Entscheidungsstichwort (Thema)

Unzulässigkeit der Beschwerde gegen eine einstweilige Anordnung

 

Leitsatz (NV)

1. § 114 Abs. 4 Satz 1 FGO schließt die Beschwerde gegen den Beschluß, durch den eine einstweilige Anordnung erlassen worden ist, aus. Eine Umdeutung der Beschwerde in einen Antrag auf mündliche Verhandlung kommt nicht in Betracht.

2. Eine fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung führt nicht zur Zulässigkeit einer nach dem Gesetz unstatthaften Beschwerde.

 

Normenkette

FGO § 114 Abs. 2 Sätze 1-2, Abs. 4 Sätze 1-2, §§ 117, 128 Abs. 1; GKG § 2 Abs. 1, § 8 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1; ZPO § 925 Abs. 1

 

Gründe

Das Rechtsmittel des Finanzamts (FA) ist unzulässig.

Nach § 128 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist gegen einen Beschluß des Finanzgerichts (FG) die Beschwerde gegeben, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist. Eine solche andere Bestimmung enthält im Bereich der einstweiligen Anordnung § 114 Abs. 4 Satz 1 FGO. Hiernach ist gegen den Beschluß, durch den eine einstweilige Anordnung erlassen worden ist, der Antrag auf mündliche Verhandlung der einzige Rechtsbehelf; andere Rechtsbehelfsmöglichkeiten, insbesondere die Beschwerde, werden hierdurch verdrängt (Bundesfinanzhof - BFH -, Beschlüsse vom 8. Dezember 1972 VI B 39/72, BFHE 107, 492, BStBl II 1973, 245; vom 13. April 1978 IV B 63/77, BFHE 125, 120, BStBl II 1978, 461).

Eine Umdeutung der im Streitfall vom FA gegen den Erlaß der einstweiligen Anordnung eingelegten Beschwerde in einen Antrag auf mündliche Verhandlung ist wegen der funktionellen Zuständigkeitsregelung zugunsten des im finanzgerichtlichen Verfahren erstinstanzlichen Gerichts nicht möglich. Das FG als das Gericht der Hauptsache (§ 114 Abs. 2 Satz 1 und 2 FGO) ist nach dem Willen des Gesetzgebers dazu berufen, die von ihm erlassene einstweilige Anordnung auf Antrag des unterlegenen Beteiligten auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen und das Verfahren nach mündlicher Verhandlung durch Endurteil (§ 114 Abs. 4 Satz 2 FGO i. V. m. § 925 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung - ZPO -) zu erledigen. Hiergegen ist die Revision nicht zulässig (§ 117 FGO), so daß der Streitfall auch insoweit nicht zum BFH gelangen kann.

Bereits diese funktionelle Zuständigkeitsregelung schließt es aus, wegen der unrichtigen Rechtsmittelbelehrung im Beschluß des FG die Beschwerde zum BFH zu eröffnen. Darüber hinaus entspricht es der ständigen Rechtsprechung des BFH, daß eine fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung nicht zur Zulässigkeit einer nach dem Gesetz unstatthaften Beschwerde führen kann (vgl. Beschluß des Senats vom 3. Dezember 1985 VII B 65/85, BFH/NV 1986, 419, m. w. N.).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO. Der Senat kann von einer Entscheidung nach § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) wegen der fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung zumindest deshalb absehen, weil das FA von der Zahlung von Gerichtskosten befreit ist (§ 2 Abs. 1 GKG).

 

Fundstellen

Haufe-Index 423099

BFH/NV 1992, 677

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