Kommentar

Klägerin ist eine OHG (Besitzgesellschaft), die ihren gesamten Betrieb an die X-GmbH (Betriebsgesellschaft) verpachtet hatte. Beteiligt an der X-GmbH waren die Gesellschafter A, B und C zu je ⅓. An der Klägerin (OHG) waren A, B und C zusammen mit 83% beteiligt. Außerdem waren A, B und C zusammen mit 50% an einer Grundstücksgemeinschaft beteiligt, die der X-GmbH Räume in einem Fabrikations- und Lagergebäude vermietete. Das Finanzamt meinte, daß die auf A, B und C entfallenden Mieteinnahmen der Grundstücksgemeinschaft als Sonderbetriebseinnahmen und die auf A, B und C entfallenden Grundstücksanteile Sonderbetriebsvermögen II bei der Klägerin dargestellt hätten. Dem folgten FG und BFH nicht. Der BFH führte aus, daß aktives Sonderbetriebsvermögen II vorliege, wenn die einem Gesellschafter der Personengesellschaft gehörenden Wirtschaftsgüter unmittelbar der Begründung oder Stärkung seiner Beteiligung an der Personengesellschaft dienten. Dies wäre im Streitfall nur dann der Fall gewesen, wenn die Überlassung des Grundstücks zur Nutzung an die Betriebs-GmbH durch den Betrieb der Besitzgesellschaft (Klägerin) veranlaßt gewesen wäre. Hier sei hingegen die Vermietung der Räume an die X-GmbH durch die privaten Interessen von A, B und C an den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung der Grundstücksgemeinschaft veranlaßt gewesen. Das wichtigste Indiz für diese private Veranlassung sei, daß die Gesellschafter der Klägerin hinsichtlich der Verwaltung des Grundstücks nach Zivilrecht keinen Einfluß auf die Beschlüsse der Grundstücksgemeinschaft hätten nehmen können. Diese Beschlüsse seien im Interesse aller Gemeinschafter zu fassen gewesen. Ein eigener Interessensbereich eines Gemeinschafters oder einer Gruppe von Gemeinschaftern könne insoweit nur angenommen werden, wenn diese einen beherrschenden Einfluß auf die Beschlüsse der Grundstücksgemeinschaft nehmen könnten. Daran fehle es im Streitfall, da A, B und C lediglich mit 50% an der Grundstücksgemeinschaft beteiligt gewesen seien. Im Streitfall seien auch keine anderen Indizien für eine durch den Betrieb der Klägerin veranlaßte Überlassung des Grundstücks an die X-GmbH ersichtlich. Insbesondere sei der Mietvertrag weder an die Dauer der Beteiligung der Gesellschafter der Klägerin an der X-GmbH gebunden noch bestehe ein zeitlicher Zusammenhang zwischen seinem Abschluß und der Begründung der Betriebsaufspaltung noch seien die Räume zu unangemessenen oder unüblichen Bedingungen vermietet worden.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 01.10.1996, VIII R 44/95

Anmerkung:

Schon früher hat der BFH mehrfach ausgesprochen, daß der Gesellschafter einer Besitzgesellschaft einen gleichrangigen eigenen, von dem Interessensbereich der Besitzgesellschaft zu unterscheidenden Interessensbereich haben kann mit der Folge, daß Sonderbetriebseinnahmen und Sonderbetriebsvermögen (II) nicht in Betracht kommen (vgl. z. B. BFH, Urteile v. 7. 7. 1992, VIII R 2/87 , BStBl 1993 II S. 328; v. 9. 7. 1970, IV R 16/69, BStBl 1970 II S. 722; v. 10. 11. 1994, IV R 15/93, BStBl 1995 II S. 452 und v. 23. 1. 1980, I R 33/77, BStBl 1980 II S. 356).

Die Anteile von A, B und C an der Grundstücksgemeinschaft wären m.E. auch dann nicht als Sonderbetriebsvermögen II bei der Klägerin zu qualifizieren gewesen, wenn A, B und C zu mehr als 50% an der Grundstücksgemeinschaft beteiligt gewesen wären. In diesem Fall wären nämlich die Grundsätze der Betriebsaufspaltung auch im Verhältnis der Grundstücksgemeinschaft zur X-GmbH zum Tragen gekommen. Neben der Klägerin (OHG) hätte es also – in Gestalt der Grundstücksgemeinschaft – ein zweites Besitzunternehmen gegeben.

Im Streitfall waren die Anteile von A, B und C an der Grundstücksgemeinschaft auch nicht als Sonderbetriebsvermögen I bei der Klägerin anzusehen. Denn die Grundstücksgemeinschaft hatte die besagten Räume unmittelbar an die X-GmbH vermietet. Eine darin liegende Überlassung der Räume an die OHG ließe sich angesichts der rechtlichen Selbständigkeit von Betriebs- und Besitzgesellschaft allenfalls dann konstruieren, wenn man – über § 42 AO – einen Durchgriff durch die GmbH befürwortete. Anhaltspunkte für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 42 AO bot der Streitfall jedoch nicht. Sonderbetriebsvermögen I hätte m. E. allerdings in dem hier nicht gegebenen Fall vorgelegen, in dem die Grundstücksgemeinschaft die Räume an die Klägerin vermietet und diese sie sodann an die X-GmbH untervermietet hätte.

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