Leitsatz

Entsprechend den allgemeinen, die Überschusseinkünfte bestimmenden Besteuerungsgrundsätzen bedarf es auch bei der Ermittlung der sonstigen Einkünfte nach § 22 Nr. 1 EStG (Leibrente, wiederkehrende Bezüge) der Abgrenzung zwischen den als Werbungskosten abziehbaren Finanzierungskosten sowie den Anschaffungs- und Anschaffungsnebenkosten für den Erwerb der Rentenrechte (hier: Makler- und Vermittlungsgebühren). Dies gilt auch dann, wenn die Gebühren im Zusammenhang mit dem Abschluss kreditfinanzierter Versicherungsverträge anfallen.

 

Normenkette

§ 9 EStG , § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG , § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG

 

Sachverhalt

Die Kläger, zusammen veranlagte Eheleute, machten die von ihnen gezahlten "Vermittlungsgebühren" sowie "Abwicklungs- und Informationshonorare" in Höhe von rd. 26 000 DM für eine von der S-Gruppe angebotene "Sicherheitskompaktrente" (Leibrentenversicherung und Lebensversicherung gegen bankfinanzierte Einmalbeiträge) in voller Höhe als Werbungskosten bei ihren Renten- und Kapitaleinkünften geltend. Sie hatten in diesem Zusammenhang einen Bankkredit (ca. 488 000 DM) aufgenommen, den sie im Wesentlichen dazu verwendeten, eine Einmalzahlung (rd. 181 000 DM) für eine Leibrentenversicherung bei der D-AG, einen Einmalbeitrag (rd. 274 000 DM) für eine Kapitallebensversicherung bei der englischen C-Ltd. sowie die Erstprämie für eine Risiko-Lebensversicherung zu leisten.

Die S-Gruppe hatte den Klägern rd. 15 000 DM als "Kreditvermittlungsgebühr""für die Beschaffung der finanzierenden Bank und die Vermittlung der Finanzierungsmittel" berechnet. Für die Bearbeitung des "Finanzierungskonzepts ..., insbesondere hinsichtlich Finanzierungsdauer, Zinsfestschreibungsdauer und Refinanzierungsgewährung, der Zusammenstellung der notwendigen Bonitätsunterlagen und der Abstimmung der Unterlagen und Verträge" erhielt ein Herr B eine Vergütung von rd. 11 000 DM.

Das FA ließ lediglich 1/3 dieser Kosten zum Werbungskosten-Abzug zu. Das FG gab der Klage statt. Auf die Revision des FA hob der BFH die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück.

 

Entscheidung

Ob die streitigen Gebühren und Honorare als Finanzierungsnebenkosten zu qualifizieren und damit in der begehrten Höhe als Werbungskosten bei den Einkünften aus den §§ 20, 22 EStG anzuerkennen seien, könne der Senat anhand der tatsächlichen Feststellungen des FG nicht beurteilen.

Nicht zu folgen sei dem FG darin, dass es sich bei den Gebühren und Honoraren bereits deshalb ausschließlich um Finanzierungsnebenkosten (Werbungskosten) handle, weil die Kläger diese Kosten nach dem Inhalt der vorgelegten Rechnungskopien für Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Finanzierung und nicht als Provisionsausgleich gegenüber der D-AG und der C-Ltd. entrichtet hätten. Das FG habe vor allem nicht beachtet, dass die Entscheidung darüber, welche Vorgänge dem Bereich der Anschaffungs(neben)kosten zuzuordnen seien, weniger nach rechtlichen als vielmehr nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu treffen sei. Maßgeblich sei nicht die Bezeichnung des Entgelts durch die Vertragsparteien, sondern der tatsächliche wirtschaftliche Gehalt der in Frage stehenden Leistung.

Demgemäß werde das FG im zweiten Rechtsgang die Kläger zunächst auffordern, den vollständigen Inhalt der Provisionsvereinbarungen mitzuteilen und zu belegen. Sollten sich hieraus die einzelnen Faktoren für die Bemessung des Vermittlungsentgelts ableiten lassen, so werde – im Rahmen der gebotenen Angemessenheitsprüfung – auch der Frage nachzugehen sein, ob die Gebühren in Abhängigkeit von der Höhe der in Anspruch genommenen Darlehen und Versicherungsleistungen oder -prämien geschuldet gewesen seien. Ferner werde es der Ermittlung bedürfen, ob bezüglich der Provisionen, mit denen die Kläger gegenüber der S-Gruppe belastet worden seien, Vereinbarungen zwischen den Provisionsempfängern einerseits und den Versicherungen oder der kreditierenden Bank andererseits bestanden hätten. Soweit eine eindeutige Gebührenzuordnung nicht möglich sei, werde das FG den als Anschaffungsnebenkosten anzusetzenden Gebührenanteil zu schätzen haben.

 

Hinweis

1. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH gehören die Anschaffungs- und Anschaffungsnebenkosten eines Wirtschaftsguts nicht zu den Werbungskosten i.S.v. § 9 Abs. 1 EStG, obwohl sie unabdingbare Voraussetzung dafür sind, dass der Steuerpflichtige überhaupt Einnahmen erzielen kann. Dieses Ergebnis folgt daraus, dass im Bereich der Überschusseinkünfte sowohl positive als auch negative Wertänderungen am Vermögensstamm grundsätzlich außer Betracht bleiben und dieser Grundsatz nur im Rahmen der Vorschriften über die AfA bzw. AfS sowie nach Maßgabe der Sonderregelungen in §§ 17, 23 EStG sowie § 21 UmwStG durchbrochen wird.

Demgegenüber gehören die Finanzierungskosten (z.B. Refinanzierungszinsen) einschließlich der Finanzierungsnebenkosten in vollem Umfang zu den Werbungskosten (zu § 22 EStG vgl. z.B. BFH, Urteil vom 15.12.1999, X R 23/95, BStBl II 2000, 267; zu § 20 EStG vgl. z.B. BFH, Urteil vom 7...

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