Tz. 5

Stand: EL 45 - ET: 11/2021

Fremdkapitalkosten umfassen Zinsaufwendungen sowie sonstige mit der Finanzierung in Zusammenhang stehende Aufwendungen, die einem Unternehmen durch die Aufnahme von fremden Geldmitteln entstehen (IAS 23.5).

Beispielhaft werden in IAS 23.6 genannt:

  • Nach der Effektivzinsmethode, wie sie in IFRS 9 beschrieben wird, berechnete Zinsen;
  • Zinsen in Bezug auf nach IFRS 16 erfassten Leasingverbindlichkeiten;
  • bei Finanzierungen in Fremdwährung entstandene Währungsdifferenzen, soweit diese als Zinskorrektur zu erachten sind.

IAS 23 definiert Fremdkapitalkosten lediglich für Zwecke dieses Standards, dh. für die Frage, welche Kosten als Fremdkapitalkosten aktiviert werden können. Die Identifizierung und die Bewertung von Finanzierungsaufwendungen sind nicht Gegenstand von IAS 23, sondern sind Gegenstand anderer Standards, insbesondere von IFRS 9.

Im Übrigen sind die in IAS 23.6 genannten Beispiele nicht abschließend, dh., auch weitere Aufwendungen kommen als Fremdkapitalkosten in Betracht. Dies ist insoweit relevant, als IAS 23.6 nicht alle Sachverhalte erfasst, die in der Praxis zum Teil unter den Finanzierungsaufwendungen ausgewiesen werden. Bspw. betrifft dies Aufzinsungseffekte aus Rückstellungen, Gewinne und Verluste etwa aus Zinsderivaten oder Gewinne und Verluste aus der Ausbuchung von Krediten bei vorzeitiger Tilgung. Inwieweit auch solche Aufwendungen in den Anwendungsbereich von IAS 23 fallen, wird nachfolgend diskutiert.

 

Tz. 5a

Stand: EL 45 - ET: 11/2021

Die Definition der Fremdkapitalkosten und die angeführten Beispiele zeigen, dass auch die Kosten der Fremdkapitalbeschaffung, soweit diese Teil des Effektivzinses sind, als Fremdkapitalkosten zu qualifizieren sind. In den Effektivzins fließen alle von den Vertragspartnern erhaltenen Gebühren und sonstigen Entgelte ein, die ein integraler Bestandteil des Effektivzinses sind. Gleiches gilt für bezahlte Transaktionskosten sowie für Agien und Disagien (IFRS 9.Appendix A effective interest rate). Zu den Transaktionskosten gehören an Vermittler, Berater, Makler und Händler gezahlte Gebühren und Provisionen, an Aufsichtsbehörden und Wertpapierbörsen zu entrichtende Abgaben sowie Steuern und Gebühren (siehe ausführlich Kuhn/Hachmeister, 2015, S. 33f.).

 

Tz. 5b

Stand: EL 45 - ET: 11/2021

Auch hinsichtlich der Einbeziehungspflicht von Gewinnen und Verlusten aus derivativen Finanzinstrumenten äußert sich IAS 23 nicht. Mithin können diesbezüglich unterschiedliche Vorgehensweisen zulässig sein. UE sind Gewinne und Verluste aus derivativen Finanzinstrumenten (zB Aufwendungen für Zinsswaps, Zinsoptionen und ähnliche Zinsderivate) in die Fremdkapitalkosten iSd. IAS 23 einzubeziehen, sofern ein direkter Zusammenhang iSv. IAS 23.8 zwischen den Gewinnen und Verlusten aus einem Derivat und dem Erwerb, dem Bau oder der Herstellung eines qualifizierten Vermögenswertes nachgewiesen wird. Die Voraussetzungen für Sicherungsbeziehungen iSv. IFRS 9.6.4.1 müssen hierbei nicht gegeben sein (vgl. IDW, 2016, Tz. 12; aA PWC, 2021, S. 22039, wonach die Auswirkungen nur solcher Derivate zu berücksichtigen sind, die in einer Sicherungsbeziehung stehen). Wird zB ein variabel verzinsliches Darlehen für den Erwerb, den Bau oder die Herstellung eines qualifizierten Vermögenswerts durch einen Zinsswap gesichert, kann ein direkter Zusammenhang mit dem Erwerb, dem Bau oder der Herstellung eines qualifizierten Vermögenswerts hinsichtlich der laufenden Zinszahlungen und der Zinsabgrenzungen aus dem Zinsswap bestehen. Die zu berücksichtigenden Zinszahlungen setzen sich damit aus den Zinszahlungen aus dem Kredit sowie aus dem Derivat zuzüglich der Zinsabgrenzungen zusammen. Demgegenüber ist ein direkter Zusammenhang hinsichtlich der (übrigen) Fair Value-Änderungen (clean price) des Zinsswaps zu verneinen, da der clean price des Zinsswaps den Barwert der erwarteten künftigen Zahlungsströme darstellt (vgl. IDW, 2016, Tz. 12). Ineffektivitäten bei einer Sicherungsbeziehung iSv. IFRS 9 sind aufwandswirksam zu erfassen (vgl. Kuhn/Hachmeister, 2015, S. 381) und entsprechend nicht bei der Ermittlung der Fremdkapitalkosten zu berücksichtigen (so auch PWC, 2021, S. 22039). Insbesondere wenn keine Sicherungsbeziehung vorliegt, ist der Nachweis, dass zwischen den Gewinnen und Verlusten aus einem Derivat und dem Erwerb, Bau oder der Herstellung ein direkter Zusammenhang besteht, von besonderer Bedeutung. Bei dieser Einschätzung sind die Konditionen des Derivats zu berücksichtigen. Weichen diese von denen des zugrunde liegenden Kredits ab, kann dies dazu führen, dass die Berücksichtigung der Effekte aus einem Derivat als Fremdkapitalkosten nicht sachgerecht ist (vgl. Ernst & Young, 2021, Chapter 21.5.5.1).

Auch für den Fall, dass ein Fremdwährungskredit für den Erwerb, den Bau oder die Herstellung eines qualifizierten Vermögenswerts gegen das Währungsrisiko gesichert wird, können die Gewinne und Verluste aus dem Sicherungsinstrument als Bestandteil der Fremdkapitalkosten iSv. IAS 23.5 anzusehen ...

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