Wie Reporting Design die menschliche Wahrnehmung beeinflusst
Information steuert Reaktion
Managemententscheidungen von Führungskräften und Investoren hängen direkt mit den ihnen zur Verfügung stehenden Informationen zusammen, da Informationen die Grundlage menschlicher Entscheidungsfindung sind. Besonders viele Informationen nehmen wir über unsere Augen wahr. Dies liegt daran, dass insgesamt 70 % der menschlichen Sinnesrezeptoren für die visuelle Wahrnehmung vorgesehen sind (vgl. Ware, Information Visualization: Perception for design, 2013).
Das Berichtswesen des Controllers liefert damit einen zentralen Input für Führungsentscheidungen. Daher ist die Visualisierung der ausgewählten Inhalte von zentraler Bedeutung für eine optimale Wahrnehmung.
Informationsverarbeitung in Kurz- und Langzeitgedächtnis
Der Mensch nimmt aufgrund begrenzter Verarbeitungskapazitäten zum eigenen Schutz nur jene Informationen wahr, welchen er Aufmerksamkeit schenkt. Er verfügt über ein sensorisches Gedächtnis, das viele für ihn unbedeutende Informationen filtert. Informationen, die seine Aufmerksamkeit erregen, kommen zunächst in das Kurzzeitgedächtnis (den Arbeitsspeicher). Hier können allerdings nur 7 (plus/minus 2) neue Informationen in einer kurzen Zeit ohne Wiederholung wahrgenommen bzw. verarbeitet werden (Miller, The magical number seven, plus or minus two: Some limits on our capacity for processing information, in Psychological Review, Vol. 101, No. 2, 1956, S. 343–352). Für die Informationsverarbeitung wird das Kurzzeitgedächtnis belastet, je mehr Information, desto stärker (Baddeley/Hitch, Working Memory, in Bower (Hrsg.), Psychology of Learning and Motivation, 1974, S. 47–89). Diese Belastung kann drastisch reduziert werden, sofern Schemen für die Informationsverarbeitung im Langzeitgedächtnis abgelegt sind. Erst durch Wiederholung und Training werden Informationen ins Langzeitgedächtnis übergeführt. Dieses ist von nahezu unbeschränkter Kapazität.
Die einheitliche Verwendung und Gestaltung von Diagrammen und Tabellen hat einen positiven Effekt auf Berichtsleser. Die Standards werden als Schemen im Langzeitgedächtnis abgelegt, wodurch die Wahrnehmung von Trends und Ausreißern im aktuellen Report wesentlich erleichtert und beschleunigt wird.
Information Overload
Da das Kurzzeitgedächtnis des Menschen kapazitativ relativ rasch überlastet, ist ein Mehr an Informationen nur bis zu einem bestimmten Punkt ratsam. Danach ist der Berichtsleser zunehmend überfordert und die Entscheidungsqualität nimmt wieder ab. Diesen Effekt bezeichnet man auch als «Information Overload» (Bawden/Robinson, The dark side of information – overload, anxiety and other paradoxes and pathologies, in Journal of Information Science, Vol. 35, No. 2, 2009, S. 180-191).
Information Overload bewirkt,
- dass man mit der Fülle an Information in einer begrenzten Zeitspanne überlastet ist,
- das Wichtigste nicht mehr extrahieren kann und
- jede zusätzliche Information zu einer Verschlechterung der Entscheidungsqualität führt.
Der grafische Zusammenhang zwischen Entscheidungsqualität und steigendem Informationsangebot lässt sich wie folgt veranschaulichen:
Der Punkt des Information Overload lässt sich mithilfe einer geeigneten Visualisierung nach oben und rechts verschieben. In visueller Form, also grafisch aufbereitet, können deutlich mehr Informationen gleichzeitig und mit weniger kognitivem Aufwand wahrgenommen werden. Dies ist auch der Grund, weshalb «Verstehen» und «Sehen» oft synonym verwendet werden bzw. die Grundlage des Sprichworts «Bilder sagen mehr als 1.000 Worte» bilden.
Folgende Grafik gibt ein Beispiel für die gut ausgeprägte Fähigkeit, visuelle Stimuli zu interpretieren. Das Beispiel verdeutlicht, dass der Trend (der Kurvenverlauf) wesentlich schneller wahrgenommen werden kann, sofern die Information in Form einer Grafik anstatt einer Tabelle dargestellt wird. Umgekehrt geht der Genauigkeitsgrad der Information verloren, da die exakten Werte im Diagramm nicht mehr so einfach ablesbar sind:
Mit Reporting Design Fehleinschätzungen vermeiden
Der visuelle Sinn ist evolutionsbedingt der am stärksten ausgeprägte Sinn und dazu veranlagt, Trends und Zusammenhänge zu identifizieren. Diese schnelle Wahrnehmung und Informationsverarbeitung kann allerdings bei schlechter Aufbereitung auch zu Fehlinterpretationen führen. Richtiges Reporting Design ist daher ein Schlüssel, um Wahrnehmungsanomalien, d. h. Täuschungen der menschlichen Sinne, und damit Fehleinschätzungen der Entscheidungsträger zu vermeiden.
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