Leitsatz (amtlich)

Verlangt der Beförderungsunternehmer bei der Beförderung im Ausflugwagenverkehr von dem zur Zahlung des Beförderungspreises Verpflichteten ein Entgelt für die Leeranfahrt zur Einsteigestelle und für die Leerrückfahrt von der Aussteigestelle, ferner ein Entgelt für die Wartezeiten, so sind diese Entgelte ein Teil des Beförderungspreises, auch wenn sie vom Beförderungsunternehmer gesondert in Rechnung gestellt werden.

 

Normenkette

BefStG 1926 §§ 1, 5 Abs. 1

 

Tatbestand

Die Beschwerdegegnerin (Bgin.) betreibt u. a. den Ausflugwagenverkehr. Sie unterteilt dabei den Fahrpreis in eigentliches Beförderungsentgelt und in Vergütung für sogenannte Leerkilometer (Leeranfahrt zu der Stelle, an der die Fahrtteilnehmer einsteigen, und Leerrückfahrt von der Stelle, an der die Fahrtteilnehmer aussteigen) und für Wartezeiten. Das Entgelt für die Leerfahrten und die Wartezeiten stellt die Bgin. jeweils neben dem Entgelt für die eigentliche Beförderungsleistung besonders in Rechnung. Die Bgin. entrichtete die Beförderungsteuer nur von dem von ihr als eigentliches Beförderungsentgelt den Fahrgästen in Rechnung gestellten Betrage. Das Finanzamt forderte hierauf auch die Beförderungsteuer für die Entgelte, die für die angegebenen Leerfahrten und die Wartezeiten zu zahlen waren. Die strittige Steuerforderung bezieht sich auf Fahrten im Ausflugwagenverkehr in der Zeit vom Dezember 1952 bis August 1954.

Das Finanzgericht gab der von der Bgin. eingelegten Sprungberufung statt.

 

Entscheidungsgründe

Die vom Vorsteher des Finanzamts gegen die Vorentscheidung eingelegte Rechtsbeschwerde (Rb.) hat Erfolg.

Nach § 5 Abs. 1 des für den Streitfall maßgebenden Beförderungsteuergesetzes (BefStG) vom 29. Juni 1926 unter Berücksichtigung des Gesetzes zur Änderung des Beförderungsteuergesetzes vom 2. Juli 1936 wird die Beförderungsteuer von dem Preise berechnet, der für die Beförderung an den Beförderungsunternehmer zu entrichten ist. Das ist der Betrag, den der zur Zahlung Verpflichtete (im folgenden Fahrgast genannt) aufwenden muß, um die Beförderungsleistung vom Beförderungsunternehmer zu erhalten. Es kann kein Zweifel daran bestehen, daß der Fahrgast im Streitfalle die Beförderungsleistung nur erhält, wenn er zugleich die Kosten für die Leeranfahrt und die Leerrückfahrt übernimmt. Damit ist der Teil des vom Fahrgast zu entrichtenden Betrages, der auf die Leeranfahrt und die Leerrückfahrt entfällt, als Entgelt für die Beförderung anzusehen, wobei gleichgültig bleiben muß, ob er dem Fahrgast in einem Gesamtbetrag oder -- wie im Streitfall -- gesondert in Rechnung gestellt wird. Richtig ist, worauf die Bgin. hinweist, daß unter Beförderung i. S. des BefStG eine der Raumüberwindung für Personen und Güter dienliche Tätigkeit zu verstehen ist (vgl. z. B. Urteil des Bundesfinanzhofs II 176/51 U vom 14. Dezember 1951, Slg. Bd. 56 S. 52, Bundessteuerblatt -- BStBl -- 1952 III S. 22). Eine solche Tätigkeit ist aber auch bei der Leistung der Leeranfahrt und der Leerrückfahrt gegeben. Denn die Leeranfahrt geschieht ausschließlich zu dem Zweck, die Beförderungsleistung zu vollbringen, auch sie dient also der Raumüberwindung für Personen, und die Leerrückfahrt würde nicht notwendig werden, wenn nicht die eigentliche Beförderungsleistung wäre. Beide Leerfahrten sind also durch die eigentliche Beförderungsleistung bedingt und stehen mit ihr in einem nicht nur äußeren Zusammenhang, wie das bei sonstigen Leistungen des Beförderungsunternehmers im Ausflugwagenverkehr (beispielsweise bei der Gewährung von Getränken, Verpflegung, Unterkunft, Reisebegleitung u. ä.) der Fall ist. Unerheblich ist, daß das auf die Leeranfahrt und die Leerrückfahrt entfallende Entgelt dem Fahrgast besonders in Rechnung gestellt wird, wie es umgekehrt auch unerheblich bleiben müßte, daß etwa das Entgelt für eine wegen eines nur äußeren Zusammenhangs mit der Beförderung nicht zur Beförderung rechnende Leistung in einem Gesamtbetrag enthalten ist.

Aber auch der Teil des vom Fahrgast zu entrichtenden Entgelts, der auf die Wartezeiten entfällt, ist Teil des Preises für die Beförderung. Denn zur Beförderung sind auch die Leistungen des Beförderungsunternehmers zu rechnen, die sich aus der Besonderheit der Art der Beförderung ergeben (vgl. z. B. die Entscheidungen des Reichsfinanzhofs II A 309/27 vom 19. Juli 1927, Slg. Bd. 21 S. 284, Reichssteuerblatt -- RStBl -- 1927 S. 183 und II A 645/30 vom 3. Mai 1933, RStBl 1933 S. 797). Auch diese Leistungen stehen in einem nicht nur äußeren Zusammenhang mit der Beförderung. Bei der Beförderung im Ausflugwagenverkehr -- um solche Beförderungen handelt es sich im Streitfall -- sind Aufenthalte eine Besonderheit dieses Verkehrs. Sie sind dieser Verkehrsart eigen. Wartezeiten bei der Beförderung im Ausflugwagenverkehr gehören also zur besonderen Art dieser Beförderung. Die darin liegende Leistung des Beförderungsunternehmers ist daher ebenso zur Beförderung zu rechnen, wie beispielsweise die Sonderleistung des Unternehmers zur Beförderung zu rechnen wäre, die in einer auf Wunsch des Fahrgastes besonders schnellen oder auf Wunsch des Fahrgastes besonders langsamen Beförderung liegt. Das Entgelt für die Wartezeiten ist daher ebenso Teil des Beförderungsentgelts wie es der Zuschlag zum regelmäßigen Beförderungspreis für eine besonders schnelle oder eine besonders langsame Beförderung wäre. Daß während der Wartezeit keine Beförderung stattfindet und das Entgelt für die Wartezeit sich wirtschaftlich für den Unternehmer als Ausgleich für die ihm während dieser Zeit entzogene Möglichkeit der Durchführung anderer Beförderungen darstellt, ist angesichts des nicht nur äußeren Zusammenhangs der Wartezeit mit der eigentlichen Beförderungsleistung gleichgültig. Ob in den von der Bgin. für möglich gehaltenen Sonderfällen einer Entschädigung für Wartezeiten eine andere Beurteilung gerechtfertigt wäre, kann dahingestellt bleiben, weil es sich im Streitfall nicht um einen solchen Fall handelt. Der Hinweis der Bgin., die Auffassung des Finanzamts führe dazu, daß bei Ausführung von anderen Beförderungen während der Wartezeit zweimal eine Beförderungsteuer zu entrichten wäre, was die Unmöglichkeit der Auffassung des Finanzamts zeige, ist schon deshalb abwegig, weil in einem solchen Fall insoweit tatsächlich keine Wartezeit vorliegen würde, also ein Entgelt für die Wartezeit zu Recht nicht in Rechnung gestellt werden könnte. Die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs, wonach das Wagenstandgeld im Eisenbahnverkehr nicht der Beförderungsteuer, sondern der Umsatzsteuer unterliegt (Urteile des Reichsfinanzhofs V A 1004/32 vom 11. Mai 1934, Slg. Bd. 36 S. 159, RStBl 1934 S. 844; V A 862/32 vom 17. Dezember 1934, Slg. Bd. 37 S. 192, RStBl 1935 S. 732), kann zu keiner anderen Beurteilung führen, weil es sich bei dem Wagenstandgeld, das nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts (Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Bd. 112 S. 341, 344) nur ein Ersatz für die der Eisenbahn entzogene Wagenbenutzung ist, um das Entgelt für eine Leistung handelt, die sich nicht aus der Besonderheit der Art der Beförderung ergibt und mit der Beförderung in einem nur äußeren Zusammenhang steht.

Fehl geht auch der Hinweis der Bgin. auf die Besteuerung nach Personenkilometern im Ausflugwagenverkehr -- § 31 der Zweiten Vorläufigen Durchführungsbestimmungen zum Gesetz zur Änderung des Beförderungsteuergesetzes vom 2. Juli 1936 (Beförderungsteuer beim Personenverkehr mit Kraftfahrzeugen) in Verbindung mit § 7 Nr. 7 der Verordnung zur Änderung von Vorschriften über die Durchführung des Beförderungsteuergesetzes vom 18. April 1951 --, da es sich bei dieser Besteuerung sachlich um eine Pauschbesteuerung handelt und davon ausgegangen werden muß, daß in dem der Besteuerung zugrunde zu legenden Durchschnittsbeförderungsentgelt derartige Umstände wie Leerfahrten und Wartezeiten berücksichtigt sind.

Auf die Ausführungen der Bgin. zur Vorschrift des § 16 Abs. 5 Nr. 1b der Beförderungsteuerdurchführungsverordnung 1955 einzugehen, erübrigt sich, da die im Streitfall in Betracht kommenden Fahrten im Ausflugwagenverkehr zeitlich vor dem Inkrafttreten dieser Vorschrift (1. Juni 1955) liegen.

 

Fundstellen

BStBl III 1956, 348

BFHE 1957, 391

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