Rz. 82

HK sind die Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines VG, seiner Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen. Die vom Gesetzgeber mit der Formulierung vorgenommene Klassifizierung als Aufwendungen bezieht sich auf noch nicht periodisierte Ausgaben. Bei den AK handelt es sich um Aufwendungen, die dazu verwandt werden, einen VG zu erwerben und in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen. Sofern sie dem VG einzeln zugeordnet werden können, fallen unter die AK ferner die Nebenkosten sowie die nachträglichen AK (Rz 1 ff.). Das grundlegende Abgrenzungskriterium für das Vorliegen von AK oder HK stellt entsprechend der Erwerb dar. Da sich der Herstellungsvorgang sowohl im eigenen Unt als auch mittels Fremdherstellung vollziehen kann, erlangt die weitere Beschäftigung mit der Abgrenzung zwischen den AK und den HK jedoch eine darüber hinausgehende Bedeutung. Bei einer Erstellung von VG durch fremde Dritte ist für die Abgrenzung relevant, wer das wirtschaftliche Risiko trägt.

 

Rz. 83

Die handelsrechtlichen Vorgaben zu den HK sollen sicherstellen, dass nur tatsächlich angefallene Ausgaben aktiviert werden und die Herstellung so zu einer erfolgsneutralen Vermögensumschichtung führt. Der handelsrechtliche Begriff der HK ist wie jener der AK demnach pagatorischer Natur. Kosten ohne Verbindung zu Ausgaben, sog. Zusatzkosten, oder Anderskosten, denen abweichende Ausgaben gegenüberstehen, dürfen nicht angesetzt werden. Die Kostenrechnung ist entsprechend daran auszurichten (Rz 156 ff.). Das Prinzip der Erfolgsneutralität führt dabei zu einem finalen HK-Verständnis – grds. sind sämtliche getätigte Ausgaben, die mit dem Ziel der Herstellung verknüpft sind, den HK zuzurechnen.[1] Wird der Vorgang der Herstellung jedoch zu weit gefasst und werden Kosten eingerechnet, denen kein entsprechender Wert gegenübersteht, kann es zu Überbewertungen kommen. Dem Vorsichtsprinzip folgend ist bei drohender Überbewertung von einer Aktivierung abzusehen.[2] Wie auch die AK müssen die HK werthaltig sein.[3]

 

Rz. 84

Auch wenn mit der Streichung der umgekehrten Maßgeblichkeit der Einfluss steuerrechtlicher Regelungen auf die Auslegung des Handelsrechts formal verhindert wird, ist weiter von einer engen Verbindung auszugehen, da einerseits allein aufgrund des Postulats der Wirtschaftlichkeit keine unnötigen Abweichungen zwischen der handels- und steuerrechtlichen Abbildung sinnvoll sind und andererseits aufgrund der umfangreichen Spruchpraxis der Finanzgerichte bereits vielfach GoB geschaffen wurden, die grds. als GoB auch im Handelsrecht gelten. Neben der Rechtsprechung und steuerlichen Änderungen (auch nach dem Wegfall der umgekehrten Maßgeblichkeit und damit ohne entsprechenden Bezug bzw. entsprechende (explizite) Steuerrechtverknüpfung) beeinflussen regelmäßig auch Verlautbarungen des IDW, Diskussionen des DRSC oder des IASB sowie international anerkannte Rechnungslegungsnormen (IFRS) die GoB als allgemein anerkannte Regeln über das Führen der Handelsbücher und das Erstellen des Jahresabschlusses aus Rechtsprechung, Schrifttum und Praxis. Für Sachverhalte, die nicht im HGB geregelt sind, kann es kein Diktat des Bezugs zu steuerrechtlichen Vorschriften geben.

[1] Vgl. Döllerer, BB 1966, S. 1405; BFH, Urteil v. 13.10.1983, IV R 160/78, BStBl 1984 II S. 101; Moxter, Bilanzrechtsprechung, 5. Aufl. 1999, S. 188.
[2] Vgl. Kahle, in Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, § 255 HGB Rz 134, Stand: 12/2021; zur Anforderung der Werthaltigkeit s. a. BFH, Urteil v. 4.7.1990, GrS 1/89, BStBl 1990 II S. 830; Moxter, Bilanzrechtsprechung, 5. Aufl. 1999, S. 189; ADS, 6. Aufl. 1995–2001, § 255 HGB Rz 118.
[3] Vgl. Ballwieser, in MünchKomm. HGB, 3. Aufl. 2013, § 255 HGB Rn 51.

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