Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Bestimmung des umsatzsteuerrechtlichen Leistungsempfängers beim Handeln im Namen eines Dritten

 

Leitsatz (NV)

Grundsätzlich ist demgemäß nach § 164 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches bei einem Handeln im Namen eines anderen umsatzsteuerrechtlich diesem die dem Lei stungsempfänger erbrachte Leistung zuzurechnen (Anschluß an BFH-Urteil vom 28. November 1990 V R 31/85, BFHE 164, 134, BStBl II 1991, 381). In Ausnahmefällen richtet sich die Beurteilung allerdings nicht nur nach den Rechtsbeziehungen zwischen dem Vertretenen und dem Leistungsempfänger; in die Prüfung ist vielmehr auch das Innenverhältnis zwischen dem Vertreter und dem Vertretenen einzubeziehen (Anschluß an BFH-Urteil in BFHE 150, 459, BStBl II 1987, 746). Ob auch das Innenverhältnis einer Prüfung zu unterziehen ist, hängt von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab.

 

Normenkette

UStG § 2 Abs. 2

 

Tatbestand

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hatte in der Zeit vom 1. März 1982 bis 31. Juli 1985 einen Handel mit neuen und gebrauchten Kfz angemeldet. Eingangs- und Ausgangsrechnungen lauteten auf ihren Namen. Betriebliche Geldzu- und -abflüsse erfolgten auf ein Konto, das auf ihren Namen lief. Barquittungen tragen entweder ihre oder die Unterschrift des B, ihres früheren Lebensgefährten. Aufgrund einer Anzeige des B fand für die Streitjahre eine Steuerfahndungsprüfung statt, die zu einer Erhöhung der Umsatzsteuer wegen unvollständiger Erfassung von Umsätzen und wegen Angabe von Eigengeschäften als Agenturgeschäfte führte. Im Einspruchs- und Klageverfahren gegen die geänderten Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre trug die Klägerin vor, nicht sie, sondern B sei Unternehmer des Kfz-Handels gewesen. Sie habe den Betrieb zwar auf ihren Namen angemeldet, tatsächlich sei er jedoch auf die Rechnung des B betrieben worden. Sie habe lediglich als "Strohfrau" fungiert. Im Jahre 1985 sei es zu Streitigkeiten zwischen ihr und B gekommen, da sie bemerkt habe, daß B dem Unternehmen Geld entzogen habe. Ihm sei Vollmacht über das betriebliche Bankkonto eingeräumt gewesen. Nachdem sie aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen sei, habe sich B nicht mehr um den Autohandel gekümmert; deshalb habe sie das Unternehmen mit Wirkung vom 1. August 1985 verkauft. B sei zwar als ihr Vertreter aufgetreten. Er habe jedoch unter ihrem Namen für eigene Rechnung gehandelt.

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage ab gewiesen. Es führt im wesentlichen aus: Umsatzsteuerrechtlich sei grundsätzlich derjenige als Unternehmer anzusehen, der als solcher im Außenverhältnis in Erscheinung trete, in dessen Namen also die Lieferungen und sonstigen Leistungen bewirkt worden seien. Hiervon gelte nur dann eine Ausnahme, wenn dieser Arbeitnehmer eines anderen sei (Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 15. Juli 1987 X R 19/80, BFHE 150, 459, BStBl II 1987, 746). Im Streitfall sei allein die Klägerin nach außen als Berechtigter und Verpflichteter aufge treten. Auf sie lauteten Eingangs- und Ausgangsrechnungen. In der Geschäftskor respondenz, die regelmäßig von ihr unterschrieben sei, sei sie als Betriebsinhaberin ausgewiesen. Barquittungen seien überwiegend von ihr unterschrieben. Ihr seien daher die Ausgangsleistungen des Kfz-Handels zuzurechnen. Ein Treuhandverhältnis sei von B bestritten und von der Klägerin nicht nachgewiesen worden, im übrigen auch den Vertragspartnern gegenüber nicht offengelegt worden. Für die Unternehmer eigenschaft der Klägerin spreche auch, daß sie den Betrieb im eigenen Namen weiterveräußert und einen Strafbefehl wegen Verkürzung der streitigen Umsatzsteuer akzeptiert habe. B sei nicht unter fremdem Namen, sondern als Vertreter der Klägerin aufgetreten. Unter fremdem Namen trete auf, wer Verträge unter Verwendung eines anderen Namen abschließe, dabei aber selbst als Vertragspartner und Leistender auftrete. B habe nicht selbst als Berechtigter und Verpflichteter unter dem Namen der Klägerin am Geschäftsverkehr teil genommen, sondern als Vertreter der Klägerin. Das FG hat die Revision nicht zugelassen.

Mit der Beschwerde begehrt die Klägerin Zulassung der Revision wegen grundsätz licher Bedeutung der Rechtssache. Der Rechtsstreit werfe folgende Rechtsfrage auf:

a) Genügt es für die Beurteilung der Frage im Umsatzsteuerrecht, ob jemand als Vertreter tätig ist oder unter fremdem Namen handelt, allein -- wie im Zivilrecht, bei dem der Verkehrsschutz im Vordergrund steht -- auf das Auftreten nach außen hin abzustellen, d. h. wie man sich im Wirtschaftsverkehr gegenüber Geschäftspartnern darstellt, oder

b) ist nicht ein Handeln "unter fremdem Namen auf eigene Rechnung" mit der Konsequenz der Umsatzsteuerpflicht beim Handelnden denkbar trotz eines Auftretens nach außen "in fremdem Namen und auf fremde Rechnung".

Das FG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unzulässig. Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache entspricht nicht den Erfordernissen des § 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i. S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung das Interesse der All gemeinheit an der Fortentwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Es muß sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln (ständige Rechtsprechung, vgl. u. a. BFH-Beschluß vom 27. Juni 1985 I B 23/85, BFHE 144, 133, BStBl II 1985, 605 m. w. N.). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen für eine grundsätzliche Bedeutung muß in der Beschwerdeschrift dargelegt werden (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO).

Die Darlegungen der Klägerin reichen hierfür nicht aus. Bei der unter b) aufgeworfenen Frage handelt es sich nicht um eine im Streitfall klärungsfähige Rechtsfrage. Die unter a) aufgeworfene Frage ist durch die Rechtsprechung des BFH geklärt. Wer Leistender im Sinne des Umsatzsteuerrechts ist, ergibt sich im allgemeinen aus den dem Leistungsaustausch zugrundeliegenden zivilrechtlichen Rechtsbeziehungen (vgl. BFH-Urteile vom 13. März 1987 V R 33/79, BFHE 149, 313, BStBl II 1987, 524, und vom 24. September 1987 V R 152/78, BFHE 151, 90, BStBl II 1988, 29). Grundsätzlich ist demgemäß nach § 164 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches bei einem Handeln im Namen eines anderen umsatzsteuerrechtlich diesem die dem Leistungsempfänger erbrachte Leistung zuzurechnen (vgl. BFH-Urteil vom 28. November 1990 V R 31/85, BFHE 164, 134, BStBl II 1991, 381). In Ausnahmefällen richtet sich die Beurteilung allerdings nicht nur nach den Rechtsbeziehungen zwischen dem Vertretenen und dem Leistungsempfänger; in die Prüfung ist vielmehr auch das Innenverhältnis zwischen dem Vertreter und dem Vertretenen einzubeziehen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 150, 459, BStBl II 1987, 746). Ob auch das Innenverhältnis einer Prüfung zu unterziehen ist, hängt von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab. Die Klägerin hat zwar behauptet, der Rechtsstreit habe über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung; denn die aufgeworfene Frage könne die Rechtsanwendung in einer Grundproblematik des Umsatzsteuerrechts, wer leistender Unternehmer sei, fortentwickeln und vereinheitlichen. Diese allgemein gehaltene Aussage läßt aber nicht erkennen, inwiefern für die aufgeworfene Rechtsfrage weiterer Klärungsbedarf besteht und deshalb die Entscheidung anhand der besonderen Umstände des Streitfalls im Allgemeininteresse liegt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 419767

BFH/NV 1995, 352

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