Tz. 113

Stand: EL 52 – ET: 02/2024

In der Diskussion über die Einführung der kaufmännischen Rechnungslegung im öffentlichen Sektor werden seit jeher auch die Grenzen der Doppik aufgezeigt. Vor dem Hintergrund der konzeptionell unterschiedlichen Ausrichtung von gewinnorientierten Unternehmen und von Gebietskörperschaften wird eine Ergänzung der vergangenheitsorientierten doppelten Buchführung um weitere Berichtsbestandteile allgemein als erforderlich erachtet. Seit dem Jahr 2013 gibt der IPSASB mit den sog. empfohlenen Leitlinien (Recommended Practice Guidelines, RPG) auch Hinweise zur Ausgestaltung von ergänzenden Instrumenten der öffentlichen Rechnungslegung. Veröffentlicht wurden bislang Verlautbarungen zur Tragfähigkeitsberichterstattung (Reporting on the Long-Term Sustainability of a Public Sector Entity’s Finances), zur ergänzenden Erläuterung des Jahresabschlusses (Financial Statement Discussion and Analysis) sowie zur Berichterstattung über Ziele und Kennzahlen zur öffentlichen Leistungserbringung (Service Performance Reporting).

 
RPG 1 Reporting on the Long-Term Sustainability of an Entity’s Finances
RPG 2 Financial Statement Discussion and Analysis
RPG 3 Reporting Service Performance Information

Abb. 12: Übersicht über die empfohlenen Leitlinien (RPG)

 

Tz. 114

Stand: EL 52 – ET: 02/2024

Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der europäischen Schuldenkrise ist auch die Frage nach einer angemessenen Berichterstattung über die Tragfähigkeit öffentlicher Finanzen eine Fragestellung von besonderer Relevanz für den öffentlichen Sektor. Schließlich hat die Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise sowie die Covid-19-Pandemie vielerorts zu einer weiteren Verschärfung der Situation der öffentlichen Haushalte geführt, was die Frage nach der Belastung zukünftiger Generationen mit den bis dato angehäuften Lasten nochmals intensiviert hat. Zu den entsprechenden Fragestellungen hat der IPSASB im Jahr 2013 die Leitlinie Reporting on the Long-Term Sustainability of a Public Sector Entity’s Finances (RPG 1) veröffentlicht. Der Begriff der Tragfähigkeit öffentlicher Finanzen bezieht sich idR auf die Frage, ob die derzeitige Finanz-, Wirtschafts- und Sozialpolitik auf Dauer (auch unter Berücksichtigung der Folgen des demographischen Wandels) so fortgeführt werden kann oder ob als Konsequenz einer langfristig übermäßigen Zunahme der Staatsverschuldung und den damit verbundenen Folgen die Handlungsfähigkeit des Staates auf lange Sicht nicht mehr gewährleistet werden kann. Die nachfolgende Abbildung 13 veranschaulicht anhand der schattierten Bereiche, dass die traditionelle doppische Vermögensrechnung Transaktionen darstellt, für die es identifizierte Ereignisse in der Vergangenheit gibt. Es werden jedoch, wie die nicht schattierten Bereiche der Abbildung zeigen, keine Aktivposten für erwartete Ressourcen, die zukünftig realisiert werden (zB zukünftige Steuereinnahmen), und keine Passivposten für erwartete Verpflichtungen, die zukünftig begründet werden (bspw. Leistungen aus dem Bereich der Sozialversicherung) abgebildet. Diese Lücke will die Tragfähigkeitsberichterstattung mit ihrem Fokus auf die langfristige Projektion der Finanzierung der staatlichen Leistungserbringung erreichen.

Abb. 13: Grenzen der doppischen Vermögensrechnung

 

Tz. 115

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Auch die Leitlinie Financial Statement Discussion and Analysis (RPG 2) wurde im Jahr 2013 veröffentlicht. Vergleichbar zum IFRS Practice Statement "Management Commentary" werden hier Berichtsinhalte thematisiert, die in Deutschland traditionell im Lagebericht enthalten sind. Die relativ kurze Leitlinie nennt und erläutert in diesem Zusammenhang folgende Berichtsinhalte:

  • Überblick über die Tätigkeiten und das Umfeld der Berichtseinheit,
  • Informationen zu den Zielen und der strategischen Ausrichtung der Einheit,
  • Analyse der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage unter Berücksichtigung wesentlicher Veränderungen und Trends,
  • Beschreibung der wesentlichen Risiken sowie die Erläuterung von Veränderungen der Risiken oder des Risikomanagements.

Ein wichtiger Unterschied im Vergleich zum deutschen Lagebericht (sowie zum IFRS Practice Statement) besteht darin, dass ausschließlich vergangenheitsorientierte Informationen kommentiert werden. Ein in die Zukunft gerichteter Prognosebericht ist nach RPG 2 nicht vorgesehen.

 

Tz. 116

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Als bislang letzte Leitlinie wurde Reporting Service Performance Information (RPG 3) im Jahr 2015 veröffentlicht. Die Verlautbarung behandelt die Thematik der Output- respektive Outcome-Orientierung in der Steuerung öffentlicher Einheiten, die ein wesentliches Reformziel der Neuen Verwaltungssteuerung darstellt. Vergleichbare Fragestellungen ergeben sich im Zusammenhang mit der Darstellung von nicht finanziellen Leistungsindikatoren, wie sie im Lagebericht nach DRS 20 vorgesehen ist. In der Leitlinie wurde ein prinzipienorientierter Ansatz zur Leistungsberichterstattung in Bezug auf Programme und Leistungen des öffentlichen Sektors entwickelt, de...

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