Compliance Management System

Um effektiv zu sein, muss das Compliance-Managementsystem durch eine Compliance-Kultur getragen werden. Diese kann nicht allein durch Policies oder den Tone from the Top von Vorstand oder Geschäftsführung entstehen. Entscheidend ist oft auch der Tone from the Middle, d.h. die Kommunikation und Vorbildwirkung der Führungskräfte, die die Mitarbeiter von der Sinnhaftigkeit von Compliance überzeugen müssen. Wie aber überzeugt man diese Überzeuger?

Compliance lebt von Kommunikation

Wenn man den Aufbau von Compliance-Management-Systemen (CMS) wie sie in Unternehmen implementiert sind oder auch wie sie in Rahmenwerken wie IDW PS 980, ISO 19600 oder ISO 37001 dargestellt werden, betrachtet, erkennt man darin viele Elemente. Diese sind z.B. Compliance-Risikoanalyse, Code of Conducts und andere Policies, Trainings und Monitoring. Daneben taucht aber meist auch ein Element auf, das sich Kommunikation, Tone from the Top oder Leadership nennt. Alle diese Elemente tragen zum Erfolg des CMS bei. Keines dieser Elemente kann alleine Regeltreue sicherstellen. Selbst wenn alle diese Elemente formell vorhanden sind, muss das aber noch nicht bedeuten, dass Compliance funktioniert. Entscheidend ist, dass alle Elemente ineinandergreifen und Compliance so in die Unternehmens- und Arbeitsumwelt integriert wird. Dafür ist die Kommunikation entscheidend. Nur wenn diese auf allen Ebenen und zwischen allen Elementen funktioniert, kann von einem effektiven CMS ausgegangen werden.

Zwar bekommen Mitarbeiter von Zeit zu Zeit den Code of Conduct oder andere Policies zu lesen und werden u.U. auch regelmäßig zu Compliance geschult, viel entscheidender dafür, ob sie Compliance-Anforderung für sich als handlungsanleitend ansehen ist aber das Kommunikations- und Vorbildverhalten der Vorgesetzten. Je höher der Grad der Interaktion mit dem Vorgesetzten ist, desto höher ist auch dessen Einfluss auf das compliance-gerechte Verhalten der Mitarbeiter. Insofern darf der Tone from the Top auch nicht missverstanden werden als Kommunikationsaufgabe lediglich der obersten Leitungsebene wie Vorstand oder Geschäftsführung, sondern jeder einzelnen Führungskraft im Unternehmen. Dies als Compliance-Verantwortlicher zu steuern und umzusetzen, stellt sich in der Praxis aber oft als äußerst schwierig heraus.

Führungskräfte müssen Compliance vorleben und kommunizieren

Die Aufgabe vor der sich Compliance-Verantwortliche sehen, ist, alle Führungskräfte im Unternehmen auf dieselbe Mission „Compliance“ einzuschwören und sie dazu zu bewegen, diese Mission in ihre Teams weiterzutragen, glaubwürdig zu kommunizieren und vorzuleben. Dies per Arbeitsanweisung o.ä. umsetzen zu wollen, ist in der Praxis zum Scheitern verurteilt. Führungskräfte können zwar möglicherweise dazu verpflichtet werden, bestimmte Inhalte zu verkünden – wie z.B. die Anforderungen einer Geschenkerichtlinie – oder auch zu kommunizieren – wie die Durchführung von Compliance-Workshops oder die Aufnahme von Compliance in die Tagesordnung eines Team-Jour-fixe – wenn die Führungskräfte aber nicht selbst überzeugt sind oder dies nur machen, um „ein to-do abzuhaken“, werden diese Maßnahmen nicht zu besserer Compliance führen.  

Wie können Führungskräfte überzeugt werden?

Um selbst authentisch und glaubwürdig Compliance kommunizieren zu können, müssen Führungskräfte von Compliance überzeugt sein. Dies können Compliance-Verantwortliche durch verschiedene Maßnahmen unterstützen wie z.B.:

  • Nehmen Sie Führungskräfte als eigene Zielgruppe in die Trainingsplanung auf. Entwickeln Sie eigene Compliance-Trainings für Führungskräfte, in denen Sie auch speziell auf die Vorbildwirkung und die Kommunikationsaufgabe der Führungskräfte eingehen.
  • Nutzen Sie persönliche Erfahrungen von Führungskräften. Oft gibt es in Unternehmen Führungskräfte, die Erfahrungen aus anderen Unternehmen mit Compliance-Vorfällen haben. Lassen Sie diese darüber berichten und darüber, wie sie die Auswirkungen dieser Vorfälle auf sich wahrgenommen haben. Solche Berichte aus der Peer-Group überzeugen Führungskräfte viel leichter als jeder Compliance-Vortrag.
  • Seien Sie transparent. Erklären Sie den Führungskräften, warum bestimmte Maßnahmen angestoßen werden und welche Risiken damit reduziert werden sollen. Wer versteht, warum etwas getan wird, wird sich auch eher damit identifizieren.
  • Beziehen Sie Führungskräfte und ihren Rat in die Entwicklung von Policies und Maßnahmen mit ein, z.B. indem Sie diesen Policies vor Verabschiedung zur Abstimmung vorlegen. Wer das Gefühl hat, an der Entwicklung von etwas beteiligt gewesen zu sein, wird sich auch eher für den Erfolg der Maßnahme einsetzen.

Wie können Führungskräfte unterstützt werden?

Selbst wenn Führungskräfte von der Mission überzeugt sind, stellt sich praktisch immer noch die Frage, wie sie sie auch umsetzen können. Führungskräfte haben viele Aufgaben und nur beschränkt Zeit und Ressourcen. Praktisch sollten Compliance-Verantwortliche es den Führungskräften daher so einfach wie möglich machen, ihrer Kommunikationsaufgabe nachzukommen. Dies kann beispielsweise so erreicht werden:

  • Stellen Sie Kommunikationsmaterial bereit, das die Führungskräfte ohne viel eigenen Aufwand nutzen können. Dabei kann es sich z.B. um Präsentationsfolien handeln, aber auch um kurze Videos, Formulierungsvorschläge für Emails, Poster o.ä.
  • Da Führungskräfte in der Regel auch erste Anlaufstelle bei Compliance-Fragen ihrer Mitarbeiter sind, sollten sie darauf bestmöglich vorbereitet werden. Die Bereitstellung einer Liste mit häufig gestellten Fragen und dazugehörigen verständlichen Antworten, nimmt Führungskräften die Unsicherheit und lässt sie ihre Aufgabe souverän wahrnehmen.
  • Nehmen Sie regelmäßig an Führungskräftemeetings im Unternehmen teil und präsentieren Sie sich dort als kompetenter Ansprechpartner. Wenn die Führungskräfte wissen, an wen sie sich im Zweifelsfall wenden können, werden sie sich dem Thema tendenziell weniger verschließen.