Die Kunst der Frühwarnung im Controlling: Wenn Unternehmen aus Daten lernen
Krisen-Indikator "Pentagon Pizza Index"
Im Juni 2025 sorgte der sog. Pentagon Pizza Index für mediale Aufmerksamkeit. Was war passiert? In der Nacht vor einer militärischen Eskalation im Nahen Osten wurde bemerkt, dass außergewöhnlich viele Pizzen rund um das Pentagon in Washington D.C. bestellt wurden. Reporter nutzen solche Begebenheiten, wie ungewöhnlich viele Pizzabestellungen oder auffallend leere Bars, mittlerweile als Indiz, dass den Mitarbeitern im Pentagon offenbar eine lange Arbeitsnacht bevorsteht.
Datenanalyse von öffentlich zugänglichen Informationen
Das Sammeln von Indizien ist auch für Datenanalysen immer interessanter. Wie viel man aus öffentlich verfügbaren Daten erkennen kann, zeigte bereits beispielsweise David Kriesel in einem bemerkenswerten Vortrag zu Spiegelmining. Seit 2014 wertete er für dieses Projekt tausende Metadaten von Spiegel Online Artikeln aus.
- Wer hat in welcher Rubrik wie viel veröffentlicht?
- Welche Journalisten schreiben häufig gemeinsam an einem Bericht?
- Und welche Texte werden besonders häufig kommentiert? Was sagt das über politische Stimmungsbilder aus?
Mithilfe einer explorativen Datenanalyse konnte er aus diesen Informationen Erkenntnisse gewinnen und beispielsweise feststellen, dass vor allem die Themenrubriken Politik, Sport und Panorama dominieren. Aus den gemeinsam verfassten Artikeln konnte Kriesel erkennen, welche Journalisten besonders eng miteinander kooperieren. Und durch Kommentare unter den Artikeln ließ sich ableiten, welche Themen besonders kontrovers diskutiert wurden und bei bestimmten Themen auch die Kommentarfunktion durch die Redaktion deaktiviert wurde (beispielsweise zum Thema NSU).
Diese Beispiele zeigen: Es werden täglich riesige Datenmengen produziert. Doch damit aus den Daten auch Erkenntnisse gewonnen werden können, benötigt es spezifische Analysen. Nur dann kann ermittelt werden, ob in bestimmten Fällen Kausalitäten oder Korrelationen vorliegen. Nur weil zwei Datenreihen zusammenhängen, heißt das nicht automatisch, dass die eine die andere verursacht. Die Kunst besteht darin, diese Zusammenhänge durch explorative Datenanalyse sorgfältig zu untersuchen – eine Methode, die durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz zunehmend unterstützt wird.
Data Science und Controlling
Unternehmen produzieren täglich immer mehr Daten – und müssen sich die Frage stellen, wie diese Datenmassen überhaupt genutzt werden können, sollen oder auch dürfen. Dabei ist eines vorwegzunehmen: Nicht alles, was möglich ist, ist aus datenschutzrechtlichen oder ethischen Gründen auch geboten.
Data Science bietet für Unternehmen spannende Potenziale. Und moderne Controlling-Ansätze profitieren davon enorm: Sie erlauben es, Muster in großen Datenmengen frühzeitig zu erkennen und so potenzielle Risiken oder Chancen rechtzeitig zu identifizieren. Der Pentagon Pizza Index ist vielleicht kein alltäglicher KPI, aber er verdeutlicht den Wert, den auch ungewöhnliche Datenquellen für die Unternehmenssteuerung haben können – vorausgesetzt, sie werden kritisch hinterfragt und professionell interpretiert.
Auch in der Unternehmenswelt gibt es zahlreiche Frühwarnindikatoren, wie beispielsweise:
- Google-Suchtrends (Hinweise auf Kundenbedürfnisse)
- Wetterdaten (für Branchen wie beispielsweise Bau oder Logistik relevant)
- Retourenquote als Indikator für die Produktqualität
- Bugtracking als Frühwarnindikator für Softwareentwicklung
- Ausschussquoten in der Produktion als Warnsignal für eventuelle Produktionsprobleme
Unternehmen, die (auch externe) Daten gezielt für ein effektives Frühwarnsystem nutzen, können sich zeitnah auf mögliche Veränderungen einstellen. Und welche Potenziale ergäben sich wohl durch Marktstudien?
Eine Annäherung von Data Science und Controlling erscheint deshalb vielversprechend. Und mit den richtigen Methoden lassen sich selbst die kuriosesten Indikatoren zu wertvollen Frühwarnsignalen machen.
Nutzen Unternehmen aktiv Data Science?
Spannend ist die Frage, wie weit Unternehmen wohl bereits sind, Potenziale durch Data Science zu nutzen. In einer Studie aus dem Jahr 2023 der Beratungsgesellschaft PwC sahen zwar rund die Hälfte der Mittelständler einen Mehrwert in Data Science, doch nur 22 Prozent haben hierfür eine eigene Abteilung.
- 74 Prozent gehen jedoch davon aus, dank Data Science in den kommenden fünf Jahren Mehrwerte zu erzielen.
- 63 Prozent bilden dafür eigene Mitarbeiter aus.
- 52 Prozent stellen dafür neue Mitarbeiter ein.
- Und 48 Prozent nutzen externe Expertise.
Die Zukunft des Controllings liegt in der intelligenten Nutzung aller verfügbaren Daten – auch der scheinbar kuriosen. Wie sich Controlling und Data Science dabei ergänzen, wird die Zukunft zeigen.
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