Leitsatz

Klägerin ist eine GmbH & Co. KG, die unstreitig bis Ende 1987 Besitzgesellschaft im Rahmen einer Betriebsaufspaltung mit der X-GmbH war. Finanzamt und KG streiten darüber, ob die → Betriebsaufspaltung im Streitjahr 1988 durch Wegfall der personellen Verflechtung beendet worden ist.

Ursprünglich waren Gesellschafter der KG neben der nicht am Gesellschaftsvermögen beteiligten Komplementär-GmbH die Kommanditisten V mit einer Beteiligung von 60 %, seine Ehefrau M sowie deren 3 Kinder U, A und E. Sämtliche Kommanditisten waren zugleich auch die alleinigen Gesellschafter der GmbH mit nahezu identischem Beteiligungsverhältnis. Nachdem der Gesellschaftsvertrag der KG dahingehend geändert worden ist, dass hinsichtlich aller Vorgänge, die den Mietvertrag mit der GmbH sowie die vermieteten Grundstücke betreffen, die Zustimmung der Gesellschafterversammlung erforderlich ist und die Beschlüsse der Gesellschafter einstimmig gefasst werden müssen, übertrug durch Schenkungsvertrag vom 2. 1. 1988 die Gesellschafterin U ihren Kommanditanteil von 9 % auf ihren Ehemann H. Die Beteiligungsverhältnisse an der GmbH blieben unverändert. Die KG ist der Ansicht, im Hinblick auf das Einstimmigkeitserfordernis habe die Übertragung des Kommanditanteils zur Beendigung der Betriebsaufspaltung geführt mit der Folge, dass die Einnahmen der Gesellschafter aus den der GmbH gewährten Darlehen bzw. stillen Beteiligungen an der GmbH keine Sonderbetriebseinnahmen mehr seien und dementsprechend nicht den Gewerbeertrag der KG erhöhten. Dem folgte das Finanzamt nach Durchführung einer Außenprüfung jedoch nicht.

Der BFH indes sieht die Sache anders. Er entscheidet, dass die personelle Verflechtung mit der Übertragung des Kommanditanteils auf H entfallen ist. H ist als einziger Kommanditist nur an der KG (Besitzgesellschaft) und nicht zugleich an der GmbH (Betriebsgesellschaft) beteiligt. Die Übrigen Kommanditisten können ihren in Bezug auf die GmbH bestehenden Geschäftswillen in der KG ohne H rechtlich nicht durchsetzen, nachdem einige Zeit zuvor Einstimmigkeit der Gesellschafterbeschlüsse vereinbart worden ist. Das Einstimmigkeitsprinzip bezieht sich auch auf die Geschäfte des täglichen Lebens, soweit sie das Mietverhältnis und die Verwaltung der Grundstücke betreffen. Da Anhaltspunkte dafür, daß V oder die an Besitz- und Betriebsgesellschaft beteiligten Gesellschafter die KG faktisch beherrscht haben, nicht ersichtlich sind, ist von einer Beendigung der Betriebsaufspaltung infolge Wegfalls der personellen Verflechtung auszugehen. Anzumerken ist, daß die Schaffung des Einstimmigkeitsprinzips für sich keine rechtsmißbräuchliche Gestaltung darstellt (§ 42 AO).

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 21.01.1999, IV R 96/96

Anmerkung

Anmerkung: Die Finanzverwaltung hat frühere Urteile des BFH ähnlichen Inhalts nicht angewendet. Mit Erlassen v. 29. 3. 1985 (BStBl 1985 I S. 121) und v. 23. 1. 1989 (BStBl 1989 I S. 39) hat sie die Auffassung vertreten, es reiche für die personelle Verflechtung aus, wenn die Mehrheitspersonengruppe infolge des Einstimmigkeitsprinzips zwar nicht rechtlich, aber doch tatsächlich in der Lage sei, ihren unternehmerischen Willen in der Besitzgesellschaft durchzusetzen. Es bleibt abzuwarten, wie die Finanzverwaltung auf das neuerliche Urteil des BFH reagieren wird.

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