Warum die Unterscheidung wichtig ist und was Sie beachten müssen
Offen ist derzeit, ob es gegen Artikel 3 Abs. 1 GG verstößt, wenn Aufwendungen für eine Erstausbildung oder für ein Erststudium nicht als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abgezogen werden dürfen.
Berufsausbildung oder Fortbildung: Warum diese Unterscheidung wichtig ist
Wichtig ist die Unterscheidung zwischen einer erstmaligen Berufsausbildung und einer weiteren Berufsausbildung. Diese Unterscheidung ist steuerlich aus 2 Gründen von besonderer Bedeutung:
- Hat jemand seine erstmalige Berufsausbildung abgeschlossen, dann ist jede weitere Berufsausbildung (also auch ein Erststudium) als Fortbildung einzustufen. Konsequenz ist, dass die Aufwendungen steuerlich uneingeschränkt geltend gemacht werden können. Ausbildungskosten sind hingegen nicht oder nur begrenzt abziehbar.
- Eltern erhalten für ihr volljähriges Kind, das sich in seiner erstmaligen Berufsausbildung befindet, Kindergeld bzw. die Kinderfreibeträge, weil es nicht mehr darauf ankommt, ob und in welcher Höhe das Kind eigene Einkünfte erzielt. Bei einer weiteren Berufsausbildung, z. B. bei einem Zweitstudium, kommt es darauf an, ob das Kind Erwerbseinkünfte erzielt, die einen bestimmten Umfang überschreiten und so zum Verlust des Kindergelds führen.
Praxis-Beispiel: Kindergeld bei volljährigen Kindern
Der volljährige Sohn von Herrn Huber ist Student und arbeitet zusätzlich als Arbeitnehmer. Damit erzielt der Sohn von Herrn Huber eigene Einkünfte und ist nicht mehr auf dessen Unterhaltszahlungen angewiesen. Das Kindergeld bleibt Herrn Huber dennoch erhalten, weil es nicht mehr auf die Höhe der Einkünfte ankommt.
Beginnt der Sohn von Herrn Huber aber eine weitere Berufsausbildung, indem er z. B. nach dem Abschluss eines BA-Studiums ein Master-Studium aufnimmt, kommt es darauf an, ob und in welchem Umfang er Erwerbseinkünfte erzielt. Entscheidend dafür, ob Herr Huber Kindergeld erhält, ist also, ob sein Kind eine weitere Berufsausbildung (z. B. ein Zweitstudium) aufgenommen hat.
Bei der Unterscheidung zwischen Aus- und Fortbildungskosten ergeben sich insbesondere dann unterschiedliche Auswirkungen, wenn jemand (zunächst) kein steuerpflichtiges Einkommen bezieht und erst später als Arbeitnehmer oder als Selbstständiger Einkünfte erzielt.
- Ausbildungskosten, die nur als Sonderausgaben abgezogen werden dürfen, wirken sich nicht aus, wenn im Übrigen kein eigenes steuerpflichtiges Einkommen vorhanden ist.
- Durch den Abzug als Betriebsausgaben oder Werbungskosten können negative Einkünfte erzielt werden, die in späteren Jahren im Rahmen des Verlustvortrags steuermindernd abgezogen werden dürfen. Dieser Verlustvortrag ist zeitlich unbegrenzt. D. h., der Verlust wird erst in den Jahren abgezogen, in denen positive Einkünfte erzielt werden. Die Feststellung von Verlusten aus früheren Jahren kann auch dann noch beantragt werden, wenn für das Verlustentstehungsjahr keine Einkommensteuer-Veranlagung erfolgt ist und nicht mehr durchgeführt werden kann, weil die Festsetzungsverjährung eingetreten ist (BFH-Urteil vom 13.01.2015, IX R 22/14).
Was bei der Abgrenzung aufgrund der neuesten Rechtslage zu beachten ist
Der Bundesfinanzhof hat dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) folgende Frage zur Klärung vorgelegt (BFH, Beschluss vom 17.7.2014; VI R 2/12 und VI R 8/12): „Verstößt es gegen Artikel 3 Abs. 1 GG, wenn Aufwendungen für eine Erstausbildung oder für ein Erststudium nicht als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abgezogen werden dürfen, wenn diese Erstausbildung nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet und die Aufwendungen auch ansonsten nicht die einkommensteuerliche Bemessungsgrundlage mindert?
Unabhängig davon, wie das BVerfG entscheiden wird, geht es zunächst darum, die derzeit geltende Rechtlage (§ 4 Abs. 9 EStG und § 9 Abs. 6 EStG) optimal zu nutzen. Wer bereits jetzt alle Aufwendungen uneingeschränkt geltend machen kann, muss keine weiteren Vorkehrungen treffen. Nur derjenige, der seine Aufwendungen nicht als Fortbildungskosten geltend machen kann, sollte darauf achten, dass sein Steuerbescheid bis zur Entscheidung durch das BVerfG nicht bestandskräftig wird.
Die derzeitige Rechtslage zum Abzug von Fortbildungskosten sieht wie folgt aus:
- Aufwendungen für eine Berufsausbildung oder für ein Studium sind nur dann als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar, wenn zuvor bereits eine Erstausbildung (Berufsausbildung oder Studium) abgeschlossen worden ist.
- Ein Werbungskostenabzug ist auch dann möglich, wenn die Berufsausbildung oder das Studium im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet.
- Eine Berufsausbildung oder ein Studium liegt vor, wenn eine geordnete Ausbildung mit einer Mindestdauer von 12 Monaten bei vollzeitiger Ausbildung stattfindet und mit einer Abschlussprüfung endet (§ 4 Abs. 9 EStG und § 9 Abs. 6 EStG in der Fassung des ZollkodexAnpG).
- Eine geordnete Ausbildung liegt vor, wenn diese auf der Grundlage von Rechts- und Verwaltungsvorschriften oder internen Vorschriften eines Bildungsträgers durchgeführt wird.
- Ist eine Abschlussprüfung nach dem Ausbildungsplan nicht vorgesehen, gilt die Ausbildung mit der tatsächlichen planmäßigen Beendigung als abgeschlossen.
- Eine Berufsausbildung als Erstausbildung hat auch derjenige abgeschlossen, der eine Abschlussprüfung besteht, ohne eine entsprechende Berufsausbildung zu durchlaufen, die ansonsten mindestens 12 Monate betragen würde.
Die großzügige Rechtsprechung, wonach der BFH z. B. ein Medizinstudium oder eine Pilotenausbildung als Fortbildung anerkannt hatte, wurde durch eine Änderungen der §§ 4 und 9 EStG wieder rückgängig gemacht. § 4 Abs. 9 EStG lautet nunmehr: „Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, sind keine Betriebsausgaben.“ § 9 Abs. 6 EStG enthält eine entsprechende Regelung für die Werbungskosten.
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