Peter Hofstätter hat vor mehr als 50 Jahren für den vieldeutigen Begriff der Kultur ein praxistaugliches Bild geschaffen: Er bezeichnete die Kultur als "die Summe der Selbstverständlichkeiten".[1] Das ist leicht nachvollziehbar. Kulturelle Fragen sind deswegen so einflussreich, weil wir Selbstverständlichkeiten normalerweise nicht hinterfragen, sondern uns einfach nach ihnen richten.
Kulturelle Veränderungen stellen Selbstverständlichkeiten infrage
Selbstverständlichkeiten ändern sich aber auch nicht so schnell. Im Gegenteil; meist halten sie sich hartnäckig und sind immun gegen alle Veränderungsideen. Das gilt auch für den Weg zum Controlling 4.0. Es sind bereits Tendenzen erkennbar für die veränderte Herangehensweise. Es gibt auch einzelne erfolgreiche Beispiele, die Mut machen und zeigen, wie es geht. Aber selbstverständlich sind sie noch nicht.
Kulturelle Veränderungen beginnen mit neuen Fragen. Mit Fragen, die in dieser Weise bisher nicht formuliert wurden. Viele neue oder veränderte Fragen werden jedoch zunächst nicht zugelassen. Wir halten sie für unsinnig. Weil ja andere Fragen selbstverständlich sind. Auf Fragen, die wir nicht zulassen, finden wir allerdings auch keine Antworten.
Deshalb gilt es, andere als die heute selbstverständlichen Fragen zuzulassen. Damit wir die Chance haben, andere Antworten zu finden.
Im vorhergehenden Abschnitt wurde der Wechsel in der Kernfrage des Controllings angesprochen. Im Folgenden sollen weitere Fragen formuliert und den heutigen Selbstverständlichkeiten gegenübergestellt werden. Damit soll ein Rahmen gezeichnet werden für zu findende Antworten auf dem Weg zu den Selbstverständlichkeiten des Controllings 4.0 (s. Tab. 2).
Gestaltungsfeld | Klassisches Controlling | Controlling 4.0 |
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Kernfrage | Wie können wir Geld verdienen? | Wie wollen wir leben und wie können wir das bezahlen? |
Transformation der Datenflut in entscheidungsgerechte Informationen | Wie entwickeln wir objektive Kalkulationen und Bewertungen? | Wie können wir eine gemeinsame Verantwortung für das Lernen und die Ergebnisse entwickeln? |
Risikobewusstsein und Risikomanagement | Wie dokumentieren und bewerten wir Risiken? | Wie integrieren wir Volatilität und Unsicherheit in unsere gemeinsame Willensbildung zur Zielfindung, Planung und Steuerung? |
Integriertes Denken und Berichten | Wie kombinieren wir die bisher getrennten Berichte über Finanzen und Nachhaltigkeit in ein gemeinsames Dokument? | Wie kommen wir zu einem integrierten Geschäftsmodell, das den Interessen aller relevanten Stakeholder eine gemeinsame Plattform bietet? |
Kundenbeziehungen |
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Mitarbeiterbeziehungen |
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Lieferantenbeziehungen |
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Beziehungen zu Investoren |
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Tab. 2: Wie Gestaltungsfelder sich mit Controlling 4.0 ändern
Dieser Rahmen ist nicht mehr als ein beispielhafter Diskussionsvorschlag. Er ist weder "vollständig" noch "richtig". Er sollte auf seine Tauglichkeit geprüft, verändert und erweitert werden.
Controlling 4.0 gibt Orientierung und Stabilität in einer sich verändernden Welt
Aber er ist auch nicht weniger. Stillstand ist Rückschritt. Das Controlling muss sich auf die neuen Rahmenbedingungen einlassen und sich anpassen. Mit neuen Lösungen, die helfen, die benötigte Orientierung und Stabilität der Unternehmen bei fortschreitender Digitalisierung und Vernetzung zu gewährleisten. Für diese Diskussionen einen Rahmen aus geeigneten Fragen zu setzen verstehen wir deshalb als eine der derzeit wichtigsten Aufgaben für die Weiterentwicklung des Controllings. Je mehr geeignete Fragen wir finden, umso größer wird die Chance auf hilfreiche Antworten hin zu den neuen Selbstverständlichkeiten.
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