Betriebliches Eingliederungsmanagement: Rolle der Fachkraft für Arbeitssicherheit

Antworten auf diese und weitere Fragen gibt Andrea Lange vom Berufsforschungs- und Beratungsinstitut für interdisziplinäre Technikgestaltung (BIT e. V.) im Gespräch mit der Haufe-Arbeitsschutzredaktion.
Gesetzliche Grundlagen BEM
Welche spezifischen gesetzlichen Anforderungen und Regelungen gibt es für das Betriebliche Eingliederungsmanagement?
Das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) ist in § 167 Abs. 2 SGB IX geregelt. Seit 2004 sind Arbeitgeber verpflichtet, allen Beschäftigten, die innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen erkrankt waren oder noch erkrankt sind, eine Unterstützung bei der Wiedereingliederung anzubieten. Der Arbeitgeber soll damit prüfen, mit welchen Maßnahmen oder Unterstützungsangeboten eine bestehende Arbeitsunfähigkeit überwunden und einer erneuten Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt werden kann.
Für den betroffenen Beschäftigten ist die Teilnahme am BEM freiwillig. Selbst eine bestehende Zustimmung kann zurückgezogen und ein begonnenes BEM ohne Begründung abgebrochen werden. Vor einer Zustimmung ist der Betroffene über die Ziele des BEM und darüber, welche Daten im BEM erhoben und wie diese vor unberechtigtem Zugriff geschützt werden, aufzuklären.
Die konkrete Umsetzung des BEM wird seit 2004 durch Arbeitsgerichtsurteile konkretisiert.
Zielgruppe des BEM
Wer genau zählt zur Zielgruppe des Betrieblichen Eingliederungsmanagements und wie wird diese Zielgruppe identifiziert?
Das BEM hat zwei Zielgruppen:
- Beschäftigte, die innerhalb der letzten zwölf Monate sechs Wochen durchgängig erkrankt waren bzw. noch sind und
- Beschäftigte, die innerhalb der letzten zwölf Monate sechs Wochen in Abständen erkrankt waren bzw. sind.
Zur Zielgruppe gehören alle Beschäftigte eines Unternehmens: Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigte, gewerbliche und angestellte Beschäftigte wie auch leitende Angestellte sowie Auszubildende. Zur Identifizierung werden monatlich die AU-Daten aller Beschäftigten geprüft und es wird Ihnen ein BEM angeboten.
Rolle der Fachkraft für Arbeitssicherheit
Welche spezifischen Aufgaben hat die Fachkraft für Arbeitssicherheit im Rahmen des Betrieblichen Eingliederungsmanagements?
Die Fachkräfte für Arbeitssicherheit haben gemäß § 6 ASiG die Aufgabe, den Arbeitgeber bei der Arbeitssicherheit, dem Gesundheitsschutz, der Unfallverhütung und in allen Fragen der menschengerechten Gestaltung der Arbeit zu unterstützen. Diese Aufgaben reichen von der Analyse und Bewertung der Arbeitsbedingungen über die Entwicklung von Präventionsmaßnahmen bis zur Durchführung sicherheitstechnischer Kontrollen.
Im BEM steht die Analyse und Bewertung der Arbeitsbedingungen im Mittelpunkt der Aufgaben. Aus dem BEM heraus können sich Präventionsaufgaben für den Arbeits- und Gesundheitsschutz ergeben. Insbesondere bei der Erstellung eines Anforderungsprofils im BEM, bei dem die Gefährdungsbeurteilung des Arbeitsplatzes im Mittelpunkt steht, bringt sich die Fachkraft für Arbeitssicherheit aktiv ein. Im BEM wird dann das Anforderungsprofil des Arbeitsplatzes mit dem Fähigkeitsprofil des Beschäftigten abgeglichen und die Fachkraft für Arbeitssicherheit macht Vorschläge für Arbeitsgestaltungsmaßnahmen.
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Akteure im BEM
Wer sind die wichtigsten Akteure im BEM-Prozess und wie arbeiten sie zusammen, um eine erfolgreiche Wiedereingliederung zu gewährleisten?
Der „Herr des BEM-Verfahrens“ ist der/die Betroffene. Alle Aktivitäten im BEM erfolgen nur mit Zustimmung und Beteiligung der Betroffenen.
Der Arbeitgeber legt einen BEM-Beauftragten fest, der unter Berücksichtigung der Zustimmung des Betroffenen gemeinsam mit der Interessenvertretung (Vertreter von Betriebs- oder Personalrat bzw. Mitarbeitervertretung) den BEM-Prozess durchführt. Ist der Betroffene schwerbehindert, ist die Schwerbehindertenvertretung hinzuzuziehen. Wenn es erforderlich ist, wird der Werks- oder Betriebsrat hinzugezogen, der die BEM-Akteure bei der Umsetzung ihrer Aufgaben im BEM unterstützt. In der praktischen Umsetzung des BEM wird aus den genannten Akteuren häufig ein BEM-Team gebildet. Die Zusammenarbeit der BEM-Team-Mitglieder erfolgt dabei vertrauensvoll und im Bewusstsein, in dieser Rolle ausschließlich den Zielen des BEM verpflichtet zu sein.
Geht es um Aspekte des Arbeitsplatzes, sind bei der Belastungsanalyse und der Maßnahmengestaltung die Fachkraft für Arbeitssicherheit sowie die jeweilige Führungskraft in ihrer jeweiligen Expertenrolle einzubeziehen.
Synergien zwischen BEM und Arbeits- und Gesundheitsschutz
Welche Synergien und Synergieeffekte können zwischen dem Betrieblichen Eingliederungsmanagement und dem Arbeits- und Gesundheitsschutz entstehen?
Im Rahmen eines umfassenden BGM kann das BEM Synergieeffekte bei der gesundheitsförderlichen Arbeitsgestaltung leisten, indem Erkenntnisse aus der Gestaltung einzelner Arbeitsplätze im BEM präventiv auf weitere Arbeitsplätze übertragen werden. Darüber hinaus können Angebote der Betrieblichen Gesundheitsförderung (z. B. Rückenschulen, Resilienz-Trainings, Ernährungsberatung) oder weitere freiwillige Leistungen der Unternehmen (wie betriebliche Sozialberatung, Suchtberatung, Employee Assistance Program (EAP)) als geeignete Maßnahmen das BEM qualitativ unterstützen.
Ein gut aufgestelltes BEM ist mit dem gesetzlichen Arbeits- und Gesundheitsschutz verzahnt. Eingebunden in vorhandene betriebliche Strukturen lassen sich die Synergien mit dem BEM besonders gut entwickeln. So können BEM-Akteure Mitglied des vierteljährlich tagenden Arbeitsschutzausschusses (ASA) oder ggf. bestehender Gesundheitsarbeits- oder -steuerkreise sein und übergreifende Themen können ganzheitlich bearbeitet werden.
Erst mit der Verzahnung aller Teilbereiche eines BGM sind effiziente Strukturen mit zielgerichteten, gesundheitsförderlichen und nachhaltigen Maßnahmen zum Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit sowie zur Gestaltung attraktiver Arbeitsplätze und Bedingungen im Rahmen aller BGM-Teilbereiche möglich.
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