Um sicherzustellen, dass die Anforderungen des Anhang 1 BetrSichV eingehalten werden, müssen alle Arbeitsmittel im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung auch auf diese Anforderungen hin geprüft werden.

Nachfolgend wird eine in der Praxis erprobte Vorgehensweise vorgestellt, die eine umfassende Bestandsaufnahme und Dokumentation aller Ergebnisse ermöglicht.

3.1 Bestandsaufnahme der Arbeitsmittel

Der erste Schritt im Rahmen der Bestandsaufnahme ist zunächst die Feststellung, welche Arbeitsmittel nach der Betriebssicherheitsverordnung betrachtet werden müssen. Seit dem 1. Januar 1995 ist die Maschinenverordnung (9. Verordnung zum Produktsicherheitsgesetz) in Kraft. Diese setzt die EG-Maschinenrichtlinie in deutsches Recht um. Alle Maschinen, die nach diesem Zeitpunkt gebaut wurden, müssen die grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen der Maschinenrichtlinie erfüllen. Diese Arbeitsmittel müssen im Rahmen dieser Bestandsaufnahme nicht näher betrachtet werden, da der Hersteller für die sicherheitstechnisch einwandfreie Funktion des Arbeitsmittels verantwortlich ist.

 
Praxis-Tipp

Unterlagen

Bei Arbeitsmitteln nach Maschinenrichtlinie muss der Hersteller folgende Unterlagen mitliefern:

  • CE-Zeichen auf dem Arbeitsmittel
  • EG-Konformitätserklärung für das Arbeitsmittel
  • Betriebsanleitung mit Angaben zum sicheren Umgang mit dem Arbeitsmittel

Das heißt im Umkehrschluss, dass alle Arbeitsmittel mit einem Baujahr vor 1995 in die Bestandsaufnahme mit aufgenommen werden müssen.

Um die Bestandsaufnahme zu vereinfachen, wurde ein Satz von Checklisten entwickelt, die gleichzeitig als Dokumentation dienen. Diese Checklisten sind modular aufgebaut, um die zur Dokumentation notwendige Papiermenge zu minimieren, und setzen sich aus folgenden Modulen zusammen:

Damit sind für normale Arbeitsmittel die Checklisten 1 und 2 und für die besonderen Arbeitsmittel zusätzlich noch eine der Checklisten 3 oder 4 erforderlich.

In diesen Checklisten wird der sicherheitstechnische Stand des jeweiligen Arbeitsmittels dokumentiert. Sind ggf. Nachrüstungen des Arbeitsmittels erforderlich, wird dokumentiert, welcher Handlungsbedarf vorliegt. Des Weiteren kann in der Checkliste dokumentiert werden, welche Maßnahme wann getroffen wurde, um die Anforderungen des Anhang 1 BetrSichV zu erfüllen. Ebenfalls kann die Einstufung in eine Dringlichkeitsgruppe nach Abschn. 3.2 im Feld Priorität eingetragen werden.

Die Texte der Checklisten geben jeweils eine abgekürzte Fassung der Anforderung des Anhang 1 wieder. Diese Lösung wurde gewählt, um den Umfang der Dokumente so klein wie möglich zu halten. Im Zweifelsfall muss auf den Originaltext des Anhang 1 zurückgegriffen werden. Die laufende Nummer der Anforderung im Anhang 1 ist als Referenz immer mit angegeben.

3.2 Umsetzung der Maßnahmen

Wenn der Handlungsbedarf anhand der erforderlichen sicherheitstechnischen Maßnahmen bekannt ist, stellt sich die Frage, welche Maßnahmen kurzfristig durchgeführt werden müssen und welche Maßnahmen nicht so dringlich sind. Dies ist insbesondere deshalb erforderlich, weil die meisten Betriebe mit der kurzfristigen kompletten Umsetzung aller Maßnahmen finanziell und personell überfordert wären.

Um eine nachvollziehbare Festlegung der erforderlichen Maßnahmen zu unterstützen, wurde eine Beurteilungsmatrix der Berufsgenossenschaft Feinmechanik und Elektrotechnik für diese Zwecke abgewandelt (Tab. 1). Hierbei wird das Risiko eines Unfalles als die Relation zwischen der Schwere der möglichen Verletzung und der Wahrscheinlichkeit eines Benutzereingriffes beschrieben.

Das vom jeweiligen Arbeitsmittel ausgehende Risiko ist umso höher, je höher die Ziffer der Bewertungsmatrix ist. Grundsätzlich kann man aus der Matrix auch eine nicht ganz so detaillierte, aber für die Praxis ausreichende dreistufige Prioritätenliste ableiten.

 
  Zyklischer Eingriff bzw. stets zu erwarten Gelegentlicher Eingriff Eingriff möglich, aber nicht zu erwarten
Schwere bis tödliche Unfälle 9 8 6
Meldepflichtige Unfälle 7 5 3
Bagatellunfälle 4 2 1

Tab. 1: Beurteilungsmatrix

Der dringendste Handlungsbedarf besteht bei den Ziffern 7, 8 und 9; diese Maßnahmen sollten relativ kurzfristig angegangen werden. Nachdem diese Maßnahmen erledigt sind, wendet man sich den Arbeitsmitteln mit den Ziffern 4, 5 und 6 und danach den am niedrigsten bewerteten Arbeitsmitteln mit den Ziffern 1, 2 und 3 zu.

Ein solcher Stufenplan für die Umsetzung der Anforderungen dient einerseits der innerbetrieblichen Umsetzung und der klaren Aufgabenverteilung. Andererseits wird eine solche Vorgehensweise normalerweise auch von den Überwachungsbehörden akzeptiert und ist somit ein wichtiges Nachweisinstrument gegenüber den staatlichen Stellen.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Arbeitsschutz Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge