
Die Lage in der deutschen Wirtschaft ist nach wie vor gut, doch die Aussichten sind unsicher. Um auf neue Krisen vorbereitet zu sein und die verschärften Kriterien der Kapitalgeber zu erfüllen, überarbeiten die Unternehmen ihre Maßnahmenpakete, wie eine Studie von Oliver Wyman zeigt.
Positive Lage – aber Schwankungen nehmen zu
Insgesamt ist die Lage unter deutschen Unternehmen gut. Die Krisenjahre 2008/2009 haben die meisten bei entsprechenden Anstrengungen erfolgreich verarbeitet und konnten bereits 2010 wieder gute Ergebnisse vorweisen. Doch weitere Konjunkturschwankungen – auch durch die Eurokrise – drohen weiterhin. Dabei gehen über 90 % der Studienteilnehmer davon aus, dass eine erneute wirtschaftliche Flaute spürbar stärkere Auswirkungen hätte als die Krise 2008/2009. So unwahrscheinlich ist eine weitere Flaute nicht, denn positive Impulse sind Mangelware. Staatliche Konjunkturprogramme laufen aus, der private Konsum wird kaum neue Schubkraft geben und Zins- und Wechselkurseffekte werden auch nicht die entscheidende Wende bringen können.
Finanzierungquellen stehen weiterhin offen – Aber der Zugang wird schwieriger
Die Bankenkrise hat viele Investoren vorsichtiger werden lassen. Auch wenn eine Kreditklemme nicht in Sicht ist, so sind doch die Anforderungen merklich gestiegen. Bei 64 % der Investoren sind die Freigabeprozesse anspruchsvoller geworden; weitere 44 % fordern eine umfassendere Besicherung von Krediten. Auch bei der Bewertung von Kreditrisiken hat ein Umdenken eingesetzt. So investieren mehr als die Hälfte der Investoren mehr Zeit und Ressourcen in die Analyse ihrer potentiellen Investitionsobjekte.
| Auswirkungen der Bankenkrise |
Anspruchsvollere Freigabeprozesse | 64 |
Intensivierung Markt- und Unternehmensanalyse | 54 |
Stärker zukunftsorientierte Bewertung | 46 |
Stärkere Besicherung von Krediten | 44 |
Intensivierung der Kommunikation mit den Unternehmen | 34 |
Steigende Zahl von Investments bzw. Finanzierungen mit Partner | 33 |
Anspruchsvollere Covenants (FK) bzw. Vorgaben an das Management | 31 |
Genereller Rückgang der Investments bzw. Kreditvergaben | 15 |
Schnellere Beendigung von Investments/Engagements | 15 |
Tab. 1: Auswirkungen der Bankenkrise auf das Investitionsverhalten Quelle: Oliver Wyman, 2012, „Umbau statt Abbau“, S. 17.
Auch die Auswirkungen von Basel III sind zu spüren. 80 % der befragten Kapitalgeber planen eine Erhöhung der Zinsen bzw. der Konditionen allgemein. Etwas über die Hälfte fordert stärkere Eigenkapitalmaßnahmen der Unternehmen (s. Tab. 2).
| Auswirkungen von Basel III auf die Kreditvergabe Anzahl Nennungen in % der befragten Kapitalgeber |
Erhöhung von Zinsen bzw. Anpassung von Konditionen | 80 |
Stärkere Forderung von Eigenkapitalmaßnahmen im Unternehmen | 54 |
Forderung nach stärkerer Besicherung | 53 |
Erhöhte Anforderungen im Hinblick auf Transparenz | 42 |
Anspruchsvolle Freigabeprozesse für Kredite | 42 |
Häufigere Konsortialfinanzierung/Club Deals | 41 |
Reduktion Kreditvergabe an Unternehmen | 39 |
Restriktivere Covenants | 32 |
Keine Auswirkungen | 2 |
Tab. 2: Auswirkungen von Basel III auf das Kreditgewerbe. Quelle: Oliver Wyman, 2012, „Umbau statt Abbau“, S. 17.
Die geänderten Bedingungen treffen vor allem Unternehmen mit schlechter Bonität, einem unsicheren Geschäftsmodell oder volatilem Marktumfeld. Auch wenn vorhandenes Kapital grundsätzlich zur Verfügung steht wird der Zugriff darauf für einige Firmen somit deutlich schwieriger.
Maßnahmen für einen erfolgreichen Wandel in schwierigen Zeiten
Im Folgenden werden drei Maßnahmen vorgestellt, mit denen sich Unternehmen krisensicher aufstellen können.
Ganzheitliche Risikoanalyse
Die Risiken werden je nach Branche und unternehmensspezifischer Situation sehr unterschiedlich ausfallen. Daher sollte eine Risikoanalyse nicht pauschal erstellt werden, sondern alle relevanten Faktoren einbeziehen. Dazu zählen auch makroökonomische Daten allgemein sowie geschäftsspezifische Daten (z. B. Produktportfolio) im speziellen. Eine saubere Analyse vereinfacht auch die Kommunikation mit potentiellen Geldgebern.
Ausgewogene, flexible Maßnahmenpläne
Die befragten Unternehmen schätzen die Zukunft sehr unterschiedlich ein. Während einige pessimistisch in die Zukunft blicken und sich auf Kostenreduktion fokussieren, sehen andere mehr Chancen und investieren in neue Märkte. Aufgrund dieser großen Bandbreite an Möglichkeiten scheinen ausgewogene, flexibel anpassbare Maßnahmenpläne angebracht. Hierzu sind entsprechende Planungs- und Controllings-Tools unerlässlich. Auch wenn zahlreiche Instrumente im Einsatz sind besteht an einigen Stellen noch Nachholbedarf. Denn das scheinbar wichtigste Instrument, die Szenarioanalyse, kommt bei weniger als 50 % der Befragten zum Einsatz.
Kurz-, mittel, und langfristige Maßnahmen verbinden
Während bei der letzten Krise vor allem kurzfristige Maßnahmen wie Personalabbau, Kurzarbeit oder die Reduzierung von Working Capital zum Einsatz kamen, muss jetzt umgedacht werden. Diese Maßnahmen alleine können bei einer erneuten Flaute nicht den gewünschten Effekt bringen. 45 % der Befragten halten demnach eine strategische Neuausrichtung und 64 % eine Portfolio-Optimierung für deutlich erfolgsversprechender (siehe Tab 3).
| Maßnahmen zur Überwindung | Maßnahmen zur Überwindung |
Strategische Neuausrichtung | 34 % | 45 % |
Partnerschaft/M&A | 19 % | 33 % |
Aufgabe Geschäftsfelder | 21 % | 19 % |
Verkauf von Unternehmstellen | 13 % | 10 % |
Portfoliooptimierung | 41 % | 64 % |
Grundlagen
Der Beitrag beruht auf der Publikation „Umbau statt Abbau – Erfolgsfaktoren für nachhaltige Krisenbewältigung“ aus 2012 von der Unternehmensberatung Oliver Wyman. Über 100 Führungskräfte von Kapitalgebern und Unternehmen verschiedener Branchen und Eigentümerstrukturen nahmen an der Umfrage teil.