Nimmt ein Mitarbeiter ihm übertragene Aufgaben bewusst nicht wahr, muss er mit disziplinarischen Konsequenzen bis zur Abmahnung rechnen. In Ausnahmefällen kann der Arbeitgeber auch Schadensersatzansprüche an den Unfallverursacher stellen.

Die möglichen Folgen für Mitarbeiter, wenn sie gegen Arbeitsschutzforderungen bewusst verstoßen haben, ergeben sich aus den Sanktionsmöglichkeiten des Arbeitgebers bzw. der Personen, denen er einen Teil seiner Unternehmerpflichten übertragen hat. Die Wesentlichen sind (aufgelistet nach der Eskalationsstufe):

  • Gespräch des Vorgesetzten mit dem Mitarbeiter. Ein solches, möglichst direkt am Arbeitsplatz stattfindendes Gespräch unter "vier Augen" sollte enthalten:

    • konkretes Ansprechen des Verstoßes,
    • Nachfrage, wie der Mitarbeiter sich richtig verhalten bzw. richtig gehandelt hätte,
    • wenn der Mitarbeiter das richtige Handeln nicht korrekt beschreiben kann, nochmals das richtige Verhalten/Handeln erklären (stellt dann eine Unterweisung dar und muss dokumentiert werden),
    • abschließende Vereinbarung "Wir sind uns im Klaren darüber, dass …".

    Ein solches Gespräch ist bei kleineren, erstmaligen Verstößen ausreichend.

    Bei einem wiederholten Verstoß sollte das Gespräch zusätzlich die möglichen Folgen eines weiteren Verstoßes beinhalten und dokumentiert werden (ggf. Sicherheitsbeauftragten oder Sicherheitsfachkraft als Zeuge hinzuziehen).

  • Betriebsbuße: Betriebe, die eine "Betriebsordnung" insbesondere in einer Betriebsvereinbarung festgelegt haben, können das Sanktionsmittel "Betriebsbuße" nutzen, wobei der Betriebsrat dieser "Buße" zustimmen muss. Beispiele für Betriebsbußen sind: angemessene Geldstrafe (Geldstrafe, max. ein Tagesverdienst), Entzug bestimmter Vorteile, Verwarnung oder Verweis.
  • Abmahnung: Bei groben Verstößen gegen Arbeitsschutzbestimmungen und wenn ein unzureichendes Sicherheitsbewusstsein bereits nachweislich angesprochen wurde, ist diese Sanktionsmöglichkeit durchaus angebracht. Der Arbeitgeber kann einen Mitarbeiter wegen eines Verstoßes gegen Arbeitsschutzbestimmungen jedoch nur dann abmahnen, wenn er einerseits auf einem abmahnfähigen Sachverhalt beruht und andererseits kein Formfehler gemacht wurde.
  • Ordentliche Kündigung:

    Haben Gespräche, wiederholte Unterweisungen, Betriebsbußen oder Abmahnungen nicht dazu geführt, dass sich der Mitarbeiter an die Arbeitsschutzbestimmungen hält, wird es für den Arbeitgeber fast unmöglich, den Mitarbeiter weiter mit Aufgaben zu betrauen: Er muss fürchten, dass sich der Mitarbeiter selbst oder andere Personen gefährdet. Eine ständige Kontrolle kann vom Arbeitgeber nicht verlangt werden. Deshalb wird der Arbeitgeber eine Kündigung ins Auge fassen müssen. In der Regel geht es dabei nicht um eine fristlose Kündigung. Das angemessene Mittel muss zuerst zur Anwendung kommen, in diesem Fall also die ordentliche Kündigung nach §§ 620 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).

  • Fristlose Kündigung:

    Sie sollte nur als "letztes Mittel" bei besonders schweren Verstößen zum Einsatz kommen.

Die arbeitsrechtlichen Sanktionsmöglichkeiten setzen auf Seiten des Unternehmens eine rechtssichere Organisation des Arbeitsschutzes (ein Arbeitsschutz-Managementsystem) voraus, wie das nachfolgende Beispiel zeigt.

 
Praxis-Beispiel

Verletzung eines Arbeitskollegen

Unfallhergang: Ein 50-jähriger Maschinenführer, der seit rund 20 Jahren bei seinem Arbeitgeber beschäftigt ist, hatte beim Reinigen einer industriellen Presse diese von Hand wieder angefahren und dadurch die schwere Verletzung eines Kollegen verursacht.

Sanktion des Betriebes: Der Unternehmer kündigte dem Maschinenführer fristlos, da dieser – aus der Sicht des Unternehmers – den Unfall mutwillig verursacht hatte.

Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Schleswig-Holstein vom 14.8.2007 (Az. 5 Sa 150/07): Das LAG hielt die fristlose, wie auch eine hilfsweise ordentliche Kündigung aus mehreren Gründen für rechtswidrig:

  1. Die Sicherheitsvorschriften des Betriebs hätten die Inbetriebnahme der Maschine während der Reinigung nicht ausdrücklich ausgeschlossen;
  2. der Arbeitgeber habe solches Verhalten zumindest in der Vergangenheit geduldet;
  3. der Arbeitgeber hatte keine Abmahnung erteilt.

Diese Entscheidung des LAG Schleswig-Holstein macht deutlich, dass sich Unternehmen mit der Sanktionierung von Verstößen ihrer Mitarbeiter gegen Arbeitsschutzforderungen sehr schwer tun, wenn sie den Arbeitsschutz nicht rechtskonform organisieren, Verstöße nicht dokumentieren und die Umsetzung nicht konsequent verfolgen.

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