4-Tage-Woche: Gesundheitliche Vorteile nicht nur Wunschdenken?
Viele Beschäftigte wollen mehr zeitliche Flexibilität und Autonomie bei der Arbeit. Noch vor vier Jahren galt die Homeoffice-Arbeit als Luxus, heute ist sie fast zur Selbstverständlichkeit geworden. Warum also nicht auch bald die 4-Tage-Woche?
Zwei Modelle
Bei der Diskussion um die 4-Tage-Woche stehen vor allem zwei zeitliche Organisationsmodelle im Mittelpunkt. Beim ersten Modell werden die üblichen 40 Regelstunden auf vier Tage verteilt, sodass die Beschäftigten jeweils 10 Stunden arbeiten – bei selbem Gehalt. Das zweite Modell gilt zumindest aus der Perspektive des betrieblichen Gesundheitsschutzes als vorteilhafter: Bei 80 Prozent der bisherigen Arbeitszeit erhalten die Beschäftigten ebenfalls das volle Gehalt. Allerdings verlangt der Arbeitgeber eine genauso hohe Produktivität wie bei 40 Stunden-Woche und fünf Arbeitstagen.
Gesundheitliche Vorteile der 4-Tage-Woche
Das zweite Modell wurde vor einem Jahr in Großbritannien im Rahmen des „4 Day Week Global“-Projekts in einer groß angelegten Studie in der Praxis getestet. Zwischen Juni und Dezember 2022 nahmen 70 Unternehmen und rund 3.200 Beschäftigte daran teil. Die überwiegende Mehrheit berichtete danach von einem deutlich besseren gesundheitlichen Befinden: 71 Prozent der Befragten fühlten sich ausgeglichener und entspannter als zuvor. Schlafprobleme hatten um über acht Prozent abgenommen, auch Angstzustände und Müdigkeit gingen zurück. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer berichteten zudem von Verbesserungen ihrer körperlichen Gesundheit, unter anderem, weil sie nun mehr Zeit für Sport hatten. Aufgrund dieser positiven Entwicklungen hielten nach Ablauf der Studie 56 Prozent an der Vier-Tage-Woche fest.
Große Mehrheit für die 4-Tage-Woche
Auch in Deutschland halten viele Beschäftigte eine Verkürzung ihrer Arbeitswoche unter bestimmten Voraussetzungen für sinnvoll, das zeigt eine neue Studie der Hans-Böckler-Stiftung. Darin untersuchen Wissenschaftler:innen vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der Stiftung auf Basis einer Online-Panelbefragung mit 2.575 in Vollzeit tätigen Beschäftigten im November 2022, ob Vollzeiterwerbstätige eine 4-Tage-Woche möchten oder nicht und aus welchen Gründen. Das Ergebnis: Rund 81 Prozent der Vollzeiterwerbstätigen wünschen sich eine 4-Tage-Woche mit entsprechend niedrigerer Wochenarbeitszeit. Knapp 73 Prozent geben dabei an, eine Arbeitszeitverkürzung nur bei gleichem Lohn zu wollen. Acht Prozent der Erwerbstätigen würden ihre Arbeitszeit auch reduzieren, wenn dadurch das Entgelt geringer ausfiel. 17 Prozent der Befragten lehnen eine 4-Tage-Woche ab, zwei Prozent haben ihre Vollzeittätigkeit bereits auf vier Tage verteilt. Die Forscher:innen folgerten daraus, dass eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Beschäftigte einen sehr hohen Stellenwert hat und viele eine 4-Tage-Woche als Instrument ansehen, das ihnen dabei hilft.
Anpassung erforderlich
Jedoch müssten bei einer 4-Tage-Woche auch die Arbeitsmenge und die Arbeitsabläufe angepasst werden, so die Forscher:innen. Ansonsten könnte sich eine Arbeitszeitverkürzung negativ auf die Motivation und das Wohlergehen der Beschäftigten auswirken. Für eine wirkungsvolle Umsetzung brauche es verbindliche Vertretungsregelungen, mehr Personal sowie eine angepasste Arbeitsorganisation, zum Beispiel Erreichbarkeitsregeln im Kundenkontakt und eine verringerte Arbeitsmenge, z.B. durch Automatisierungsprozesse.
Die Studie „4-Tage-Woche. Vorteile für Beschäftigte und betriebliche Voraussetzungen für verkürzte Arbeitszeiten“ kann hier heruntergeladen werden.
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