Leitsatz

1. Ein Kfz-Händler, der sich bei der Veräußerung von Fahrzeugen an Leasinggesellschaften verpflichtet, die Fahrzeuge am Ende der Leasingzeit zu einem bestimmten, verbindlich festgelegten Preis zurückzukaufen, kann bei drohenden Verlusten aus einzelnen Geschäften Rückstellungen bilden (Anschluss an BFH-Urteil vom 15.10.1997 I R 16/97, BFHE 184, 439, BStBl II 1998, 249).

2. Die Verluste, die aus einzelnen Rücknahmegeschäften erzielt werden, können nach den – den Besonderheiten dieser Hilfsgeschäfte zum Neuwagengeschäft angepassten – Grundsätzen der retrograden Bestimmung des Teilwerts aus den voraussichtlichen Verkaufspreisen der Gebrauchtwagen ermittelt werden.

 

Normenkette

EStG § 5 Abs. 1 , § 6 Abs. 1

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine KG, veräußert Fahrzeuge an eine GmbH, die die Fahrzeuge an ihre Kunden verleast. Bei Vertragsabschluss verpflichtet sich die Klägerin gegenüber der GmbH, die verkauften Fahrzeuge nach Ablauf der Leasingzeit zu einem verbindlich festgelegten Preis zurückzukaufen. Aus dem Rückkauf und dem anschließenden Weiterverkauf erzielt die Klägerin – je nach dem Zustand des Fahrzeugs im Zeitpunkt der Rückgabe – einen Gewinn oder einen Verlust.

In ihrer Bilanz zum 31.12.1992 bildete die Klägerin für drohende Verluste aus dem Rückkaufgeschäft eine Rückstellung i.H. von 362113,00 DM. Die Klägerin begründete dies wie folgt: Von den 1992 zurückgekauften 157 Fahrzeugen seien 118 (75,16 %) mit einem durchschnittlichen Verlust von je 1550,14 DM weiterverkauft worden. Von den am 31.12.1992 umlaufenden 388 Fahrzeugen seien folglich bei 292 Fahrzeugen (75,16 %) Verluste zu gewärtigen. 292 x 1550,14 DM = 452640,88 DM ./. 20 % Abschlag = rd. 362113,00 DM.

Das Finanzamt meinte demgegenüber, dass bei der Schätzung des Rückstellungsbetrags auch die Gewinn bringenden Geschäfte hätten berücksichtigt werden müssen. Es gelangte deshalb lediglich zu einer Rückstellung i.H. von 262114,00 DM.

Das FG gab der Klage statt (vgl. EFG 1997, 790).

 

Entscheidung

Der BFH hob die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück.

Verluste, die aus einzelnen Rücknahmegeschäften erzielt würden, seien mit den zu erwartenden Gewinnen aus anderen Rücknahmegeschäften nicht zu saldieren. Es gelte der Grundsatz der Einzelbewertung. Die Rückstellung sei unter Berücksichtigung der jeweiligen Rückkaufpreise und des jeweiligen Werts der zurückgenommenen Kfz zu bilden. Maßgebend seien die Teilwerte im Rückkaufzeitpunkt.

Im Streitfall hätten Verlustgeschäfte vorgelegen, wenn die Summe aus dem (im Vorhinein festgelegten) Rücknahmepreis der Gebrauchtwagen und der am Bilanzstichtag noch nicht angefallenen weiteren Selbstkosten höher gewesen sei als der nach den Erfahrungen der Vergangenheit geschätzte Wert der Gebrauchtwagen. Die einzelnen, zum Verlust führenden Geschäfte könnten rechnerisch im Rahmen einer Durchschnittsbewertung zusammengefasst werden.

Die nach dem Bilanzstichtag entstehenden (tatsächlichen oder durchschnittlichen) Selbstkosten und evtl. kalkulatorische Kostenbestandteile könnten nur insoweit berücksichtigt werden, als der gedachte Erwerber des Betriebs sie berechtigterweise geltend machen könnte. Das sei hinsichtlich eines kalkulatorischen Unternehmergewinns dann nicht der Fall, wenn auch der Erwerber – wie der Veräußerer des Betriebs – für bestimmte Geschäfte keinen Gewinn kalkuliert hätte.

Dementsprechend sei die retrograde Bewertungsmethode dort zu modifizieren, wo der An- und Verkauf einzelner Wirtschaftsgüter lediglich als Hilfs- oder Nebengeschäft dazu dienen solle, andere (Gewinn bringende) Geschäfte zu ermöglichen. Würden für diese Wirtschaftsgüter keine Unternehmensgewinne kalkuliert, dürfe bei der Teilwertermittlung von den Veräußerungserlösen auch kein kalkulatorischer Unternehmergewinn abgezogen werden. Davon sei auch im Streitfall auszugehen.

Das FG müsse nunmehr ermitteln, welcher Anteil der pauschal angesetzten "Verkaufskosten" auf nach dem Bilanzstichtag noch zu erwartende Aufwendungen und welcher Teil auf (nicht abziehbare) kalkulatorische Kosten entfalle.

 

Hinweis

Der BFH betont einmal mehr den Grundsatz der Einzelbewertung, der eine Saldierung von Verlust- und Gewinngeschäften ausschließt. Danach ist jedes einzelne Geschäft daraufhin zu überprüfen, ob aus ihm ein Verlust droht. Dies ist dann zu bejahen, wenn das Geschäft voraussichtlich zu einem Verpflichtungsüberhang (Aufwendungsüberhang) führt, d.h. wenn konkrete Anzeichen dafür vorliegen, dass der Wert der eigenen Verpflichtungen aus einem bestimmten Geschäft den Wert des Anspruchs auf die Gegenleistung übersteigt (BFH, Beschluss vom 23.6.1997, GrS 2/93, BStBl II 1997, 735).

Die Rückstellung für drohende Verluste aus Vorratsbeschaffungsgeschäften läuft wirtschaftlich auf eine vorweggenommene Teilwertabschreibung auf die noch nicht gelieferten Vorräte hinaus. Die künftigen Teilwerte sind nach den Verhältnissen des jeweiligen Bilanzstichtags zu ermitteln.

Für nach dem 31.12.1996 endende Wirtschaftsjahre dürfen Rückstellungen für drohende Verluste aus sc...

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