Rz. 1

§ 270 HGB regelt die Abbildung von Kapitalrücklage (§ 272 Abs. 2 HGB) und Gewinnrücklage sowie deren Veränderungen. Von der Regelung der Norm sind Rücklagenbewegungen betroffen, die innerhalb der Ergebnisverwendungsrechnung (Überleitung Jahresüberschuss zu Bilanzgewinn) auszuweisen sind. Davon nicht erfasst sind dagegen solche Rücklagendotierungen, die durch Transaktionen mit den Gesellschaftern entstehen. Darüber hinaus wird der für die Einstellungen oder Auflösungen verantwortliche Organ- bzw. Personenkreis definiert.

 

Rz. 2

Entsprechend der Bestimmung in Abs. 1 hat die Einstellung in die Kapitalrücklage respektive deren Auflösung bereits zum Zeitpunkt der Aufstellung der Bilanz und nicht erst im Anschluss an einen Ergebnisverwendungsbeschluss zu erfolgen.

 

Rz. 3

Gleiches gilt gem. Abs. 2 analog für Entnahmen aus sowie Einstellungen in die Gewinnrücklagen, sofern die Bilanz unter Berücksichtigung der vollständigen oder teilweisen Verwendung des Jahresergebnisses (§ 268 Abs. 1 HGB) aufgestellt wird und die Entnahmen oder Einstellungen nach Gesetz, Gesellschaftsvertrag oder Satzung vorzunehmen sind bzw. auf Basis dieser beschlossen werden. Aus der zwingenden Bestimmung des Abs. 1 ist abzuleiten, dass die Einstellung und/oder Auflösung einer Kapitalrücklage (zunächst) einzig in den Aufgabenbereich der Geschäftsführung und damit des Bilanz aufstellenden Organs (§ 264 Abs. 1 Satz 3 HGB) fällt,[1] ohne aber gesellschaftsrechtliche Konsequenzen zu verdrängen.[2]

 

Rz. 4

Unter der Aufstellung der Bilanz ist dabei das verantwortliche technische Anfertigen[3] dieser zu verstehen. Der Begriff der Aufstellung ist von der Abschlussprüfung (§§ 316ff. HGB), der Feststellung der Bilanz (§§ 172, 173 AktG, § 47 Abs. 5 SEAG und § 42a Abs. 2 Satz 1 GmbHG), der Billigung (§ 171 AktG) und der Erstellung abzugrenzen. Während die Bilanz (bzw. der Jahresabschluss) durch jeden Beauftragten (Leiter ReWe oder externe Dritte, wie z. B. StB) erstellt werden kann, obliegt die Aufstellung dagegen nur den zur Aufstellung Verpflichteten (gesetzliche Vertreter) (§ 264 Rz 38). Die Aufstellungsphase i. S. d. § 270 HGB ist nicht analog zu den durch den Beschleunigungszweck definierten Vorschriften in § 264 Abs. 1 HGB, § 170 Abs. 1 Satz 1 AktG sowie § 42a Abs. 2 Satz 1 GmbHG zu verstehen. § 270 HGB legt aber keine über die Aufstellung des Jahresabschlusses hinausgehende gesonderte Kompetenz für die genannten Passivposten fest. Somit bedürfen auch die hier relevanten Auflösungen und Einstellungen der Feststellung,[4] die stets unter Mitwirkung des Aufsichtsrats, der GesV respektive ggf. der HV erfolgt. Entsprechend liegen Rücklagenveränderungen i. S. d. § 270 HGB zwar im Kompetenz- bzw. Pflichtbereich der Geschäftsführung und damit des bilanzaufstellenden Organs, werden in der Praxis jedoch selten ohne Abstimmung mit dem Feststellungsorgan vonstattengehen.[5]

Bei der Entscheidung über die Feststellung sowie die Ergebnisverwendung können die dafür zuständigen Organe die Entscheidungen der Geschäftsführung revidieren.[6]

 

Rz. 5

Der Terminus "Auflösung" steht für eine ergebnisneutrale Entnahme, d. h., der Betrag ist in der GuV erst in der Überleitungsrechnung vom Jahresergebnis zum Bilanzgewinn auszuweisen.

[1] Vgl. Knop, in Küting/Weber, HdR-E, § 270 HGB Rn 1, Stand 9/2022.
[2] Vgl. Reiner, in MünchKomm HGB, 4. Aufl. 2020, § 270 HGB Rn 2.
[3] S. dazu Reiner, in MünchKomm HGB, 4. Aufl. 2020, § 264 HGB Rn 8; Knop, in Küting/Weber, HdR-E, § 270 HGB Rn 3, Stand 9/2022.
[4] Zur Rolle des § 270 HGB bei der Kompetenzzuordnung s. Thiele, in Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, § 270 HGB Rz 2, Stand 9/2002.
[5] Vgl. Störk/Taetzner, in Beck Bil-Komm., 13. Aufl. 2022, § 270 HGB Rz 2.
[6] Vgl. Reiner, in MünchKomm HGB, 4. Aufl. 2020, § 270 HGB Rn 2.

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