Mit den Fragen nach den erfolgskritischen Faktoren verbunden sind auch die Erfassung und Bewertung der entsprechenden Chancen und Risiken. Dafür benötigt das Controlling neuartige Kennzahlen, die eine risikoadjustierte Zielsetzung, Planung und Steuerung ermöglichen zur Gewährleistung eines leistungsfähigen Agilitätsmanagements. Das ist eine Konsequenz der "Volatilität als neue Normalität".

  • Das beginnt mit der Bestimmung von Grenzbereichen erfolgskritischer Faktoren, für die Maßnahmen zur Beherrschung der Schwankungen vorliegen bzw. abgestimmt werden, die das Unternehmen in entsprechenden Situationen kurzfristig umsetzen kann. Dabei geht es sowohl um Schwankungen "nach oben" als auch "nach unten" – in Anlehnung an die bekannten Szenariotechniken des "worst case" und "best case". In der Praxis gibt es bereits eine breite Palette an Möglichkeiten:

    • In einigen Unternehmen wurden variantenreiche Schichtsysteme zwischen der Unternehmensführung und den Belegschaftsvertretern bzw. Gewerkschaften abgestimmt, die bei Bedarf sehr kurzfristig in Kraft gesetzt werden können.
    • Andere nutzen Hedging-Instrumente, um Auswirkungen von Schwankungen in der Inanspruchnahme von Ressourcen oder von volatilen Preisentwicklungen abzufedern.
    • Wieder andere haben Netzwerke von Lieferanten, Kooperationspartnern und Kunden entwickelt, in deren Rahmen sowohl personelle als auch materielle Kapazitäten wechselseitig ausgetauscht werden können – sofern die Schwankungen unterschiedlichen "Taktungen" folgen.
    • Schließlich sei noch auf die vielfältigen Varianten der Variabilisierung von Strukturkosten verwiesen.
  • Aus den Grenzbereichen entstehen durch Handlungsprämissen abgesicherte "Korridore" für die Zielsetzung, Planung und Steuerung. Damit soll gewährleistet werden, dass bis zu einem gewissen Grad an Volatilität, die Finanzierung der Strategie aus dem operativen Geschäft gesichert werden kann bzw. ein stufenweises und kontrolliertes "Rückfahren" möglich wird.
  • Die Arbeit mit maßnahmengesicherten Korridoren kann weiter verfeinert werden, wenn die Datenlage eine sinnvolle stochastische Auswertung und vorausschauende Analysen ermöglicht. Dann können mit Wahrscheinlichkeiten und Verteilungskurven unterlegte Bandbreiten bestimmt werden. Die Bandbreiten-Technik ermöglicht Lernprozesse: Neu auftretende Risiken können in die Berechnungen integriert und angepasste Verteilungskurven getestet werden. Damit erhält die Absicherung der Volatilität durch adäquate Handlungsprämissen eine flexiblere und sich schnell anpassende Orientierung.

Die Arbeit mit Korridoren und Bandbreiten verändert auch die Arbeit mit Kennzahlen. Insbesondere im Finanzbereich gibt es praktische Erfahrungen in der Arbeit mit risikoadjustierten Leistungsmaßen (RAPM = Risk Adjusted Performance Measures) für die Aktien-, Zins- und Kreditportfolios. Der in diesem Kontext gebräuchliche "Value at Risk" (VaR) z. B. ist zu einer im Rahmen der Bankenaufsicht üblichen verteilungsbezogenen Risikokennzahl geworden.

Außerhalb des Finanzbereichs sind die Erfahrungen eher spärlich. Die Arbeit mit Szenarien beginnt sich auszubreiten. Die systematische Einbeziehung von Korridoren und Bandbreiten in die Zielsetzung, Planung und Steuerung steht demgegenüber noch ganz am Anfang. Der damit verbundene Abschied vom linearen Denken "in ROI-Bäumen" und "punktgenauen Ergebnissen" stellt dabei wahrscheinlich die entscheidende Hürde dar. Der ICV wird die Entwicklung aktiv begleiten. Der Fachkreis "Risikomanagement & Controlling" hat sich diese Aufgabe auf die Fahne geschrieben.

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