EU-Bericht zum Werbe-Tracking

Der Wissenschaftliche Dienst des EU-Parlaments hat ein „Briefing“ zu den kommerziellen Tracking-Praktiken vorgelegt, das die EU-Parlamentarier über den aktuellen Sachstand informiert. Es zeigt, wie die führenden Internetunternehmen Google, Facebook und Amazon Nutzer über Geräte und Dienste hinweg verfolgen.

Wer sich über aktuellen Praktiken der kommerziellen Überwachung informieren möchte, sollte einen Blick in den Bericht „Unpacking `commercial surveillance´: The state of tracking“ werfen. Der Wissenschaftliche Dienst des Europäischen Parlaments (European Parliamentary Research Service, EPRS) hat dort auf 12 Seiten zusammengefasst, mit welchen Methoden Google, Facebook und Amazon Nutzer verfolgen und Nutzerprofile erstellen. Der EPRS-Bericht ist eigentlich als Briefing für EU-Parlamentarier gedacht, um diesen eine solide Grundlage für informierte Entscheidungen zu geben, kann aber von allen Interessierten eingesehen werden.

Hinweis:
Das komplette EPRS-Briefing können Sie auf der Homepage des Europäischen Parlaments aufrufen und als PDF-Dokument herunterladen. Das EPRS-Briefing enthält viele Links, die zu den Originalquellen führen.

Tracking-Verfahren und Erstellung von Nutzerprofilen

Das Briefing beschreibt, welche Daten Google, Facebook und Amazon erheben und wie sie die Daten, die sie von ihren Nutzern sammeln, verarbeiten. Ausgewertet wurden dafür die allgemeinen Geschäftsbedingungen und Datenschutzbestimmungen der Unternehmen, unabhängige wissenschaftliche Studien und Untersuchungen internationaler Datenschutzbehörden. Dargestellt werden dabei auch die Verfahren, die die Unternehmen einsetzen, um die Aktivitäten ihrer Nutzer über die Grenzen einzelner Internetangebote hinweg zu verfolgen, wie Google Analytics und Meta Pixel. Die Tracking-Funktionen mobiler Apps und von Smart-Home-Assistenten wie Amazon Ring, Google Nest oder Android TV werden separat betrachtet.

Google, Facebook und Amazon erstellen mit großem technischen Aufwand Nutzerprofile, um ihre Produkte, Dienstleitungen und Prozesse zu optimieren. Sie sammeln die Daten, die dafür notwendig sind, mit sehr unterschiedlichen Methoden. Sie verwenden dabei die Angaben, die sie direkt bei Ihren Kunden und Nutzern abfragen, und protokollieren und verfolgen deren Aktivitäten im Internet. Dabei kommen z. B. Cookies und Zählpixel zum Einsatz. Ausgewertet werden auch Informationen über Nutzer, die über öffentliche Quellen zugänglich sind. Außerdem tauschen sie Daten mit anderen Unternehmen und kaufen sie von diesen an. Manchmal fusionieren sie sogar mit anderen Unternehmen oder kaufen diese auf, um Zugriff auf deren Kundendaten zu bekommen.

Geräteinformationen und mobile Daten

Erfasst und ausgewertet werden auch Informationen über die Geräte, die von den Nutzern verwendet werden. Dazu gehören etwa Gerätekennungen (UDIDs und MAC-Adressen), allgemeine Geräteinformationen (Prozessor und Bauteile) und Konfigurationseinstellungen. Bei mobilen Geräten kommen noch Standortinformationen, Aktivitätsdaten und Verbindungsinformationen (Mobilfunknetz, Netzbetreiber, Telefonnummern, IP-Adressen) hinzu. Besonders auskunftsfreudig sind dabei Mobilgeräte, die mit dem Google-Betriebssystem Android arbeiten: Sie senden im Durchschnitt in 12 Stunden etwa 1 MB an Daten an Google. Zum Vergleich: Bei einem iPhone oder iPad von Apple sind es im gleichen Zeitraum etwa 52 KB, was einem Zwanzigstel der Datenmenge entspricht. 

Tracking-Ziel personalisierte Werbung

Wichtigster Treiber für das Tracking und das Erstellen umfangreicher Nutzerprofile ist die Personalisierung der Werbung für Drittanbieter, die zu den Haupteinnahmequellen der drei Internetgiganten zählt. Da die Klickrate bei personifizierter, zielgerichteter Werbung im Durchschnitt 6 Mal höher ist, lässt sie sich teurer verkaufen als Standardwerbung. Die Werbeumsätze sind jedenfalls enorm: Google verdient 2022 mit Werbung voraussichtlich 244 Milliarden Dollar, Facebook 136 Milliarden und Amazon „nur“ 35 Milliarden. Marktbeobachter rechnen aber damit, dass die Werbeeinnahmen bei Amazon stark ansteigen und in etwa 5 Jahren die Einnahmen von Facebook übertreffen werden.

Die Werbung, und da scheinen sich viele Analysten einig zu sein, finanziert den kostenfreien Teil des Internets, für den die Nutzer aber mit der Preisgabe ihrer Daten zahlen.

Tracking-Einschränkungen werden nur halbherzig umgesetzt

Das Briefing befasst sich auch mit den Tracking-Einschränkungen, die Apple und Google auf Druck der Datenschutzbehörden umsetzen oder zumindest angekündigt haben. Apple hat bereits 2017 in seinem Browser Safari eine Intelligent Tracking Prevention (ITP) eingeführt. Google hat ein ähnliches Verfahren namens Privacy Sandbox für seinen Browser Chrome entwickelt, wir dieses aber wegen des Widerstands seiner Werbekunden wohl erst 2024 einführen.

FTC-Erklärung gegen kommerzielle Überwachung

Interessant ist, dass das Briefing am Ende einen kurzen Einblick in eine Erklärung der US-amerikanischen Federal Trade Commission (FTC) gibt. Die FTC zeigt sich alarmiert darüber, dass „wir viel zu wenig über die Unternehmen wissen, die so viel über uns wissen“ und fordert eine dringende Regulierung der kommerziellen Überwachung. Der Verweis auf die FTC-Erklärung ist ein Indiz dafür, dass auch die zuständigen Gremien der EU Maßnahmen gegen die kommerzielle Überwachung vorbereiten.

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