Wiedereingliederung in den Betrieb nach psychischen Krisen

Der Erfolg eines Wiedereingliederungsprozesses nach einer psychischen Krise wird vor allem davon beeinflusst, wie im Unternehmen mit psychischen Erkrankungen umgegangen wird. So die Überzeugung eines Forschungsteams der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), das zur nachhaltigen Gestaltung eines Wiedereingliederungsprozesses ein Vier-Phasen-Modell konzipiert und darauf aufbauend einen Praxisleitfaden entwickelt hat. Dabei fängt das Wiedereingliederungsmanagement deutlich vor der tatsächlichen Rückkehr des Betroffenen in den Betrieb an. Abgesehen von der Einstellung des Unternehmens zu psychischen Erkrankungen ihrer Beschäftigten, hängen die Erfolgschancen einer Wiedereingliederung auch vom Wissen der Führungskräfte und Mitarbeitenden über psychische Erkrankungen ab. Dieses kann durch Fortbildungen effektiv gefördert werden.
Wiedereingliederung in 4 Phasen
Die Forscher haben auf Grundlage von 2 qualitativen Studien ein Vier-Phasen-Modell entwickelt. In der ersten Studie wurden 20 Experten (Betriebsärzte, Psychologen etc.) interviewt und Gemeinsamkeiten und Unterschiede in deren unterschiedlichen Herangehensweise und Strategien bei einer Wiedereingliederung herausgearbeitet. In der zweiten Studie wurden 32 zurückkehrende Beschäftigte zu ihrem Erleben, Verhalten und Handeln in der psychischen Krise und während des Wiedereingliederungsprozesses befragt. Dabei wurden Interviews zu 3 Zeitpunkten geführt: nach einem Klinikaufenthalt aufgrund einer psychischen Krise, ein halbes und ein Jahr später. Die Aussagen der Betroffenen wurden untereinander und mit den Ergebnissen der ersten Studie verglichen.
Phase 1: Vorbereitende Gespräche
Was zeichnet nun jede Phase des Modells aus? Im Mittelpunkt der ersten Phase stehen vertrauliche Vier-Augen-Gespräche zwischen den zurückkehrenden Beschäftigten und den für die Wiedereingliederung verantwortlichen Personen im Unternehmen. Sie dienen dazu, sich ein Bild über die individuellen, sozialen und betrieblichen Anforderungen der Wiedereingliederung zu machen sowie das Selbstmanagement der Zurückkehrenden zu unterstützen. Grundsätzlich soll geklärt werden, welche Voraussetzungen erfüllt sein sollten, damit die betroffenen Personen die Voraussetzungen im Betrieb vorfinden, die ihnen individuell besonders entgegenkommen.
Phase 2: Festlegung von Maßnahmen
Im zweiten Schritt legen die betroffenen Beschäftigten und die betrieblichen Verantwortlichen die genauen Maßnahmen vor und während der betrieblichen Wiedereingliederung fest. Dabei sollten Maßnahmen so konzipiert sein, dass sie eine Über- als auch einer Unterforderung der Beschäftigten vermeiden.
Phase 3: Beginn der Arbeitsaufnahme
Erst in dieser Phase kehren die Beschäftigten in den Betrieb zurück. Bei der Umsetzung der Maßnahmen muss darauf geachtet werden, dass alle Personen im Umfeld der Arbeitsplätze der Rückkehrer die Maßnahmen unterstützen und betroffene Kollegen und Kolleginnen helfen, potenzielle Ängste und Unsicherheiten zu überwinden. Es ist besonders hilfreich Betroffenen persönliche Helfer („Paten“) zur Seite zu stellen, beispielsweise ein befreundeter Kollege.
Phase 4: Anpassung der Maßnahmen
Sind die Maßnahmen angelaufen, müssen sie kontinuierlich überprüft werden. Welche Verbesserungen und Nachjustierungen können noch gemacht werden? Es ist besonders wichtig, darauf zu achten, ob sich Anzeichen von Über- oder Unterforderung zeigen. Dementsprechend sind Anpassungen der Maßnahmen notwendig. Wichtig ist außerdem, dass die betroffenen Beschäftigten an Präventionsangeboten im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements teilnehmen. Idealerweise werden im Unternehmen neue Angebote geschaffen, die sich speziell nach den Bedürfnissen psychisch erkrankter Menschen richten.
Quelle: Ute B. Schröder, Ralf Stegmann, Uta Wegewitz: Return to Work nach psychischen Krisen: Das Vier-Phasen-Modell der Wiedereingliederung, in: ASU. Zeitschrift für medizinische Prävention, 9/2023.
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