFHE 1974, 414

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