1. Frau P. hat als geschiedene Frau entsprechend ihrer Angehörigeneigenschaft ein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 101 AO. Sie ist auch nicht für Herrn P. auskunftspflichtig. Eine derartige Auskunftspflicht kann sich m. E. nur aus dem Gesetz, insbesondere den §§ 34, 35 AO, und nicht aus dem Arbeitsvertrag ergeben. Ob Frau P. durch ihre Weigerung den Arbeitsvertrag verletzt, ist für § 101 AO unbeachtlich. Da Frau P. keine Verfügungsberechtigte i. S. des § 35 AO ist, hat sie ein Auskunftsverweigerungsrecht.
  2. Angehörige sind nach § 101 AO über ihr Weigerungsrecht vor jeder Auskunft zu belehren. Die Belehrung ist aktenkundig zu machen. Ist die Belehrung unterblieben oder falsch erteilt worden, so darf die Auskunft nicht verwertet werden; es sei denn, der Angehörige stimmt nachträglich zu oder wiederholt nach Belehrung die Aussage.[1] Die wegen Irrtums über das Auskunftsverweigerungsrecht ohne Aufforderung durch die Finanzbehörde gegebene Auskunft unterliegt dagegen keinem Verwertungsverbot.
  3. Wenn K. seinen Steuerberater nicht von der Verpflichtung zur Verschwiegenheit nach § 102 Abs. 3 AO entbunden hat, steht diesem ein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 102 Abs. 1 AO zu. Deshalb darf der Steuerberater nicht aussagen, ohne seinen Mandatsvertrag zu verletzen. Nach § 104 Abs. 1 AO kann, soweit die Auskunft verweigert werden darf, auch die Vorlage von Urkunden und Wertsachen verweigert werden. Das gilt nach § 104 Abs. 2 AO jedoch nicht für die Vorlage von Urkunden und Wertsachen, die für den Beteiligten verwahrt werden. Ausdrücklich bestimmt das Gesetz, dass für den Beteiligten geführte Geschäftsbücher und sonstige Aufzeichnungen für diesen aufbewahrt werden. Die Buchführung muss demnach dem Prüfer zur Verfügung gestellt werden. Eine andere Frage ist, ob der Steuerberater die Herausgabe der Buchführung an K. nach §  73 BGB verweigern darf. § 66 Abs. 3 StBerG gibt dem Steuerberater grundsätzlich ein Zurückbehaltungsrecht an den Handakten wegen seiner Gebühren und Auslagen, es sei denn, das Zurückbehaltungsrecht verstößt gegen Treu und Glauben.
  4. § 102 Abs. 1 Nr. 4 AO schützt nur den redaktionellen Teil, nicht den Anzeigenteil. Daher hat der BFH[2] auch ein Chiffregeheimnis im Ergebnis verneint.
  5. Die Lage des P. ist problematisch. Zwar sind die während einer Außenprüfung vom Prüfer gegenüber dem Steuerpflichtigen erlassene schriftliche Aufforderung, bestimmte Fragen zu beantworten sowie genau bezeichnete Belege, Verträge und Konten vorzulegen, in der Regel kein Verwaltungsakt, sondern eine nicht selbstständig anfechtbare Vorbereitungshandlung, wenn sie ausschließlich der Ermittlung steuermindernder Umstände dient und deshalb nicht erzwingbar ist. Dies gilt nicht, wenn der Steuerpflichtige die Aufforderung nach ihrem objektiven Erklärungsinhalt als Maßnahme zur Schaffung einer Rechtsgrundlage für die Einleitung eines Erzwingungsverfahrens verstehen musste.[3] Das ist hier der Fall. P. hat dann als Steuerpflichtiger in seiner eigenen Angelegenheit im Besteuerungsverfahren kein Auskunftsverweigerungsrecht. Andererseits kann er zwar nach § 393 Abs. 1 AO nicht nach §§ 328ff. AO gezwungen werden, die Auskunft zu erteilen, jedoch besteht die Gefahr, dass der Prüfer andere, für P. auch nicht gerade günstige Wege (Strafverfahren, Hausdurchsuchung durch Fahndung) geht. Auf das Verzögerungsgeld nach § 146 Abs. 2b AO dürfte der § 393 Abs. 1 AO analog anzuwenden sein. Das ist aber nicht abschließend geklärt.

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