Rz. 49

Der Gesetzgeber geht davon aus, dass der Abschlussprüfer (AP) des Jahresabschlusses des MU i. d. R. auch den Konzernabschluss prüft. Der AP des Jahresabschlusses gilt als zum Konzernabschlussprüfer gewählt, wenn keine separate Wahl erfolgt (Wahl kraft Fiktion, § 318 Abs. 2 Satz 1 HGB). Für eine Prüfung des Konzernabschlusses durch den AP des MU spricht, dass er die Verhältnisse des MU und häufig auch der wichtigsten Konzernunternehmen am ehesten kennt.[1]

 

Rz. 50

Vor einem Wahlvorschlag, der auf eine gesonderte Wahl eines Konzernabschlussprüfers verzichtet, haben sich die Vorschlagenden davon zu überzeugen, dass der Prüfer des Jahresabschlusses auch die Konzernabschlussprüfung ordnungsmäßig durchführen kann. Sie haben hierzu insb. die personelle und sachliche Ausstattung des Prüfers zu berücksichtigen. Der Prüfer muss von der zu prüfenden Gesellschaft über den Umfang der einzubeziehenden Abschlüsse, insb. der Abschlüsse ausländischer TU, informiert werden, damit er beurteilen kann, ob er personell und sachlich dem Prüfungsauftrag gerecht werden kann und ob er die Kenntnisse besitzt, die zur Durchführung dieser speziellen Konzernabschlussprüfung erforderlich sind. Die "automatische" Bestellung des Jahresabschlussprüfers zum Konzernabschlussprüfers entbindet die im zu prüfenden Unt für die Bestellung des AP zuständigen Gremien somit nicht von ihrer Pflicht, die Eignung des vorgesehenen AP für die anstehende Konzernabschlussprüfung zu beurteilen.

Ein Konzernabschlussprüfer ist gem. § 318 Abs. 2 HGB auch dann bestellt, wenn die gesetzlichen Vertreter bzw. die Gesellschafter des MU versehentlich annehmen, dass ein Konzernabschluss weder aufzustellen noch zu prüfen ist.[2] Der Prüfer des Jahresabschlusses hat alle Rechte eines Konzernabschlussprüfers und muss beurteilen, ob ggf. ein Konzernabschluss aufzustellen und zu prüfen ist.

 

Rz. 51

Es ist denkbar, dass auch lediglich der Konzernabschluss, nicht aber der Jahresabschluss des MU prüfungspflichtig ist, weil Letzterer die relevanten Größenkriterien nach § 267 HGB nicht überschreitet. Eine automatische Bestellung des Jahresabschlussprüfers zum Konzernabschlussprüfer greift in diesem Fall nicht, da die freiwillige Prüfung des Jahresabschlusses anderen Regelungen unterliegt als die Pflichtprüfung des Konzernabschlusses.[3] Insofern empfiehlt sich hier die gesonderte Wahl eines Konzernabschlussprüfers.

 

Rz. 52

Die Wahl des Konzernabschlussprüfers kann bei einer GmbH oder einer PersG ebenso wie die Wahl des Jahresabschlussprüfers im Gesellschaftsvertrag abweichend von den gesetzlichen Vorgaben geregelt sein (§ 318 Abs. 1 Satz 2 HGB). Dabei kann die Zusammensetzung des den Konzernabschlussprüfer wählenden Personenkreises von der für den Jahresabschluss relevanten Regelung abweichen. In diesem Fall geht die gesellschaftsvertragliche Regelung, die die Kompetenz zur Wahl der verschiedenen AP bewusst unterschiedlich regelt, der gesetzlichen Fiktion der Bestellung des Jahresabschlussprüfers zum Konzernabschlussprüfer vor. Dies hat zur Folge, dass § 318 Abs. 2 HGB in diesem Fall nicht greift. Der Jahresabschlussprüfer ist auch dann, wenn kein Konzernabschlussprüfer bestellt wird, nicht automatisch zum Konzernabschlussprüfer bestellt. Dasselbe gilt, wenn bspw. gesellschaftsvertraglich festgelegt ist, dass Jahresabschluss und Konzernabschluss von unterschiedlichen AP zu prüfen sind und nur ein Jahresabschlussprüfer bestellt wird.

[1] Vgl. Baetge/Thiele, in Küting/Pfitzer/Weber, HdR-E, § 318 HGB Rn 76, Stand: 10/2010.
[2] Vgl. Baetge/Thiele, in Küting/Pfitzer/Weber, HdR, § 318 HGB Rn 78, Stand: 10/2010.
[3] Vgl. Baetge/Thiele, in Küting/Pfitzer/Weber, HdR-E, § 318, HGB Rn 78, Stand: 10/2010. ADS sehen diesen Fall dagegen vom Wortlaut des § 318 Abs. 2 HGB erfasst: ADS, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl. 1995–2001, § 318 HGB Rz 292a.

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