Die 1.000-Punkte-Regel (1.1.3.6 ADR) muss grundsätzlich auch bei Nutzung der "Handwerkerregelung" (vgl. Abschn. 3.2) eingehalten werden, um eine vollständige Befreiung vom ADR zu erreichen. Wird die 1.000-Punkte-Regel "allein" angewandt, d. h. ohne Inanspruchnahme der "Handwerkerregelung", können ebenfalls Erleichterungen von den Vorschriften genutzt werden. Eine vollständige Befreiung vom ADR ist in diesem Fall jedoch nicht möglich!

Kern der 1.000-Punkte-Regel ist die rechnerische Bestimmung eines Punktewerts (Indexsumme) für den geplanten Transport. Die Indexsumme bestimmt sich aus den Arten und den Mengen der zu transportierenden Gefahrgüter. Unterschreitet der ermittelte Wert 1.000 Punkte, kann man entsprechende Erleichterungen in Anspruch nehmen.

Berechnungsverfahren

 
Praxis-Tipp

Transport eines Stoffes

Wird bei einem Transport ausschließlich ein Stoff oder ein Produkt befördert, kann die höchstzulässige Gesamtmenge gem. 1.000-Punkte-Regel je Beförderungseinheit direkt aus der Tabelle in 1.1.3.6.3 ADR abgelesen werden.

Werden unterschiedliche Gefahrgüter gleichzeitig transportiert, ermittelt man die höchstzulässige Gesamtmenge für die erleichterte Beförderung, indem man die jeweiligen Mengen eines Stoffs mit stoffspezifischen Faktoren (Risikofaktoren) multipliziert und dann die Punktzahlen der einzelnen Stoffe addiert. Ist das Ergebnis kleiner als 1.000, können Erleichterungen in Anspruch genommen werden.

In der Tabelle in 1.1.3.6.3 ADR sind die Gefahrgüter in Beförderungskategorien eingeteilt (die Beförderungskategorien sind auch der Gefahrguttabelle in Teil 3 ADR zu entnehmen). Es gibt die Kategorien 0 – 4. Stoffe der Kategorie 0 dürfen gar nicht befördert werden, Stoffe der Kategorie 4 dürfen in unbegrenzter Menge transportiert werden. Aus den Kategorien 1 – 3 können mithilfe des Abschnitts 1.1.3.6.4 ADR die "Risikofaktoren" abgeleitet werden (1.000 geteilt durch die Höchstmenge des einzelnen Stoffs), nämlich 50, 20 und 1. Tab. 1 enthält häufig transportierte Stoffe im Handwerk.

 
Klasse
(ADR ­Gefahrgutklasse)
UN-Nr. Beförderungs­kategorie**) Stoffe/Zubereitungen
BEZEICHNUNG
Höchstmenge*)
"Risikofaktoren"
20
50
333
3
1000
1
2 1001 2 Acethylen, gelöst   x  
2 1072 3 Sauerstoff, verdichtet     x
3 1202 3 Dieselkraftstoff     x
3 1263 3 Farbe (auch Farbverdünnung)     x
3 1306 3 Holzschutzmittel, flüssig     x
3 2787 1 Organozinn-Pestizid, flüssig, entzündbar, giftig, Flammpunkt unter 23 °C x    
6.1 1593 2 Dichlormethan   x  
2 1978 2 Propan   x  
3 1986 1 Alkohole, entzündbar, giftig x    
3 1203 2 Benzin   x  

*) "Höchstmenge" bedeutet: für feste Stoffe, verflüssigte oder unter Druck gelöste Gase die Nettomasse in kg; für flüssige Stoffe: der tatsächliche Inhalt (Füllung) in Liter; für verdichtete Gase: der nominale Fassungsraum (Nenninhalt) der Gefäße in Liter.

**) Ziffern von 0 bis 4, Risikoeinteilung: 4: ohne Mengenbeschränkung, 0: darf nur unter bestimmten Voraussetzungen oder gar nicht befördert werden.

Tab. 1: Beispiele von Gefahrgut, Ermittlung der Indexsumme

 
Praxis-Beispiel

Ermittlung der Indexsumme

Es sollen folgende Gefahrgüter transportiert werden. Aus Tab. 1 kann entnommen werden:

 
50 Liter Sauerstoff (Faktor 1) =  50 × 1 =  50
+ 10 kg Acethylen (Faktor 3) =  10 × 3 =  30
+ 60 Liter Benzin (Faktor 3) =  60 × 3 = 180
+ 200 Liter Diesel (Faktor 1) = 200 × 1 = 200
  Gesamtsumme: 460

Ergebnis: Bei diesem Transport sind die 1.000 Punkte (pro Beförderungseinheit) nicht erreicht. Es können die Erleichterungen in Anspruch genommen werden!

Folgende Anforderungen sind jedoch auch bei Einhaltung der "1.000 Punkte" zu beachten (bei Nichtanwendung der "Handwerkerregelung"):

  • Gefahrzettel und UN-Nr. auf jedem Versandstück.
  • Mind. 2 kg Feuerlöscher (Pulver) mitführen.
  • Nach ADR ist ein Beförderungspapier erforderlich; nach Ausnahme 18 in Anlage GGAV jedoch nur dann, wenn der Transport von Dritten (z. B. Subunternehmer oder Spedition) durchgeführt wird. Es empfiehlt sich jedoch, eine Liste der Güter mit deren Mengen und die Berechnung der Indexsumme mitzuführen. So kann man auf einfache Weise die Einhaltung der 1.000 Punkte sicherstellen und dokumentieren.
  • Ggf. Vorsichtsmaßnahmen bei Nahrungs-, Genuss- und Futtermitteln.
  • Ggf. Reinigung nach dem Entladen.
  • Überwachung der Güter (beim Parken).
  • Rauchverbot beim Be- und Entladen.
  • Bei Klasse-1-Stoffen (explosive Stoffe): kein Feuer und offenes Licht.
  • Ausreichende Belüftung beim Transport von Gasen (z. B. Acetylen).
  • Ladungssicherung beachten.
  • Unterweisung der Mitarbeiter.
  • Bauartgeprüfte Verpackungen der Gefahrgüter.
  • Umverpackungen mit dem Wort "Umverpackung", der UN-Nummer und dem Gefahrzettel kennzeichnen.
 
Wichtig

Diese Anforderungen entfallen bei Einhaltung der 1.000 Punkte:

  • Kennzeichnung des Fahrzeugs mit orangefarbenen Warntafeln,
  • Kennzeichnung des Fahrzeugs mit Gefahrzetteln (Placards),
  • ADR-Bescheinigung für den Fahrer,
  • Ausrüstung des Fahrzeugs mit Unterlegkeilen, selbststehenden Warnleuchten u. a.,
  • Mitführen eines Unfallmerkblattes (schriftliche Weisungen).

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