Tz. 58

Stand: EL 42 – ET: 11/2020

Neben den sachlichen Gründen für eine Zusammenfassung von Geschäftssegmenten gewährt der IASB auch quantitative Gründe. Obgleich der IASB in diesem Zusammenhang vermeidet, von Wesentlichkeitskriterien (thresholds of materiality oder thresholds of significance) zu sprechen, steht diese Regelung mit dem Prinzip der Wesentlichkeit (vgl. F 2.11; IAS 1.29) der Berichterstattung in enger Verbindung. Denn danach sind nur für solche Segmente eigenständige Informationen zu gewähren, die aufgrund ihres ökonomischen "Gewichts" bzw. "Volumens" für die Entscheidungssituationen der Abschlussadressaten von Relevanz sind. Hierdurch kann einerseits für die Adressaten eine Beeinträchtigung der Verständlichkeit durch ein Übermaß an detaillierten Segmentinformationen (sog. information overload) vermieden und andererseits können sowohl die direkten Kosten der Abschlusserstellung als auch die indirekten Kosten durch eine zu detaillierte Informationsgewährung beim berichterstattenden Unternehmen reduziert werden.

 

Tz. 59

Stand: EL 42 – ET: 11/2020

Für ein Geschäftssegment (egal ob vertikal integriert oder nicht; vgl. auch SFAS 131.BC79f.; EY 2020, S. 2861) sind nur dann separate Informationen auszuweisen, wenn einer der drei nachfolgenden Grenzwerte (quantitative thresholds) überschritten ist:

  • Seine erfassten Erträge (reported revenue) aus Transaktionen mit externen Kunden und anderen Segmenten machen mindestens 10 % der externen und internen Segmenterträge aller Geschäftssegmente aus oder
  • sein erfasstes Periodenergebnis (reported profit or loss), unbeschadet, ob Gewinn oder Verlust, beträgt mindestens 10 % des größeren absoluten Betrages aus den entsprechenden zusammengefassten Ergebnissen aller Geschäftssegmente mit positivem Ergebnis oder aller Geschäftssegmente mit negativem Ergebnis oder
  • seine Vermögenswerte (assets) belaufen sich auf mindestens 10 % der gesamten Vermögenswerte aller Geschäftssegmente.

Die Grenzwerte gelten nicht alternativ, sondern kumulativ; dh., sobald ein Geschäftssegment einen Grenzwert überschreitet, gilt es als berichtspflichtiges Segment (IFRS 8.13). Darüber hinaus macht der IASB deutlich, dass entsprechend dem Grundprinzip des Standards (IFRS 8.1) auch bei der Anwendung dieser Segmentgrößenregelung der Informationsnutzen beim Adressaten im Vordergrund stehen muss, dh. ein Geschäftssegment auch dann eigenständig darzustellen ist, wenn es die Größenkriterien zwar nicht überschreitet, aber das Management davon ausgeht, dass die segmentspezifischen Informationen beim Adressaten Nutzen stiften (IFRS 8.13), also wesentlich sind.

 

Tz. 60

Stand: EL 42 – ET: 11/2020

Die Anwendung der Grenzwerte kann dann problematisch sein, wenn für verschiedene Geschäftssegmente unterschiedliche Ergebnisgrößen in der internen Berichterstattung Verwendung finden, da in einem solchen Fall die "Summe der Ergebnisse über sämtliche Segmente" nicht gebildet werden kann. Hierbei liegt es nahe, für die "Wesentlichkeitsbestimmung" unternehmensspezifisch segment­übergreifend eine einheitliche Ergebnisgröße festzulegen (vgl. Alvarez, 2004, S. 101; Alvarez/Büttner, KoR 2006, S. 312). Eine andere Möglichkeit könnte darin bestehen, aus den Segmenten, in denen die Ergebnisgrößen identisch formuliert sind, Summen zu bilden und die Wesentlichkeitsgrenzen pro entsprechendem Segment auf diese Teile der Gesamtunternehmensbeträge anzuwenden. Diese Vorgehensweise erscheint jedoch nicht sachgerecht, da sie idR zu einem "überhöhten" Ausweis von Segmenten führen dürfte. Darüber hinaus wäre auch ein unbedeutendes Geschäftssegment berichtspflichtig, wenn nur dieses als einziges nach einer spezifischen Ergebnisgröße gesteuert würde (vgl. Fink/Ulbrich, KoR 2006, S. 241; Baetge/Haenelt, IRZ 2008, S. 46f.).

 

Tz. 61

Stand: EL 42 – ET: 11/2020

Eine Unschärfe hinsichtlich der Anwendung ergibt sich im Hinblick auf die zu berücksichtigenden Vermögenswerte. Im Gegensatz zu den ersten beiden Größen­kriterien "Segmenterträge" und "Segmentergebnis", wo grundsätzlich auf die "erfassten" Größen (reported revenue bzw. reported profit or loss) Bezug genommen wird, stellt IFRS 8.13 hinsichtlich des "Segmentvermögens" in seiner Formulierung nicht auf das "erfasste" Vermögen (reported assets) der Geschäftssegmente, sondern auf die Vermögenswerte (assets) grundsätzlich ab. Da den Geschäftssegmenten jedoch aufgrund des management approach lediglich die für interne Berichtszwecke verwandte Vermögensgröße zuzurechnen ist, dürfte hierbei eher von einer redaktionellen Unschärfe in der Formulierung als von der Berücksichtigung sämtlicher Vermögenswerte eines jeden Segments auszugehen sein (ebenso Fink/Ulbrich, DB 2007, S. 982). Finden Vermögenswerte in der internen Berichterstattung und Steuerung keine Verwendung, und entfällt deshalb deren Angabe im Segmentbericht (vgl. Tz. 80), so beschränkt sich die Anwendung der Wesentlichkeitskriterien auf die Erträge sowie das Periodenergebnis der jeweiligen Segmente (EY 2020, S. 2862).

 

Tz. 62

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