Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum Zeitpunkt der Einfuhr

 

Leitsatz (NV)

Die Berechtigung zum Abzug der entrichteten Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG 1967 steht dem Unternehmer zu, der im Zeitpunkt der Einfuhr die Verfügungsmacht über den eingeführten Gegenstand besitzt (BFH-Urteil v. 24. April 1980 BFHE 130, 564, BStBl II 1980, 615). Der Zeitpunkt der Einfuhr richtet sich nach dem tatsächlichen Vorgang des Überschreitens der Zollgrenze.

 

Normenkette

UStG 1967 § 15 Abs. 1 Nr. 2, § 21 Abs. 2 S. 1; ZG § 1 Abs. 2 S. 2

 

Verfahrensgang

FG Baden-Württemberg

 

Tatbestand

Bei dem Kläger wurde im Rahmen einer Fahndungsprüfung festgestellt, daß er im Jahre . . . in größerem Umfang Diamanten veräußert hatte, die er von zwei israelischen Lieferanten bezogen hatte. Da der Kläger keine Steuererklärung eingereicht und keine Aufzeichnungen über Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben geführt hatte, wurden die Besteuerungsgrundlagen anhand der bei der Prüfung vorgefundenen Unterlagen geschätzt. Das Finanzamt übernahm die Schätzung des Fahndungsprüfers und setzte die Umsatzsteuer für das Kalenderjahr . . . durch Bescheid vom 30. März 1978 auf 17 823,80 DM fest.

Nach erfolglosem Einspruch hat der Kläger Anfechtungsklage erhoben und zugleich Prozeßkostenhilfe für das Klageverfahren beantragt. Durch Beschluß vom 15. Januar 1985 hat das Finanzgericht diesen Antrag mangels hinreichender Erfolgsaussichten der Klage abgelehnt.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde. Mit ihr macht der Kläger (nur) noch geltend, auf die vom Finanzamt geschätzten Anschaffungskosten der Diamanten von netto 150 000 DM sei eine Vorsteuer von 16 500 DM angefallen, so daß die Umsatzsteuer nur 1 323,80 DM betrage. Die abziehbare Vorsteuer ergebe sich aus der von seinen beiden Geschäftspartnern A und B entrichteten Einfuhrumsatzsteuer. Hierfür seien Belege nach dem Gesetz nicht materiell-rechtliche Voraussetzung. Der erforderliche Beweis für die Bezahlung der Einfuhrumsatzsteuer könne durch Vernehmung des Herrn A als Zeugen geführt werden. Der Antragsteller sei auch bei der Einfuhr Verfügungsberechtigter im Sinn des Urteils des Bundesfinanzhofs vom 24. April 1980 V R 52/73 (BFHE 130, 564, BStBl II 1980, 615) gewesen. Die Diamanten, die von den Herren A und B nach Deutschland gebracht worden seien, hätten sich nämlich im Zeitpunkt der Einfuhr im Zustand der bestimmungsgemäßen Beförderung an ihn befunden, sei es, daß er der noch zu bestimmende Unternehmer war oder daß die Herren A und B aufgrund eines gesellschaftsrechtlichen Verhältnisses dem Kläger gegenüber verpflichtet gewesen seien, ihm alle eingeführten Diamanten zum Weiterverkauf zu übergeben.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde des Antragstellers (Klägers) ist unbegründet. Die vom Kläger beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG 1967 kann der Unternehmer bei Vorliegen der personenbezogenen Tatbestandsmerkmale die entrichtete Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände abziehen, die für sein Unternehmen eingeführt worden sind. Abzugsberechtigt ist derjenige Unternehmer, der im Zeitpunkt der Einfuhr die Verfügungsmacht über den eingeführten Gegenstand besitzt (BFH-Urteil in BFHE 130, 564, BStBl II 1980, 615). Entgegen der aus dem Schriftsatz des Klägers vom 4. Februar 1985 erkennbaren Rechtsauffassung steht der Zeitpunkt der Einfuhr nicht dem der Entstehung der Einfuhrumsatzsteuer gleich. Zeitpunkt der Einfuhr ist in sinngemäßer Anwendung des § 1 Abs. 2 Satz 2 ZG aufgrund von § 21 Abs. 2 Satz 1 UStG 1967 vielmehr der Zeitpunkt des Verbringens von Gegenständen in das Zollgebiet; maßgebend ist der tatsächliche Vorgang des Überschreitens der Zollgrenze (Urteile des Bundesfinanzhofs vom 14. Mai 1969 VII R 47/66, BFHE 96, 79; vom 26. April 1972 VII R 109/69, BFHE 105, 545, 547, und vom 25. Januar 1977 VII R 11/74, BFHE 121, 559; Schwarz/Wockenfoth, Zollgesetz, Kommentar, Teil C Einfuhrumsatzsteuer, Anm. 26; vgl. auch § 1 Allgemeine Zollordnung).

Zu Recht hat das Finanzgericht angenommen, daß dem Vortrag des Klägers in der Vorinstanz nicht entnommen werden konnte, er habe im maßgebenden Zeitpunkt der tatsächlichen Einfuhr die Verfügungsmacht über die Diamanten gehabt. An dieser Beurteilung ändert das Vorbringen des Klägers im Beschwerdeverfahren nichts.

Soweit sich der Kläger darauf stützt, daß er für den Teil der Diamanten, für den er die Kopie eines Zollverwendungsscheins vorgelegt hat, nach den Grundsätzen des Urteils in BFHE 130, 564, BStBl II 1980, 615 die Verfügungsmacht infolge der Regelung des § 3 Abs. 7 UStG 1967 gehabt habe, steht dem der von ihm selbst vorgetragene Sachverhalt entgegen, wonach die Einfuhr für einen erst noch zu bestimmenden Abnehmer erfolgt ist; der Kläger konnte, weil er zum Zeitpunkt der Einfuhr noch nicht als Abnehmer bekannt war, keine Verfügungsmacht haben.

Soweit nach Anknüpfung der Geschäftsbeziehungen mit dem Kläger weitere Diamanten über die Herren A und B an den Kläger gelangten, lag die Verfügungsmacht im Zeitpunkt der - allerdings nicht belegten - Einfuhr deshalb nicht beim Kläger, weil im Fall des Verbringens der verbringende Unternehmer im Zeitpunkt der Einfuhr noch die Verfügungsmacht hat (BFH-Urteil in BFHE 130, 564, BStBl II 1980, 615). Abgesehen davon kann nach den Ausführungen des Klägers auch in diesem Fall nicht davon ausgegangen werden, daß er im Zeitpunkt der Einfuhr bereits als Abnehmer aufgrund eines zur Lieferung verpflichteten Umsatzgeschäftes feststand. Denn er hat lediglich ausgeführt, daß aufgrund einer gesellschaftlichen Treuepflicht die Verpflichtung bestanden habe, alle Diamanten, die die Herren A und B in das Bundesgebiet einführten, dem Kläger zum weiteren Verkauf zu übergeben. Hieraus könnte allenfalls entnommen werden, daß eine Verpflichtung bestand, dem Kläger die Diamanten zur Abnahme anzubieten.

 

Fundstellen

BFH/NV 1986, 243

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Finance Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge