Tz. 58g

Stand: EL 43 – ET: 03/2021

Ferner sind aufseiten des Leasingnehmers voraussichtlich zu entrichtende Zahlungen aufgrund von zugesagten Restwertgarantien (residual value guarantees) bei der Erstbewertung der Leasingverbindlichkeit zu berücksichtigen (IFRS 16.27 (c)). IFRS 16 definiert eine Restwertgarantie als eine zugunsten des Leasinggebers gewährte Garantie, wonach der Wert (oder ein Teil des Wertes) des Leasingobjekts am Ende der Laufzeit eine bestimmte Mindesthöhe erreichen wird (IFRS 16 Appendix A (residual value guarantee)). Der Leasinggeber sichert sich dabei insofern gegen das sog. Restwertrisiko aus einem Leasingverhältnis ab (vgl. Graupe, 2013, S. 85).

Im Rahmen der konkreten Bestimmung der einzubeziehenden Zahlungen ist – anders als noch nach IAS 17.4, wonach es auf den Höchstbetrag ankam, der im Zweifelsfall zu zahlen war – auf die erwartungsgemäß zu entrichtenden Beträge (amounts expected to be payable) aus der gewährten Garantie abzustellen (vgl. Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg, Haufe IFRS-Kommentar, 18. Aufl., § 15a, Tz. 166; Gebhardt, in: Thiele/von Keitz/Brücks, 41. Erg.-Lfg. April 2019, IFRS 16, Tz. 221). Dies impliziert uE – auch mit Blick auf IFRS 16.BC171, wonach die Bewertung der Restwertgarantie eine "reasonable expectation of the amount that will be paid" reflektieren soll –, dass der in die Leasingzahlungen einzubeziehende Betrag aus einer Restwertgarantie iSd. Erwartungswertes auf Basis einer Szenarioanalyse wahrscheinlichkeitsgewichtet zu ermitteln ist (glA Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg, Haufe IFRS-Kommentar, 18. Aufl., § 15a, Tz. 166; Gebhardt, in: Thiele/von Keitz/Brücks, 41. Erg.-Lfg. April 2019, IFRS 16, Tz. 221). In der Literatur wird demgegenüber teilweise darauf hingewiesen, dass der Standard offenließe, ob der wahrscheinlichkeitsgewichtete oder aber der wahrscheinlichste Betrag einzubeziehen sei (vgl. Bardens/Kroner/Meurer, KoR 2016, S. 390; Findeisen/Adolph, KoR 2018, S. 317).

Beispiel – Einzubeziehende Zahlungen aus einer Restwertgarantie:

Sachverhalt: LN und LG vereinbaren ein dreijähriges Leasingverhältnis über eine Maschine. LN sichert einen garantierten Restwert iHv. 10.000 GE zum Ende der Laufzeit zu. Auf Basis der aktuell verfügbaren Daten wird hinsichtlich des Restwertes der Maschine in 3 Jahren von den folgenden drei Szenarien mit entsprechenden Eintrittswahrscheinlichkeiten ausgegangen:

 
  Erwarteter Restwert Eintrittswahrscheinlichkeit Zu leistende Zahlung
Szenario A > 10.000 GE 40 % 0 GE
Szenario B 9.500 GE 30 % 500 GE
Szenario C 9.000 GE 30 % 1.000 GE

Beurteilung: Der Erwartungswert der aufgrund der Restwertgarantie zu leistenden Zahlung beläuft sich als wahrscheinlichkeitsgewichteter Wert auf 450 GE (0 GE × 0,4 + 500 GE × 0,3 + 1.000 GE × 0,3). Dieser Betrag ist gem. IFRS 16.27 (c) in die Leasingzahlungen einzubeziehen.

 

Tz. 58h

Stand: EL 43 – ET: 03/2021

Ein Leasingnehmer kann einem Leasinggeber eine Restwertgarantie iSv. IFRS 16.27 (c) auch in Gestalt eines Andienungsrechts gewähren. Ein Andienungsrecht ist eine Verkaufsoption des Leasinggebers, die bei Ausübung den Leasingnehmer als Stillhalter dazu verpflichtet, das Leasingobjekt (in aller Regel zum Ende der Laufzeit) zu einem festgelegten Ausübungspreis zu erwerben (vgl. Graupe, 2013, S. 85f.). Der Ausübungspreis ist als zu leistendes Entgelt in die Bewertung der Leasingverbindlichkeit einzubeziehen. In der Literatur wird zum Teil argumentiert, dass der Ausübungspreis nur dann einzubeziehen sei, wenn die Ausübung der Option durch den Leasinggeber hinreichend sicher ist (vgl. Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg, Haufe IFRS-Kommentar, 18. Aufl., § 15a, Tz. 165; Gebhardt, in: Thiele/von Keitz/Brücks, 41. Erg.-Lfg. April 2019, IFRS 16, Tz. 222). Hier sollte aber uE die in IFRS 16 angelegte asymmetrische Behandlung von Optionen des Leasinggebers einerseits und des Leasingnehmers andererseits berücksichtigt werden. So gilt bei der Bestimmung der Laufzeit eines Leasingverhältnisses eine einseitige Kündigungsoption des Leasinggebers – im Gegensatz zu Optionen des Leasingnehmers – ungeachtet der Ausübungswahrscheinlichkeit als nicht ausgeübt, sodass die Leasingzahlungen, die sich auf den optionalen Zeitraum beziehen, bei der Bestimmung der Leasingverbindlichkeit zwingend einzubeziehen sind (vgl. Tz. 45). Dies begründet der IASB damit, dass sich der Leasingnehmer seiner Zahlungsverpflichtung für das Nutzungsrecht für diesen optionalen Zeitraum nicht entziehen kann (IFRS 16.BC128). In Analogie zu dieser Vorgehensweise kann argumentiert werden, dass eine Verkaufsoption des Leasinggebers als ausgeübt anzunehmen ist, der Leasingnehmer sich dieser Zahlung nicht entziehen kann und folglich der Ausübungspreis bei der Bestimmung der Leasingverbindlichkeit grundsätzlich berücksichtigt werden muss (so im Ergebnis auch Findeisen/Adolph, KoR 2018, S. 317f.). Darauf sollte vor dem Hintergrund einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise und einer standardübergreifenden Konsistenz hinsichtlich der Nichtberücksichtigung nicht substanzieller Vertra...

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