Flexible Topline- und Kapazitätsplanung bei BASF

Eine umfangreiche Produktpalette, weltweite Produktionsstandorte und eine komplexe, mehrstufige Produktion stellen die Topline-Planung des Unternehmensbereiches Care Chemicals der BASF SE vor erhebliche Herausforderungen. Anja Scheu und Jan Kaufmann teilen ihre Erfahrungen zur Umsetzung einer flexiblen Lösung im Planungstool Board.

Grundsätzlicher Prozessablauf der kapazitätsbasierten Volumenplanung

Über 2000 verschiedene Produkte, mehr als 30 Produktionsstandorte mit mehrstufiger Produktion und potenziellen Kapazitätsengpässen auf jeder Stufe machen die Kapazitätsplanung im Unternehmensbereich Care Chemicals zu einer echten Herausforderung. Dabei sind Zusagen aus der Volumenplanung die Grundlage vieler verschiedener anschließender Planungsprozesse. Eine effiziente Durchführung der Volumenplanung unter Berücksichtigung der notwendigen regionalen Spezifika ist daher essenziell.

Volumenplanung in drei Schritten

Grundsätzlich kann die kapazitätsbasierte Volumenplanung im Falle des Unternehmensbereiches Care Chemicals der BASF SE in drei Schritte untergliedert werden:

  1. Unabhängige Bedarfsplanung im Vertrieb
  2. Kapazitätsberechnung
  3. Volumenallokation

Zunächst steht die unabhängige Bedarfsplanung im Vertrieb im Fokus, wobei vornehmlich zukünftige Absatzmengen berücksichtigt werden. Dieser Schritt legt den Grundstein für die gesamte Planung, indem er den Bedarf an Produkten und Leistungen ermittelt.

Im Anschluss erfolgt die Kapazitätsberechnung, die eine detaillierte Zuordnung auf die verfügbaren Anlagen beinhaltet. Hierbei werden Intermediatbedarfe kalkuliert, die Kapazitätsauslastung berechnet und Engpässe identifiziert. Dieser Schritt ermöglicht eine präzise Einschätzung der Produktionskapazitäten und potenzieller Engstellen im Fertigungsprozess.

Abschließend erfolgen Volumenallokation und Zusage, bei der die berechneten Kapazitäten den verschiedenen Bedarfen und Anforderungen zugeordnet werden. Dieser Prozess gewährleistet eine effiziente Ressourcennutzung und die optimale Auslastung der vorhandenen Produktionskapazitäten.

Abgebildeter Ansatz in Board

Frühere Bemühungen, die kapazitätsbasierte Volumenplanung durch verschiedene Excel-Lösungen zu realisieren, führten an vielen Stellen zu erheblichem Mehraufwand. Zur Harmonisierung der verschiedenen Lösungen und zur Schaffung einer flexiblen Topline-Planung, die die Komplexität des Unternehmensbereiches effektiv abbilden kann, wurde daher das Tool Board implementiert.

Angesichts des breiten Produktportfolios sowie der mehrstufigen Produktionsprozesse ist es für die Stücklistenauflösung der Intermediate notwendig, dass das Tool Zirkelbezüge sofort erkennt und Schwellwerte nutzt, um schnell die aktuelle Zuordnung der Bedarfe auf die verschiedenen Produktionsstätten zu erhalten. Dabei wird berücksichtigt, dass auf einer Anlage in einer Produktionsstätte verschiedene (Vor-)Produkte mit unterschiedlichen Durchflussmengen produziert werden. Produktionsstunden werden in Gewicht umgewandelt, um im Falle einer Überauslastung von Produktionsstätten eine mengenbasierte Anpassung durch die Planer ermöglichen zu können und die verfügbare (gewichtete) Produktionskapazität in Tonnen zu bestimmen. Am Ende soll die optimale Verteilung der Produktionsvolumina auf die Anlagen festgelegt werden.

Für die finale Volumenallokation und Zusage wird ein Modell verschiedener Faktoren zur Priorisierung herangezogen. Die Volumina werden anhand dieser Faktoren in einem iterativen Prozess auf die verfügbaren Anlagen verteilt, bis eine optimale Verteilung erreicht ist. Gleichzeitig ist es möglich, manuelle Anpassungen zu machen, um beispielsweise strategisch notwendige Produkte zu bedienen, auch wenn diese in der Priorisierung primär nicht berücksichtigt werden. Board ist in der Lage, den gesamten komplexen Prozess klar und anwenderfreundlich zu kalkulieren und zu visualisieren. Hierbei wird es mithilfe einer Schnittstelle mit den erforderlichen Daten aus dem ERP-System versorgt.

Potenzielle Erweiterung und Integration

Wie eingangs erwähnt bildet die kapazitätsbasierte Topline-Planung der BASF Care Chemicals die Grundlage für viele angrenzende Unternehmensprozesse. Die operative Finanzplanung bis zum DB 1 zum Beispiel setzt direkt auf den Ergebnissen der Kapazitätsplanung auf und wird ebenfalls in Board durchgeführt. Anja Scheu und Jan Kaufmann identifizieren außerdem weitere Ausbaustufen im Tool Board. Durch die direkte Anbindung an das ERP und die Kapazitätsplanung als Basis für weitere Planungsprozesse ist eine solide Basis geschaffen, um das Tool auf verschiedene Unternehmensprozesse auszuweiten.

In der jetzigen Form wird die Board Lösung einmal im Jahr zur beschriebenen Kapazitätsplanung und operativen Finanzplanung bis zum DB 1 genutzt. Die geschaffenen Strukturen und Ansätze bieten allerdings auch eine Möglichkeit für langfristige strategische Simulationen (z.B. im 10-Jahreszeitraum) im Tool. So ließe sich z.B. die Strategieentwicklung oder das Asset Target Picture zur zukünftigen Aufstellung der Produktionsanlagen unterstützen. Darüber hinaus werden auch Potenziale zur unterjährigen Steuerung und Allokation gesehen, eine Basis für Szenarioanalysen und Forecasting liegt ebenfalls vor.

Jenseits der Erweiterungen innerhalb vom Unternehmensbereich Care Chemicals wurden durch die entwickelte Kapazitätsplanung skalierbare Strukturen geschaffen, die potenziell auch für andere Unternehmensbereiche der BASF-Gruppe anwendbar sind. Es wird interessant sein zu beobachten, ob die Board-Lösung in Zukunft für zusätzliche Prozesse oder sogar in anderen Unternehmensbereichen zum Einsatz kommt.


Über die Referenten:

Anja Scheu ist Teamlead Operational Controlling Care Chemicals bei BASF SE

Jan Kaufmann ist Solution Architect bei Board Deutschland GmbH

Schlagworte zum Thema:  Planung, Controlling-Instrument