Vermeidung Liquiditätsbelastungen

„Wir zahlen nicht - die Leistung war unvollständig!“ Bessere Abstimmung zwischen Sales und Finance


Mahnläufe und Liquiditätsbelastungen vermeiden

In vielen Unternehmen ist Zahlungsverzug kein Zeichen mangelnder Zahlungsmoral, sondern das Ergebnis unklarer Prozessverantwortung. Häufig erfährt Finance erst im Mahnlauf von Konflikten - dann ist es meist zu spät. Dieser Beitrag zeigt, wie eine bereichsübergreifende Abstimmung zwischen Sales, After-Sales und Finance Liquidität sichert, Reibungsverluste reduziert und die Steuerungsfähigkeit des Unternehmens stärken kann.

Offene Posten als Symptom tieferliegender Ursachen

„Wir zahlen nicht - die Leistung war unvollständig.“

Dieser Satz fällt regelmäßig, sobald der Mahnlauf gestartet wird. Was zunächst nach einem klassischen Kundenproblem aussieht, ist in vielen Fällen das Ergebnis interner Abstimmungsdefizite.

Sales verbucht den Auftrag als abgeschlossen, stellt die Rechnung und freut sich über den Umsatz. Der Kunde sieht jedoch noch offene Punkte, Nacharbeiten oder unklare Vereinbarungen. Finance steht dann an der Frontlinie, ohne direkten Einfluss auf die Ursachen zu haben. Das Ergebnis sind endlose Klärungsschleifen, verspätete Zahlungen und unnötige Belastungen der Liquidität

Offene Posten entstehen selten im Mahnwesen selbst, sondern bereits in der Übergabe zwischen operativer Leistung und Abrechnung. Nur wer die Ursache an dieser Schnittstelle adressiert, kann Reibung reduzieren und Zahlungsausfälle vermeiden.

Die strukturelle Schwachstelle: funktionale Trennung

In vielen Organisationen ist der Order-to-Cash-Prozess strikt funktional getrennt: Der Vertrieb verantwortet den Umsatz, operative Einheiten, die Leistungserbringung und Finance die Abrechnung. Auf dem Papier klingt das nach Effizienz, in der Praxis führt es jedoch zu einem Kontrollverlust über Prozessverantwortung.

Wenn Änderungen im Leistungsumfang, Nachbesserungen oder Reklamationen nicht sauber dokumentiert werden, verliert Finance die Grundlage für eine prüfbare Fakturierung. Die Folge: Rechnungen, die aus Kundensicht nicht dem tatsächlichen Leistungsstand entsprechen, geraten in Diskussionen, statt bezahlt zu werden.

Diese strukturelle Lücke ist mehr als ein administratives Problem. Sie verursacht Mehraufwand in Finance, schwächt die Steuerungsfähigkeit und kann das Vertrauen der Kunden nachhaltig beeinträchtigen.

Governance entlang des Order-to-Cash-Prozesses

Um Risiken zu minimieren, braucht es Governance-Strukturen, die Verantwortlichkeiten klar definieren und Prozesse verbindlich machen. Finance sollte frühzeitig eingebunden werden, idealerweise bereits in der Angebots- und Projektphase. So wird sichergestellt, dass alle abrechnungsrelevanten Kriterien transparent dokumentiert und kommuniziert werden.

Wesentliche Handlungsfelder sind:

  • Klare Prozessschnittstellen: Jede Abteilung muss wissen, wann und in welcher Form Informationen an die nächste Instanz übergeben werden.
  • Verbindliche Leistungsnachweise: Abrechnungen dürfen nur nach Prüfung und Dokumentation des Leistungsstands erfolgen.
  • Abstimmung vor Mahnung: Bevor ein Posten in den Mahnlauf geht, sollte eine Klärung zwischen Sales, After-Sales und Finance stattfinden.
  • Kundenkommunikation: Frühzeitige Rückmeldungen zu Leistungsabweichungen verhindern Konflikte und stärken Vertrauen.

So werden Mahnläufe zur Ausnahme, und der Fokus kann auf Steuerung und Liquiditätssicherung gelegt werden.

Finance als Koordinator - nicht als Korrektor

Die Rolle von Finance verankert sich nachhaltig. Moderne Finanzorganisationen verstehen sich nicht mehr nur als Kontrollinstanz, sondern als integrativer Bestandteil der Unternehmenssteuerung.

Finance sollte bereichsübergreifende Kommunikation aktiv fördern, Datenflüsse absichern und sicherstellen, dass operative Realität und finanzielle Abbildung konsistent sind. Agiert Finance als Moderator zwischen Vertrieb, Projektmanagement und Geschäftsführung, entstehen weniger Reibungsverluste und deutlich mehr Steuerungsqualität.

Dies ist kein zusätzlicher Aufwand, sondern Bestandteil moderner Governance: Liquiditätssicherung beginnt nicht erst bei der Mahnung, sondern bei der Klarheit der Prozesse.

Fazit: Finance als Koordinator aufstellen

Unbezahlte Rechnung sind nicht ausschließlich ein Problem der Zahlungsmoral. Sie sind ein Indikator für unklare Schnittstellen, unzureichende Kommunikation und fehlende Transparenz. Wer die Ursachen dort adressiert, wo sie entstehen, senkt Risiken und verbessert die finanzielle Resilienz.

Finance wird damit zum Partner der Wertschöpfung, nicht zum nachgelagerten Korrektiv. Nachhaltige Steuerung entsteht immer dort, wo operative Klarheit und finanzielle Integrität zusammenfinden.

Praxis-Tipp: Vor Mahnlauf bereichsübergreifende Kurzprüfung durchführen

Führen Sie vor jedem Mahnlauf eine bereichsübergreifende Kurzprüfung durch und stimmen Sie folgende Fragen ab:

  1. Wurde die Leistung vollständig erbracht und dokumentiert?
  2. Gibt es offene Reklamationen oder Änderungen im Leistungsumfang?
  3. Ist die Kundenkommunikation aktuell und transparent?

Diese einfache Routine reduziert Eskalationen, beschleunigt Zahlungseingänge und verbessert die interne Abstimmung messbar.


Schlagworte zum Thema:  Mahnung , Finance
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