Leitsatz

Die Übernahme von Steuerberatungskosten für die Erstellung von ESt-Erklärungen der Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber führt bei Vorliegen einer Nettolohnvereinbarung zu Arbeitslohn.

 

Normenkette

§ 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 42d Abs. 1 Nr. 1, § 41a Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 38 Abs. 3 S. 1 EStG

 

Sachverhalt

K beschäftigte u.a. von ihrer Muttergesellschaft aus Japan entsandte Arbeitnehmer, mit denen Nettolohnvereinbarungen bestanden. Die Arbeitnehmer traten dem Arbeitgeber unwiderruflich alle Erstattungen von Steuern und Sozialabgaben ab. K hatte für diese japanischen Mitarbeiter die Kosten für die Erstellung der ESt-Erklärungen übernommen. Das FA sah darin steuerpflichtigen Arbeitslohn und nahm K durch LSt-Haftungsbescheid in Anspruch.

Das FG (FG Düsseldorf, Urteil vom 05.12.2007, 7 K 1743/07 H[L], Haufe-Index 1967054, EFG 2008, 545) wies die hiergegen erhobene Klage ab.

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte die Vorinstanz. Auch im Sonderfall der Nettolohnvereinbarung bei ausländischen Arbeitnehmern führt die Übernahme der Steuerberaterkosten zu Lohn.

 

Hinweis

Der Besprechungsfall hat Gemeinsamkeiten mit dem am selben Tag ergangenen Urteil (VI R 51/08, BFH/PR 2010, 208) zum ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse und mit dem Urteil vom 30.07.2009 (VI R 29/06, BFH/NV 2009, 1890, BFH/PR 2009, 464) zur einkommensteuerrechtlichen Charakterisierung und Behandlung von Nettolohnvereinbarungen.

1. Hatte K die Kosten für die Erstellung der Steuererklärung ihrer japanischen Mitarbeiter angesichts der Nettolohnvereinbarungen aus ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse übernommen? Der LSt-Senat verneinte dies. Vorteile i.S.d. § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG sind nur dann kein Arbeitslohn, wenn sie sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erweisen.

Wann ist das der Fall? Wenn die Gesamtwürdigung zu Anlass, Art und Höhe des Vorteils, Auswahl der Begünstigten, freie oder nur gebundene Verfügbarkeit, Freiwilligkeit oder Zwang zur Annahme des Vorteils und seine besondere Geeignetheit für den jeweils verfolgten betrieblichen Zweck ergibt, dass das Interesse des Arbeitnehmers an diesem Vorteil gegenüber dem des Arbeitgebers ganz in den Hintergrund tritt. Ist – trotz eigenbetrieblichem Interesse des Arbeitgebers – ein nicht unerhebliches Interesse des Arbeitnehmers gegeben, liegt die Vorteilsgewährung nicht mehr im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers. Dann liegt Lohn vor (ständige Rechtsprechung des BFH, zuletzt z.B. Urteil vom 12.02.2009, VI R 32/08, BFH/NV 2009, 830, BFH/PR 2009, 209).

2. Hier bestätigte der BFH die revisionsrechtlich nur begrenzt überprüfbare Gesamtwürdigung des FG, dass kein solches ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers vorliege. Die Übernahme der Steuerberatungskosten beruhte auf der Nettolohnabrede. Daran war das ganz überwiegend eigenbetriebliche Interesse dann auch zu messen. Zu beachten ist die Einschätzung des BFH zu den Vor- und Nachteilen einer solchen Nettolohnvereinbarung: Die Nettolohnabrede kann sogar im überwiegenden Interesse der ausländischen Arbeitnehmer liegen und für den Arbeitgeber unzweckmäßig und risikobehaftet sein, weil der (ausländische) Arbeitnehmer die Lohnkostenbelastung durch Änderung von in seiner Sphäre liegenden individuellen Umständen beeinflussen kann. Und für den Arbeitgeber ist es kalkulatorisch ohne Belang, ob er eine Brutto- oder Nettolohnvereinbarung abschließt. Denn die Arbeitskosten sind auch bei der Nettolohnabrede das – eben aus dem Nettolohn hochgerechnetes – Bruttoentgelt (mehr dazu: BFH, Urteil vom 30.07.2009, VI R 29/06, BFH/NV 2009, 1890, BFH/PR 2009, 464).

Das Fazit des BFH: Die Nettolohnvereinbarung beruht einerseits auf dem Wunsch der Arbeitnehmer nach Vergleichbarkeit von Inlands- und Auslandsgehalt und dient andererseits dem Interesse des Arbeitgebers, diesem möglichst kostengünstig, leicht administrierbar und flexibel Rechnung zu tragen. Angesichts dessen konnte von einem ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers nicht ausgegangen werden.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 21.01.2010 – VI R 2/08

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