Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen an ein Ablehnungsgesuch

 

Leitsatz (NV)

1. Ein Ablehnungsgesuch ist nicht hinreichend substantiiert, wenn es deshalb keinen auf die Person des abgelehnten Richters bezogenen individuellen Ablehnungsgrund enthält, weil es sich pauschal auf Kollegialentscheidungen stützt, bei denen sich aufgrund des Beratungsgeheimnisses ohnehin nicht feststellen läßt, inwieweit sie auf der Ansicht des abgelehnten Richters beruhen.

2. Der Hinweis eines Richters auf seine Meinung zum voraussichtlichen Verfahrensausgang rechtfertigt auch dann grundsätzlich (noch) kein Ablehnungsgesuch, wenn er seinen Hinweis mit der Empfehlung einer Klagerücknahme verbindet.

 

Normenkette

FGO § 51

 

Verfahrensgang

FG Baden-Württemberg

 

Tatbestand

Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) haben bei dem Finanzgericht (FG) Baden- Württemberg u. a. gegen die Einkommensteuerfestsetzungen für die Jahre 1981 bis 1993 Klage erhoben. Nachdem der zuständige Senat des FG ihren Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Einkommensteuerfestsetzungen für die Streitjahre abgelehnt hatte, haben die Kläger den Vorsitzenden dieses Senats wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.

Das FG hat das Ablehnungsgesuch mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1997, 1029 veröffentlichten Beschluß vom 15. April 1997 6 K 80/95 als offensichtlich unzulässig zurückgewiesen. Zur Begründung hat das FG ausgeführt, das Ablehnungsgesuch sei teilweise unsubstantiiert und gehe insoweit von vornherein ins Leere, als nichts zur Verantwortlichkeit des abgelehnten Richters in bezug auf die Entscheidung zur Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung vorgetragen werden könne. Im übrigen seien Gründe dafür, daß die beanstandete Entscheidung auf einer unsachlichen Einstellung des Richters gegenüber den Klägern beruhe, weder dargelegt noch erkennbar. Schließlich sei das Gesuch wegen seines verunglimpfenden Inhalts unstatthaft.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde machen die Kläger geltend, aus der Behandlung mehrerer vorangegangener, dieselben Rechtsfragen betreffenden Verfahren ergebe sich eine Voreingenommenheit des abgelehnten Richters. Besonders deutlich werde dies dadurch, daß ihnen auf seine Anordnung hin nahegelegt worden sei, die Klage im Hinblick auf den die Aussetzung der Vollziehung ablehnenden Beschluß zurückzunehmen.

Die Kläger beantragen,

unter Aufhebung des Beschlusses des FG vom 15. April 1997 dem Ablehnungsgesuch stattzugeben.

Das beklagte Finanzamt beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unbegründet. Das FG hat das Ablehnungsgesuch zu Recht als offensichtlich unzulässig zurückgewiesen.

Das Ablehnungsgesuch der Kläger ist nicht hinreichend substantiiert; es enthält nämlich keinen auf die Person des abgelehnten Richters bezogenen individuellen Ablehnungsgrund (vgl. dazu Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., §51 Anm. 19, m. w. N.). Die Kläger leiten ihre Besorgnis der Voreingenommenheit zunächst aus den für sie nachteiligen Entscheidungen des Senats des FG her. Abgesehen davon, daß ein Ablehnungsgesuch nach ständiger Rechtsprechung nicht allein auf eine für unrichtig gehaltene richterliche Beurteilung gestützt werden kann (vgl. z. B. Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 7. April 1988 X B 4/88, BFH/NV 1989, 587, mit zahlreichen Nachweisen), handelt es sich bei den von den Klägern angeführten Entscheidungen und Kollegialentscheidungen, bei denen sich aufgrund des Beratungsgeheimnisses ohnehin nicht feststellen läßt, inwieweit sie auf der Ansicht des abgelehnten Richters beruhen.

Unsubstantiiert ist das Ablehnungsgesuch auch insoweit, als die Kläger geltend machen, ihnen sei auf Veranlassung des abgelehnten Richters nahegelegt worden, die Klage im Hinblick auf den die Aussetzung der Vollziehung ablehnenden Beschluß zurückzunehmen. Zum einen rechtfertigt der Hinweis eines Richters auf seine Meinung zum voraussichtlichen Verfahrensausgang auch dann grundsätzlich (noch) kein Ablehnungsgesuch, wenn er seinen Hinweis mit der Empfehlung einer Klagerücknahme verbindet (z. B. BFH-Beschluß vom 5. März 1971 VI B 64/70, BFHE 102, 10, BStBl II 1971, 527). Zum anderen ist der von den Klägern beanstandete Hinweis der Geschäftsstelle ausweislich der Akten nicht durch den abgelehnten Senatsvorsitzenden veranlaßt worden.

 

Fundstellen

BFH/NV 1998, 718

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