Literatur: Ruthe, StBp 2010, 301, 329; Ruthe, StBp 2011, 1; Schaden/Wild, Ubg 2011, 337

Eine Investitionsentscheidung führt ebenso wie das Unterlassen einer bestimmten Investitionsentscheidung allein regelmäßig nicht zu einer verdeckten Gewinnausschüttung, sodass diese Entscheidungen auch regelmäßig nicht der Nachprüfung durch die Finanzbehörde unterliegen. Diese Entscheidungen haben i. d. R. einen gesellschaftsrechtlichen Einschlag, da bei Investitionsentscheidungen von größerer Bedeutung regelmäßig der Aufsichtsrat und darüber hinaus zumindest mittelbar die Anteilseigner der Kapitalgesellschaft mitwirken.[1] Der Prüfung durch die Finanzverwaltung unterworfen sind regelmäßig nur Lieferungs- und Leistungsbeziehungen. So kann die Entscheidung, eine bestimmte Anlage zu bauen, keine verdeckte Gewinnausschüttung auslösen. Eine verdeckte Gewinnausschüttung kann nur in den Geschäftsbeziehungen über den Vertrieb der mit dieser Anlage hergestellten Produkte liegen. Eine Investition ist immer mit einem Risiko verbunden, dem jedoch eine Chance gegenübersteht. Wenn das investierende Unternehmen diese Gewinnchance neben dem Investitionsrisiko hat, entspricht der Vorgang dem Verhalten eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters. Ob das investierende Unternehmen diese Chancen und Risiken trägt, und ob diese ausgewogen sind, ist keine Frage der Investitionsentscheidung, sondern der Gestaltung der Lieferbeziehungen Diese müssen so gestaltet sein, dass sie der Risikoverteilung entsprechen.

Diese Grundsätze gelten auch für die Unternehmensakquisition durch eine Projektgesellschaft. Dazu wird eine besondere Gesellschaft in dem Staat, in dem das zu erwerbende Unternehmen (Zielgesellschaft) ansässig ist, gegründet (Erwerbsgesellschaft; "special purpose vehicle"). Diese Gesellschaft führt die Akquisition durch und trägt die Transaktions- und Finanzierungskosten. Nach Durchführung der Akquisition wird die Zielgesellschaft entweder auf die Erwerbsgesellschaft verschmolzen oder ein Organschaftsverhältnis zu der Erwerbsgesellschaft als Organträger geschaffen. Dadurch wird erreicht, dass die Transaktions- und Finanzierungskosten mit den Gewinnen der Erwerbsgesellschaft verrechnet werden können ("debt push down"). Diese Konstruktion stellt keinen Rechtsmissbrauch nach § 42 AO dar, sondern eine zulässige Gestaltung des Konzernaufbaus. Die genannten Kosten müssen von der Erwerbsgesellschaft getragen werden, da z. B. eine Tragung durch die Muttergesellschaft bei dieser nach § 1 AStG zu korrigieren wäre.

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