Tz. 85

Stand: EL 39 – ET: 11/2019

Während ein steuerlich rücktragbarer Verlust einen unmittelbaren Anspruch auf Steuerrückzahlung beinhaltet und deshalb als Forderung auszuweisen ist, entsteht aus einem vortragsfähigen steuerlichen Verlust insoweit ein ökonomischer Vorteil, wie künftige steuerliche Ergebnisse verfügbar sind, gegen die der Verlustvortrag verrechnet werden kann. Es liegt zwar kein Vermögensgegenstand im handelsrechtlichen Sinne vor ("handelsrechtlich" bezieht sich hier ausnahmsweise auf das HGB) (vgl. Förschle/Kroner, DB 1996, S. 1639; Ordelheide, 1995, S. 605ff.), im Falle zu erwartender künftiger steuerlicher Ergebnisse liegt aber ein zukünftiger ökonomischer Vorteil (Nutzenpotenzial) vor, dessen Realisierbarkeit sich aus dem in der vergangenen Periode entstandenen Verlust begründet. Somit ist ein aktivierbarer Vermögensposten iSd. IFRS gegeben (vgl. F.53ff.). IAS 12.34 fordert deshalb konsequenterweise, dass auf steuerliche Verlustvorträge insoweit aktivische latente Steuern zu verrechnen sind, wie mit wahrscheinlichen künftigen steuerlichen Gewinnen zu rechnen ist, gegen die die steuerlichen Verlustvorträge verrechnet werden können (vgl. dazu auch Ernsting, BBK 1997, Fach 20, S. 554f.). Auch DRS 18.11 schreibt die Aktivierung von Steuerlatenzen vor, falls der aus dem Verlustvortrag resultierende steuerliche Vorteil mit hinreichender Wahrscheinlichkeit realisiert werden kann (vgl. dazu auch Wotschofsky/Heller, IStR 2002, S. 821).

 

Tz. 86

Stand: EL 39 – ET: 11/2019

Zur Prüfung und zum Nachweis wahrscheinlicher zukünftiger steuerlicher Gewinne gelten grundsätzlich dieselben Kriterien, die allgemein bei aktivischen latenten Steuern anzuwenden sind. Das Vorliegen eines Verlustvortrages ist indes für sich genommen ein starkes Indiz dafür, dass künftig uU nicht ausreichend steuerliche Gewinne vorliegen (IAS 12.35). Im Falle von Verlustvorträgen sind daher an den Nachweis zukünftiger wahrscheinlicher steuerlicher Gewinne besondere Anforderungen zu stellen. Dementsprechend sieht IAS 12.82 auch eine besondere Berichterstattungspflicht über den Umfang aktivischer latenter Steuern auf Verlustvorträge und über die erbrachten Nachweise wahrscheinlicher zukünftiger steuerlicher Gewinne vor.

 

Tz. 87

Stand: EL 39 – ET: 11/2019

Bezugnehmend auf die in einzelnen Ländern bestehende Möglichkeit, steuerliche Verlustvorträge zeitlich unbegrenzt vorzutragen (für Deutschland ist die Mindestbesteuerung gem. § 10d Abs. 2 EStG zu berücksichtigen), könnte die Auffassung vertreten werden, dass bei einer Bilanzierung zu Fortführungswerten (going concern) zwangsläufig von einer Aktivierungspflicht für steuerliche Verlustvorträge auszugehen ist. Derartige Überlegungen werden nach der hier vertretenen Auffassung abgelehnt, da dem going concern-Konzept und den Ertragsprognosen im Rahmen der Bilanzierung aktivischer latenter Steuern idR unterschiedliche Zeithorizonte zugrunde liegen und der notwendige überzeugende Nachweis für eine künftige Nutzung der Verlustvorträge hierdurch nicht erbracht wird.

 

Tz. 87a

Stand: EL 39 – ET: 11/2019

Zinsvorträge haben grundsätzlich ähnliche Charakteristika wie steuerliche Verlustvorträge, sodass eine Aktivierung latenter Steuern analog zu den Verlustvorträgen zu erfolgen hat. Bei der Bewertung latenter Steuern auf einen Zinsvortrag ist allerdings zu beachten, dass eine vollständige Nutzung des Zinsvortrages aufgrund gewerbesteuerlicher Hinzurechnungsvorschriften (§ 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG) nicht möglich ist (Meyer/Loitz/Linder/Zerwas, 2010, Latente Steuern, § 2, Rz. 80).

 

Tz. 87b

Stand: EL 39 – ET: 11/2019

Bei den Prognoserechnungen für Zins- und Verlustvorträge sind ferner die Interdependenzen zwischen den Prognoserechnungen zu berücksichtigen.

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