Für unser Verständnis von Controlling nutzen wir im Kern den Controllingbegriff aus der DIN SPEC 1086: "Controlling bezeichnet [...] den auf die Sicherstellung nachhaltiger Wirtschaftlichkeit ausgerichteten Management-Prozess der betriebswirtschaftlichen Zielfindung, Planung und Steuerung eines Unternehmens."[1] Controlling verstehen wir also – kurz gesagt – als Führen mit messbaren Zielen. Das schließt Koordination und Beratung ein. Aber wir verstehen es nicht als Kontrolle und nicht nur als das "Hantieren" mit Kennzahlen.

Controlling wird als spezifische Führungsaufgabe bestehen bleiben, das Erreichen von Zielen und die Verwendung von Kennzahlen zur Führung mit messbaren Zielen wird weiter im Zentrum des Controllings stehe.[2] Dabei reicht der Controllingprozess weiter als bisher über die eigenen Unternehmensgrenzen hinaus, da nur so alle Stakeholder angesprochen und mitgenommen werden können – wie die Beispiele im Abschnitt 3.1.3 skizzieren.

Die "Gestaltungsfelder" des Controllings werden sich unter den veränderten Rahmenbedingungen der Unternehmenssteuerung hin zu einem Controllings 4.0 entwickeln. Dies hat der ICV transparent dargestellt:[3]

 
Gestaltungsfeld Klassisches Controlling Controlling 4.0
Kernfrage Wie können wir Geld verdienen? Wie wollen wir leben und wie können wir das bezahlen?
Transformation der Datenflut in entscheidungsgerechte Informationen Wie entwickeln wir objektive Kalkulationen und Bewertungen? Wie können wir eine gemeinsame Verantwortung für das Lernen und die Ergebnisse entwickeln?
Risikobewusstsein und Risikomanagement Wie dokumentieren und bewerten wir Risiken? Wie integrieren wir Volatilität und Unsicherheit in unsere gemeinsame Willensbildung zur Zielfindung, Planung und Steuerung?
Integriertes Denken und Berichten Wie kombinieren wir die bisher getrennten Berichte über Finanzen und Nachhaltigkeit in ein gemeinsames Dokument? Wie kommen wir zu einem integrierten Geschäftsmodell, das den Interessen aller relevanten Stakeholder eine gemeinsame Plattform bietet?
Kundenbeziehungen
  • Wie können wir Preisspielräume nutzen?
  • Wie erreichen wir mit unseren Produkten und Dienstleistungen den Markt?
  • Wie entwickeln wir neue Angebote für Lösungen, die der Markt noch nicht kennt?
  • Wie wecken wir das Begehren der Kunden nach unseren Angeboten?
Mitarbeiterbeziehungen
  • Wie teuer ist unsere Belegschaft?
  • Wie können wir die Leistungen unserer Mitarbeiter stimulieren und kontrollieren?
  • Wie befähigen wir innovative und selbstorganisierte Mitarbeiter zur Verbesserung unserer Geschäftsbeziehungen und -prozesse?
  • Wie können die Mitarbeiter am realisierten Erfolg beteiligt werden?
Lieferantenbeziehungen
  • Was ist das kostengünstigste Angebot?
  • Wie können wir die Lieferanten gegeneinander ausspielen, um uns eine Machtposition zu sichern?
  • Wie bewerten wir die wirtschaftlich relevante Qualität des Angebots und was ist dafür ein fairer Preis?
  • Wie beziehen wir unsere Lieferanten in unser Geschäftsmodel mit ein?
Beziehungen zu Investoren
  • Wie sichern wir die Hoheit über unsere Informationen?
  • Wie dokumentieren wir die Steigerung des Shareholder Values?
  • Wie gestalten wir eine adressatengerechte Transparenz und wahren trotzdem Vertraulichkeit?
  • Wie fördern wir eine integrative Sicht auf unser Geschäft?

Tab. 1: Unterschiede zwischen klassischem Controlling und Controlling 4.0 bei den Gestaltungsfeldern

Das von Albrecht Deyhle vor mehr als 4 Jahrzehnten formulierte WEG-Modell[4] als stilisiertes Lenkrad mit dem W für Wachstum, E für Entwicklung und G für Gewinn hat viele Controller geprägt. Es weist darauf hin, dass es in der Unternehmenssteuerung um die Balance mehrerer Faktoren geht und einseitige Orientierungen weniger hilfreich sind. Weil dann "das Rad nicht rund läuft und wir Gefahr laufen, vom WEG abzukommen und schließlich weg vom Markt zu sein" (s. Abb. 9).

Abb. 9: Deyhles WEG-Symbol

Obwohl das Symbol in die Jahre gekommen ist, gilt seine Botschaft auch noch heute. Aber es sind weitere Anforderungen hinzugekommen. Deshalb unterbreitet der Fachkreis Controlling und Qualität den Vorschlag, das Symbol um ein weiteres "Lenkrad" zu ergänzen – zum WEG gesellt sich ein WIE (s. Abb. 10).

Abb. 10: WEG & WIE als Geschwisterpaar

Das W für Wandlungsfähigkeit.

Schumpeters schöpferische Zerstörung manifestiert sich in den neuen Techniken und der Dynamik der Umsetzung. Die Unternehmensführung muss ihr Geschäftsmodell regelmäßig kritisch hinterfragen und auf Zukunftsfähigkeit prüfen. Anbieter von neuen Technologien wie 3D-Druck oder 5-achsiges Fräsen oder humanoider Robotik, aber auch Unternehmen mit veränderten Geschäftsmodellen wie Wildcard oder Zalando konkurrieren gegen traditionelle Markenunternehmen – sowohl hinsichtlich der Kosten als auch der Erzeugung von Werten für die Kunden.

Das I für Integration.

Die Transformation der Wertschöpfungsketten in Wertschöpfungsnetzwerke erfordert – wie breit mehrfach erläutert – die Umstellung der Unternehmenssteuerung auf eine integrative Philosophie. Das betrifft auf der einen Seite unmittelbare...

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