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Chronisches Erschöpfungssyndrom nach Virusinfektion: Anspruch auf Entschädigung bestätigt


Chronisches Erschöpfungssyndrom nach Virusinfektion

Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hat entschieden, dass ein Chronisches Fatigue-Syndrom (CFS) unfallversicherungsrechtliche Folgen haben kann, sofern es bspw. aufgrund einer beruflich „erworbenen“ Ringelröteln-Infektion entsteht. Die gesetzliche Unfallversicherung hat der erkrankten Erzieherin eine Rente aufgrund einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 40 % zu zahlen.

Was war der zugrunde liegende Sachverhalt?

Die Klägerin, Erzieherin an einer Grundschule im östlichen Umkreis von Berlin, erkrankte im Januar 2012 an dem Parvovirus B19 (sog. Ringelröteln). Diese Krankheit trat zuvor bei „ihren“ Kindern in der Schule auf. Die Klägerin entwickelte schmerzhafte Gelenkschwellungen und musste dagegen stationär behandelt werden. Eine weitere Folge dieser Virusinfektion ist eine dauerhafte und ausgeprägte körperliche und geistige Erschöpfung. Die Berufsgenossenschaft hatte keine Bedenken hinsichtlich der Anerkennung der Virus-Infektion als Berufskrankheit, jedoch wurde eine Entschädigung aufgrund der krankhaften Abgeschlagenheit der Klägerin abgelehnt. Darauf erhob die Erzieherin Klage.

Welche Erwägungen stehen hinter der Entscheidung des LSG Berlin-Brandenburg?

Das Landessozialgericht bestätigte die Ansicht der Klägerin. Das CFS ist eine Folge der im beruflichen Rahmen erlittenen Ringelröteln-Infektion. Daraus folgt auch die Einschätzung des Vorliegens einer entschädigungspflichtigen Berufskrankheit im Sinne von § 9 Abs. 1 SGB VII i. V. m. Nr. 3101 BKVO. Das Gericht stützt sich hierbei vor allem auf mehrere medizinische Sachverständigengutachten, welche diesen Ursachenzusammenhang belegen; es besteht demnach mehr als nur ein zeitlich naheliegender Zusammenhang, sondern vielmehr auch ein Ursächlichkeitsverhältnis.
Hinsichtlich der Höhe der Minderung der Erwerbsfähigkeit, entschied das LSG indes anders als noch das vorinstanzliche SG Frankfurt (Oder). Ursache dieser Abweichung ist das Fehlen einer gefestigten unfallmedizinischen Bewertung des CFS. Vorerst sei eine Orientierung an der „Empfehlung für die Begutachtung von Post Covid“ der DGUV sachdienlich. Diese kommt zum Ergebnis, dass eine ausgeprägte Fatigue grundsätzlich und regelmäßig mit einer MdE von 30 % zu bewerten sei. Der 3. Senat des LSG entschied – unter Hinzuziehung der weiteren chronischen Muskel-und Gelenkschmerzen – dass bei der Klägerin ein MdE von 40 % angemessen ist.

Wichtige Essenz aus der Entscheidung?

Post-Infektionssymptomatiken wie das CFS sind schwer zu fassen und (leider) noch schwerer zu beweisen. Bei überzeugender medizinisch-gutachtlicher Bewertung kann ein solcher Kausalzusammenhang jedoch dargestellt werden. Die vorliegende Entscheidung dürfte aller Voraussicht nach auch im Rahmen von künftigen Entscheidungen hinsichtlich Long- oder Post-COVID-Erkrankungen mehr als nur relevant werden.

Schlagworte zum Thema:  Erzieher , Urteil , Arbeitsschutz
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