Entscheidungsstichwort (Thema)

Nichtzulassungsbeschwerde, grundsätzliche Bedeutung

 

Leitsatz (NV)

Eine auf grundsätzliche Bedeutung gestützte Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg, wenn zwar geltend gemacht wird, die Abgrenzung zwischen echtem und unechtem Schadensersatz im Umsatzsteuerrecht sei bisher nicht vollständig erfolgt und habe bestimmte Fragen offengelassen, aber letztlich nur die Anwendung der Grundsätze eines bestimmten BFH-Urteils auf den Streitfall begehrt wird.

 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1; UStG 1980 § 1

 

Tatbestand

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) betrieb eine "Fleischmehlfabrik". Sie hatte als "Tierkörperbeseitigungsanstalt" 1969 einen Vertrag mit der Gesundheitsbehörde der Stadt X -- Gesundheitsbehörde -- und zwei Landkreisen über die öffentlich- rechtliche Aufgabe der Tierkörperbeseitigung geschlossen. Die Vertragsdauer war bis 31. Dezember 1990 bestimmt. Die Kündigungsrechte waren geregelt.

Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) ergaben sich bei der Klägerin seit 1979 erhebliche Verluste, insbesondere aufgrund des Fehlens einer eigenen Kläranlage für die Abwässer. Nach dem Scheitern weiterer Sanierungsbemühungen traten die Vertragspartner der Klägerin (die Beseitigungspflichtigen) an die Klägerin heran, um den Vertrag vorzeitig aufzulösen. Nach erfolglosen Unterredungen kündigten sie den Vertrag 1986 "fristlos" und übertrugen die Aufgabe der Tierkörperbeseitigung ab 1. November 1986 auf andere Unternehmer.

Nach weiteren Verhandlungen kam es zu einem "Aufhebungsvertrag" vom 25. November 1986. In dessen Präambel war u. a. aufgenommen: " ... Der Unternehmer ist der Ansicht, daß die fristlose Kündigung ungerechtfertigt ist. Die Beseitigungspflichtigen haben die Tierkörperbeseitigung in ihren Beseitigungsgebieten ab 1. November 1986 anderen Unternehmern übertragen.

Zur Beseitigung der hierdurch entstandenen Differenzen wird der nachfolgende Aufhebungsvertrag geschlossen: ... ".

Nach dem Vertrag wurde der Betrieb der Tierkörperbeseitigungsanstalt zum 31. Oktober 1986 eingestellt, und die Beseitigungspflichtigen verpflichteten sich zu einem "Schadensersatz" in Höhe von insgesamt ... DM an die Klägerin. Durch die im Vertrag festgelegten Leistungen sollten sämtliche gegenseitige Ansprüche aus der Tierkörperbeseitigung und andere Ansprüche -- auch steuerliche Auswirkungen der Betriebsstillegung -- erloschen sein.

Die Klägerin beurteilte diese Zahlung als sogenannten echten Schadensersatz.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) behandelte hingegen die Zahlung bei der Umsatzsteuerfestsetzung für das Streitjahr 1986 als Entgelt für eine steuerbare Leistung in Gestalt des Verzichts der Klägerin auf die Ausübung ihrer Vertragsrechte.

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

Mit der Nichtzulassungsbeschwerde begehrt die Klägerin Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung, ungenügender Sachaufklärung und wegen Verletzung der Ermittlungspflicht und des rechtlichen Gehörs durch das FG.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensfehlers (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) kommt nicht in Betracht.

Soweit die Klägerin Verletzung rechtlichen Gehörs geltend macht, weil das FG "ohne jede erkennbare Begründung oder auch nur einem Anlaß dazu von dem zwischen den Parteien unstreitigen Sachverhalt abgewichen" sei und einen anderen Sachverhalt unterstellt habe, wodurch den Parteien die Möglichkeit genommen worden sei, sich zu der vom FG erfundenen Sachverhaltsvariante zu äußern, fehlt weiterer erforderlicher substantiierter Vortrag.

Soweit die Klägerin geltend macht, das FG habe eine Sachverhaltsvariante seiner Entscheidung zugrunde gelegt, die dem klaren Inhalt der Akten widerspreche und damit seiner Ermittlungspflicht nicht genügt, fehlt es ebenfalls an der ausreichenden Bezeichnung des Verfahrensmangels. Nach umfangreicher Zitierung aus dem FG-Urteil trägt die Klägerin vor, die Ausführungen des FG seien in sich widersprüchlich und verfälschten den unstreitigen Sachverhalt. Es bestehe exakt dieselbe Situation wie im Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 12. November 1970 V R 52/67 (BFHE 100, 340, BStBl II 1971, 38). Im Fall des zitierten Urteils habe das FG den unstreitigen Sachverhalt lediglich rechtlich unzutreffend gewürdigt, ihn jedoch nicht verfälscht, sondern nur Zweifel an der Wahrheit des klägerischen Sachvorbringens geäußert.

Auch die weiteren Ausführungen der Klägerin zu dieser Frage lassen nur erkennen, daß die Klägerin sich gegen die Würdigung des Sachverhalts durch das FG wendet, das aufgrund des Aufhebungsvertrags zum Ergebnis gekommen ist, die Klägerin habe auf die weitere Ausübung ihrer Vertragsrechte verzichtet.

2. Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung scheidet ebenfalls aus. Die Klägerin macht zwar geltend, die Abgrenzung zwischen echtem und unechtem Schadensersatz im Umsatzsteuerrecht sei bisher nicht vollständig erfolgt und habe viele Fragen offengelassen. Das gelte insbesondere für das Problem, wie weit vertragliche Vereinbarungen zwischen Schädiger und Geschädigtem zur Regelung der Rechtsfolgen der zum Schadensersatz verpflichtenden Handlung im Rahmen eines Vertrages zulässig seien, ohne der Schadensersatzleistung das Merkmal des umsatzsteuerrechtlich echten Schadensersatzes zu nehmen und einen umsatzsteuerbaren Leistungsaustausch durch Verzicht auf den vertraglichen Erfüllungsanspruch zu begründen.

Andererseits stützt sich die Klägerin aber auf die Rechtsprechung des BFH (Urteil in BFHE 100, 340, BStBl II 1971, 38) und möchte die Grundsätze dieser Entscheidung (und eines ergänzenden BFH-Urteils vom 18. Januar 1990 V R 6/85, BFH/NV 1991, 130, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Umsatzsteuergesetz 1967, § 1 Abs. 1 Nr. 1, Rechtsspruch 110) auf ihren Fall angewandt wissen. Damit begehrt sie die Anwendung bereits vorhandener Grundsätze auf den von ihr vorgetragenen Sachverhalt, was im Widerspruch dazu steht, daß sie weiteren Klärungsbedarf geltend macht.

Im übrigen ergeht die Entscheidung gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Angabe von Gründen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 420588

BFH/NV 1995, 905

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