Leitsatz

Die Finanzverwaltung hat ein Zugriffsrecht auf Daten einer Verkaufsdatei aus dem Warenwirtschaftssystem einer Apotheke.

 

Sachverhalt

Der Kläger betrieb eine Apotheke, bei der eine steuerliche Außenprüfung durchgeführt wurde. In deren Verlauf forderte der Prüfer die Vorlage von Daten aus dem Warenwirtschaftsystem, insbesondere eine Verkaufsdatei, in elektronischer Form. Hiergegen wandte sich der Kläger mit dem Hinweis darauf, dass das Finanzamt zur Vorlage in digitaler Form nicht berechtigt sei. Ein Zugriff bestehe nur auf solche Daten, für die auch eine Aufbewahrungs- und Aufzeichnungspflicht bestünde. Dies sei hier hinsichtlich der Daten aus dem Warenwirtschaftssystem nicht der Fall. Der Einspruch wurde durch das Finanzamt zurückgewiesen, so dass Klage erhoben wurde.

 

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg, da nach Ansicht des Finanzgerichts die Finanzverwaltung einen Anspruch auf den digitalen Zugriff auf die angeforderten Daten hatte. Nach § 147 Abs. 6 AO bestehe ein Zugriffsrecht auf solche Daten, für die nach § 147 Abs. 1 AO eine Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflicht besteht. Nach § 147 Abs. 1 Nr. 1 AO umfasst dies insbesondere Bücher und Aufzeichnungen, die für steuerliche Zwecke geführt werden, sowie nach § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO alle sonstigen Unterlagen, die Bedeutung für die Besteuerung haben. Bei den angeforderten Unterlagen handele es sich um Kassenunterlagen i. S. v. § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO, die steuerlich relevant seien. Zwar bestünde eine Rechtsprechung des BFH, die hinsichtlich der Aufzeichnung von Kasseneingängen Erleichterungen vorsähe, diese sei aber alt und zudem auf eine Apotheke nur bedingt anwendbar. Weitere Aufzeichnungspflichten würden sich darüber hinaus aus Gesetzen des Apothekenrechts ergeben. Auch diese Aufzeichnungen könnten steuerlich relevant sein.

 

Hinweis

Die Entscheidung steht - wie das FG ausdrücklich ausführt - in einem Widerspruch zur Entscheidung des FG Hessen (Urteil v. 24.3.2013, 4 K 422/12). Entgegen der Ansicht des FG Hessen kommt das FG Sachsen-Anhalt zu einer Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflicht und damit letztlich zu einer Vorlagepflicht von Dateien, die Einzelaufzeichnungen zu Bargeschäften beinhalten. Dies verwundert zunächst, da es Rechtsprechung des BFH hierzu gibt, die relativ eindeutig erscheint (vgl. insbesondere BFH Urteil v. 12.5.1966, IV 472/60, BStBl 1966 II S. 37). Diese Entscheidung sei jedoch, so das FG Sachsen-Anhalt nicht anwendbar. Wie dem auch sei, in jedem Fall erscheint es angezeigt, dass sich der BFH auf der Grundlage des heutigen Standes der Datenverarbeitung erneut eingehend mit der Frage der Zumutbarkeit der Einzelerfassung von Kassenvorgängen auseinandersetzt. Da das FG Sachsen-Anhalt die Revision zugelassen hat, besteht diese Möglichkeit demnächst wahrscheinlich.

 

Link zur Entscheidung

FG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 23.05.2013, 1 K 396/12

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