Tz. 141

Stand: EL 50 – ET: 06/2023

Die Frage, ob eine Aufwandsverteilung oder eine sofortige Aufwandsverrechnung geboten ist, richtet sich danach, ob eine bereits erhaltene Leistung vergütet wird oder eine vom Empfänger der anteilsbasierten Vergütung erst noch zu erbringende Leistung. Für diese Beurteilung ist naturgemäß auf den Tag der Gewährung (dazu vgl. Tz. 41 bzw. vgl. Tz. 61ff.) abzustellen, da das Unternehmen mit diesem Ereignis, dh. an diesem Tag, seine Leistung im Rahmen des Austauschverhältnisses erbringt.

 

Tz. 142

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Ist der Vergütungsanspruch am Tag der Gewährung bereits unentziehbar, bedarf es normalerweise keiner Belastung künftiger Zeiträume. Der Geschäftsvorfall ist sofort aufwandswirksam zu erfassen (IFRS 2.14).

Beispiel (vgl. IFRS 2.IG Beispiel 11):

Sachverhalt: Ein Unternehmen bietet seinen 1.000 Mitarbeitern die Möglichkeit, an einem employee share purchase plan (Belegschaftsaktienprogramm) teilzunehmen. Die Arbeitnehmer haben zwei Wochen Zeit, sich für oder gegen die Programmteilnahme zu entscheiden. Jeder Mitarbeiter hat die Möglichkeit, maximal 100 Aktien zu kaufen. Der Kaufpreis soll 20 % unter dem Marktpreis zum Zeitpunkt der Annahme des Angebots liegen und muss sofort bezahlt werden. Alle gekauften Aktien werden treuhänderisch für die Mitarbeiter verwaltet und können fünf Jahre lang nicht verkauft werden. Die Angestellten können in dieser Zeit nicht von dem Programm zurücktreten. Bspw. werden die Aktien auch dann bis zum Ende des Fünfjahreszeitraums von dem Unternehmen verwahrt, wenn das Arbeitsverhältnis in der Zwischenzeit aufgelöst wird. Auch während dieser Zeit anfallende Dividenden werden bis zum Ende des fünften Jahres einbehalten.

Insgesamt nehmen 800 Angestellte das Angebot an und jeder erwirbt im Durchschnitt 80 Aktien, insgesamt werden also 64.000 Aktien erworben. Der gewichtete durchschnittliche Marktpreis beträgt am Kauftag EUR 30 je Aktie, der gewichtete durchschnittliche Kaufpreis EUR 24.

Lösung: Nimmt das Unternehmen einen beizulegenden Zeitwert der veräußerungsbeschränkten Aktien von EUR 28 an, liegt der beizulegende Zeitwert der gewährten Eigenkapitalinstrumente bei EUR 4 je Aktie (beizulegender Zeitwert (EUR 28) abzgl. des Kaufpreises (EUR 24)). Da insgesamt 64.000 Aktien gekauft werden, entspricht der beizulegende Zeitwert aller gewährten Eigenkapitalinstrumente EUR 256.000. Da es keinen Erdienungszeitraum gibt, muss der Aufwand in entsprechender Höhe sofort gebucht werden.

 

Tz. 143

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Allerdings deutet IFRS 2.14 an, dass ausnahmsweise auch bei einem unverfallbaren Anspruch eine zeitliche Verteilung des Aufwandes notwendig sein kann. Dies ist dann der Fall, wenn davon auszugehen ist, dass die Vergütung für eine künftige Leistung gewährt wird. Zwar leuchtet es unmittelbar ein, dass eine Vergütung für eine künftige (Arbeits-)Leistung nicht sofort aufwandswirksam wird, sondern abzugrenzen ist; allerdings dürfte davon auszugehen sein, dass der Empfänger der anteilsbasierten Vergütung (zB Arbeitnehmer) die empfangene Leistung nach Maßgabe der jeweiligen Rechtsordnung ohnehin zurückzugewähren hat, falls er die hierfür vereinbarte Gegenleistung (hier: Arbeitsleistung), für die er vergütet wurde, nicht erbringt. Insoweit wäre die Unverfallbarkeit des Anspruchs gerade nicht gegeben und es läge kein Fall des IFRS 2.14 vor. Eine Widerlegung der Vermutung, dass eine sofortige Aufwandswirksamkeit geboten ist, liegt dann vor, wenn der Begünstigte sein Bezugsrecht unverzüglich ausüben darf, der Ausübungspreis (Bezugspreis) jedoch über dem derzeitigen Marktwert liegt (dh., die Option ist "out of the money"; innerer Wert = null), sodass eine sofortige Ausübung wirtschaftlich unsinnig wäre und demzufolge erwartungsgemäß zunächst die weitere Kursentwicklung abgewartet wird (vgl. Ramscheid, in: Beck’sches IFRS-Handbuch, 6. Aufl., § 24, Tz. 42).

 

Tz. 144

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Als Unverfallbarkeitsbedingungen (Ausübungsbedingungen) kommen ausschließlich Dienst- und Leistungsbedingungen in Betracht (vgl. Tz. 45).

Abb. 12: Beispiele für Ausübungsbedingungen

 

Tz. 145

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Die Unterscheidung der für die Unverfallbarkeit maßgebenden Ausübungsbedingungen in marktunabhängige und marktabhängige Bedingungen (Marktbedingungen) ist fundamental für das Verständnis des IFRS 2. Während Marktbedingungen sich (einmalig) auf den zum Tag der Gewährung zu ermittelnden beizulegenden Zeitwert auswirken, beeinflussen sämtliche andere Ausübungsbedingungen die Anzahl der letztlich tatsächlich unverfallbar gewordenen Eigenkapitalinstrumente (IFRS 2.19; zum Hintergrund dieser sog. modified grant date method vgl. Deloitte, iGAAP 2022, Kap. A16, Abschn. 5.3.1). Es lässt sich deshalb konstatieren, dass market conditions das Wert- bzw. Preisgerüst des zu erfassenden Aufwands beeinflussen, non-market conditions demgegenüber das Mengengerüst (vgl. Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg (Hrsg.), IFRS-Kommentar, 20. Aufl., § 23, Tz. 83).

 

Tz. 146

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