Tz. 350

Stand: EL 37 – ET: 2/2019

IFRS 9 war dem Grunde nach rückwirkend anzuwenden, so dass erforderliche Wertanpassungen einzelner Finanzinstrumente gem. IAS 8 durch eine Korrektur der Gewinnrücklagen in der Eröffnungsbilanz des Erstanwendungszeitraums vorgenommen wurden (vgl. IFRS 9.7.2.1 und 15). Von dieser Generalnorm bestanden allerdings eine Vielzahl von Einzelausnahmen, von denen die meisten einer mangelnden Praktikabilität beim erstmaligen Ansatz der Höhe nach geschuldet sind (vgl. IFRS 9.7.2.4ff.). Vergleichszahlen sind dem Grunde nach nicht erforderlich, allerdings sind bestimmte Angaben nach IFRS 7 vorzunehmen (vgl. IFRS 9.7.2.15 iVm. BC7.34M; s. a. Deloitte LLP 2018, S. 1272ff.). Wenn ein Unternehmen Vorperioden freiwillig anpassen möchte, ist dies nur dann zulässig, wenn dies ohne den Einsatz nachträglich besserer Erkenntnisse möglich ist; in diesem Fall sind die Klassifizierungs-, Ansatz- und Bewertungsvorschriften von IFRS 9 einschlägig und zu berücksichtigen (vgl. IFRS 9.7.2.15). Damit soll offensichtlich ein cherry picking aus einzelnen, vorteilhaft wirkenden Vorschriften verhindert werden. Ausgenommen davon sind lediglich Finanzinstrumente, die zum Zeitpunkt der Erstanwendung bereits ausgebucht wurden (vgl. IFRS 9.7.2.1). Auf diese Instrumente ist in der Vergleichsperiode dann IAS 39 anzuwenden (vgl. Deloitte LLP 2018, S. 1251ff.).

 

Tz. 351

Stand: EL 37 – ET: 2/2019

Der Übergang auf die neuen Klassifizierungsvorschriften für finanzielle Vermögenswerte hat auf Grundlage der Verhältnisse zum Erstanwendungszeitpunkt zu erfolgen. Dabei spielt die Frage, welche Art Geschäftsmodell in vorangegangenen Perioden bestanden hat, keine Rolle (vgl. IFRS 9.7.2.3 iVm. B7.2.1 und BC7.18).

 

Tz. 352

Stand: EL 37 – ET: 2/2019

Die Ausübung der Fair Value Option und der OCI Option ist auf Grundlage der Verhältnisse zum Erstanwendungszeitpunkt festzulegen und der Generalnorm folgend rückwirkend anzuwenden. Das bedeutet, dass die Instrumente in der Bilanz mit dem Wert angesetzt werden, der sich ergibt, wäre das Instrument schon von Anbeginn entsprechend klassifiziert und bewertet worden (vgl. IFRS 9.7.2.8). Hat ein Unternehmen umgekehrt die Fair Value Option unter IAS 39 genutzt, ist die Anwendung aber unter IFRS 9 nicht länger zulässig, muss die Designation zurückgezogen und das betreffende Instrument so bilanziert werden, als sei die Option nie ausgeübt worden. Die Designation kann freiwillig zurückgenommen werden, wenn das Wahlrecht für ein Instrument unter dem Vorgängerstandard ausgeübt wurde und dies weiterhin möglich, jedoch vom Unternehmen nicht länger gewünscht ist (vgl. IFRS 9.7.2.9). Diese Möglichkeiten zur Wahlrechtsausübung bestehen in gleicher Weise auch für finanzielle Verbindlichkeiten (vgl. IFRS 9.7.2.10).

 

Tz. 353

Stand: EL 37 – ET: 2/2019

Auch die Anwendung der Wertminderungsvorschriften hat rückwirkend zu erfolgen. Dafür hat das Unternehmen das zum Zeitpunkt der erstmaligen Erfassung des finanziellen Vermögenswerts bestehende Kreditrisiko zu ermitteln und mit jenem zu vergleichen, das bei erstmaliger Anwendung von IFRS 9 besteht – sofern dies ohne unverhältnismäßig hohe Kosten und Mühen möglich ist. Sollte dem nicht so sein, hat das Unternehmen den betreffenden Vermögenswert mit einer Risikovorsorge in Höhe der über dessen Restlaufzeit erwarteten Verluste zu belegen (vgl. IFRS 9.7.2.17ff. iVm. B7.2.2ff.).

 

Tz. 354

Stand: EL 37 – ET: 2/2019

In Bezug auf die Vorschriften zur Bilanzierung von Sicherungsbeziehungen hat ein Unternehmen zunächst festzulegen, ob es von dem Wahlrecht Gebrauch macht, IAS 39 weiterhin anzuwenden. Da diese Option als Methodenwahlrecht ausgestaltet ist, muss sie für alle Sicherungsbeziehungen einheitlich ausgeübt werden – mit Ausnahme der Portfolioabsicherungen von Festsatzrisiken (vgl. IFRS 9.7.2.21). Entscheidet sich der Bilanzierende dabei für die Anwendung der neuen Sicherungsbilanzierung nach IFRS 9, erfolgt der Übergang auf die Vorschriften – in Abweichung von der Generalnorm – prospektiv, wobei die Anforderungen an das Hedge Accounting zum Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung erfüllt sein müssen (vgl. IFRS 9.7.2.22f.). Wenn Sicherungsbeziehungen bereits unter IAS 39 bestanden und sich auch unter den neuen Regeln für eine entsprechende Bilanzierung qualifizieren, sind die bestehenden Beziehungen fortzuführen (vgl. IFRS 9.7.2.24). Wenn allerdings Änderungen an der Sicherungsbeziehung vorgenommen werden – weil bspw. nach IFRS 9 nunmehr eine Teilabsicherung nichtfinanzieller Risiken zulässig ist und fortan nur noch diese abgebildet werden soll –, dann greift die Fortführungsregel nicht. Entsprechendes hatte das IFRS Interpretations Committee auf eine Anfrage geurteilt (vgl. IFRIC Update Januar 2016). Von der grundsätzlich bestehenden prospektiven Anwendung sieht der IASB in folgenden Fällen ab (vgl. IFRS 9.7.2.26):

  • Hat ein Unternehmen nach IAS 39 lediglich den inneren Wert einer Option in die Absicherung einbezogen, hat es den Zeitwert entsprechend IFRS 9.6.5.15 rückwirkend zu behand...

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