Wird ein gewerblicher Betrieb eingestellt, hat dies grundsätzlich die Realisierung aller stillen Reserven im Betriebsvermögen zur Folge. Es liegt dann der Tatbestand einer Betriebsveräußerung bzw. einer Betriebsaufgabe i. S. d. § 16 Abs. 1 bzw. 3 EStG vor.

Diese grundsätzliche Rechtsfolge tritt bei einer Betriebsverpachtung aber nicht zwingend ein. Denn wird ein Betrieb im Ganzen verpachtet, besteht für den bisherigen Betriebsinhaber im Regelfall die Möglichkeit, den Betrieb später selbst wieder fortzuführen. Eine objektive Möglichkeit dafür reicht bereits aus, dass nicht zwingend von einer Betriebsaufgabe auszugehen ist. Vielmehr entspricht es der ständigen Rechtsprechung des BFH[1], bei einer derartigen Konstellation dem Betriebsinhaber ein Wahlrecht zuzubilligen, wonach er die sog. Betriebsfortführungsfiktion wählen kann. Die Betriebsverpachtung wird dann wie eine nur vorübergehende Betriebsunterbrechung gewertet.

2.1 Wahlrecht

Die Finanzverwaltung konnte sich der Rechtsprechung anschließen und hat das sog. Verpächterwahlrecht als Verwaltungsauffassung übernommen.[1] . Danach hat ein Steuerpflichtiger, der seinen Betrieb im Ganzen verpachtet und für den (oder für dessen Rechtsnachfolger) objektiv die Möglichkeit besteht, den Betrieb später fortzuführen, folgendes Wahlrecht:

  • Er kann entweder weiterhin gewerbliche Einkünfte aus der Verpachtung erklären – die Betriebsverpachtung im Ganzen – oder
  • eine Aufgabeerklärung abgeben und damit eine Betriebsaufgabe i. S. d. § 16 EStG erklären, mit der Folge, dass er die stillen Reserven aufdecken und versteuern muss.

Wird bei einer Betriebsverpachtung keine Aufgabeerklärung abgegeben, stellen die Pachteinnahmen weiterhin Einkünfte aus Gewerbebetrieb dar und es kommt (zunächst noch) zu keiner Aufdeckung der im verpachteten Betrieb enthaltenen stillen Reserven. Für die Betriebsfortführung gibt es grundsätzlich keine zeitliche Begrenzung.[2]

[1] Früher R 16 Abs. 5 EStR 2008, jetzt H 16 (5) Verpächterwahlrecht EStH 2020.

2.1.1 Sachliche Voraussetzungen

Für eine Betriebsverpachtung im Ganzen ist Voraussetzung, dass in sachlicher Hinsicht

  • ein Betrieb oder Teilbetrieb verpachtet wird und
  • der Pächter den Betrieb fortsetzen kann.

Dies erfordert, dass ein Betrieb im Ganzen als "geschlossener Organismus" überlassen wird. Für die Praxis ist hierbei vor allem darauf abzustellen, ob dem Pächter alle wesentlichen Betriebsgrundlagen zur Verfügung gestellt werden. Welche Wirtschaftsgüter dazu gehören, richtet sich nach den Gegebenheiten des Einzelfalls.

Allerdings ist hierbei nicht auf den Wert des Wirtschaftsguts bzw. auf die Höhe der enthaltenen stillen Reserven abzustellen, sondern die Rechtsprechung zieht eine funktionale Betrachtung heran. Damit ist auf die dem Betrieb das Gepräge gebenden Betriebsgegenstände abzustellen. Dies sind i. d. R. ein Betriebsgrundstück bzw. die Räumlichkeiten, nicht jedoch das Inventar oder jederzeit wieder beschaffbare Gegenstände.

Alle funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen[1] müssen überlassen werden, sodass der Verpächter objektiv in der Lage bleibt, den Betrieb nach Kündigung des Pachtvertrags ohne wesentliche Änderung selbst wieder aufzunehmen. Die Voraussetzungen dafür können im Einzelfall auch bei einer branchenfremden Verpachtung zu bejahen sein.[2] Eine erforderliche, zu umfassende Umgestaltung der wesentlichen Betriebsgrundlagen ist jedoch schädlich, sofern dadurch eine künftige Nutzung in der bisherigen Form ausgeschlossen wird.[3]

2.1.2 Persönliche Voraussetzungen

Zu den Voraussetzungen in persönlicher Hinsicht gehören, dass

  • der Verpächter eine natürliche Person oder eine Personengesellschaft ist,
  • der Verpächter oder dessen Rechtsvorgänger den Betrieb bisher selbst aktiv betrieben hat,
  • eine Fremdverpachtung vorliegt und damit insbesondere keine Betriebsaufspaltung gegeben ist,
  • die Absicht besteht, den Betrieb später wieder selbst aktiv zu betreiben.

Diese Absicht zur Fortführung des Betriebs wird bereits als gegeben betrachtet, solange noch keine Aufgabeerklärung erfolgt ist und die Betriebsfortführung objektiv möglich ist. Weitergehende Anforderungen an die "Absicht" als solche werden nicht gestellt.[1] Auch ist es ausreichend, wenn ein Rechtsnachfolger objektiv in der Lage ist, den Betrieb wieder aufzunehmen.[2]

Wurde das Verpächterwahlrecht ausgeübt, setzt sich dies bei einem unentgeltlichen Erwerber als Rechtsnachfolger fort; z. B. bei Schenkung oder Erbfall. Dieser Grundsatz gilt auch bei einem teilentgeltlichen Erwerb.[3] Eine entgeltliche Übertragung führt als Betriebsveräußerung jedoch zur Aufdeckung der stillen Reserven.

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