EFRAG veröffentlicht die Entwürfe des überarbeiteten ESRS Set 1
Überarbeitung des ESRS Set 1 durch EFRAG
Die Europäische Kommission hat als Teil des angekündigten Bürokratieabbaus mit der Omnibus-Initiative vom 26.2.2025 auch die Vereinfachung der Europäischen Nachhaltigkeitsberichterstattungsstandards (ESRS) angekündigt. Beauftragt wurde die EFRAG, den bereits als delegierte Verordnung bekannt gemachten ESRS Set 1 umfassend zu überarbeiten.
Am 3.12.2025 erfolgte die Veröffentlichung der am 30.11.2025 an die EU-Kommission übergebenen Entwürfe für die vereinfachten Standards. Diese müssen nun von der Kommission geprüft, verabschiedet, übersetzt und bekannt gemacht werden. Dadurch dürfte für das Geschäftsjahr 2026 wohl noch der aktuelle Stand von Set 1 der ESRS wirksam bleiben. Die Kommission hat eine finale Bekanntmachung zum Geschäftsjahr 2027 angekündigt. Dies wäre insbesondere für die Unternehmen der 1. Welle der Verpflichtung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung – d.h. die bestimmten kapitalmarktorientierten Unternehmen (in Deutschland erst nach der Umsetzung der CSRD in das HGB) – reichlich spät, da diese sich an die bereits bekannt gemachten ESRS zu halten haben, bis die geänderten ESRS bekannt gemacht werden.
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Formal große Reduktion, wenig echte inhaltliche Reduktion?
Die Herausforderung für die EFRAG bestand darin, dass einerseits die Kommission eine erhebliche Erleichterung/Reduzierung der Angabevorgaben gefordert hat, andererseits aber die konkreten Inhalte der Nachhaltigkeitsberichterstattung insb. in den Art. 19a und 29a BilanzRL i.d.F. CSRD unverändert gelassen hat. Somit werden zwar formal große Reduktionen der ESRS mit beindruckenden Zahlen vorgelegt - alle 12 ESRS wurden grundlegend überarbeitet und die Anzahl der Datenpunkte (viele davon stehen weiterhin unter dem Wesentlichkeitsvorbehalt) um 61 % gekürzt. Allerdings gibt es wenig echte inhaltliche Reduktion, da die Themenfelder durch die Verknüpfung mit den Vorgaben der CSRD, die lediglich in den ESRS ausgelegt werden, nicht geändert wurden.
Am deutlichsten wird dies bei der Liste der Nachhaltigkeitsthemen, die in den ESRS behandelt werden. Diese enthielt in der bekannt gemachten Fassung in ESRS 1.AR63 noch detaillierte Unter-Unter-Themen, die nun in der vorgeschlagenen Neufassung als Anhang A aufgelöst wurden – zumeist allerdings, indem dies Themen nun einfach bei den bereits bislang benannten Unterthemen integriert wurden. Neu hinzugekommen ist, dass nun auch bei E-ESRS G1 (12/2025) insbesondere auf verspätete Zahlungen an kleine und mittlere Unternehmen (KMU) einzugehen ist.
Fair Presentation und vereinfachte Wesentlichkeitseinschätzung
Die vereinfachten ESRS legen den Fokus auf nützliche Informationen durch stärkere Relevanzfilter und das der Finanzberichterstattung entliehene Konzept der fair presentation, um die um die Compliance-Belastung zu reduzieren. Die Wesentlichkeitseinschätzung wurde vereinfacht, um den Verwaltungsaufwand zu minimieren und die Nützlichkeit der Informationen zu erhöhen. Konkret sind nach E-ESRS 1.23 (12/2025) Informationen dann wesentlich, wenn das Weglassen, die falsche Darstellung oder die Verschleierung dieser Informationen voraussichtlich Auswirkungen haben könnte auf:
- Entscheidungen, die primäre Nutzer von allgemeinen Finanzberichten auf Grundlage dieser Berichte, einschließlich Jahresabschlüssen und der Nachhaltigkeitserklärung, in Bezug auf die Bereitstellung von Ressourcen für das Unternehmen treffen; oder
- sie für Entscheidungen, einschließlich fundierter Bewertungen, erforderlich sind, die andere Nutzer von allgemeinen Nachhaltigkeitserklärungen auf Grundlage der Nachhaltigkeitserklärung hinsichtlich der wesentlichen Auswirkungen, Risiken und Chancen des Unternehmens und deren Management treffen.
Weitere Änderungen an Set 1
Der Druck auf Daten aus der Wertschöpfungskette wurde verringert, indem die Präferenz für direkte Daten entfernt wurde, es können somit auch Schätzungen und indirekte Daten verwendet werden. Dies stellt nicht zuletzt die Verbindung zu dem VSME ESRS her, da dieser – wenn er von der EU als Empfehlung bekannt gemacht wird – eine Beschränkung der Informationsnachfrage in der Wertschöpfungskette bewirken soll.
Zudem wurden Proportionalitätsmechanismen eingeführt und gezielten Übergangsfristen für schwierige Offenlegungen geschaffen. Künftig soll eine flexiblere, prinzipienbasierte Berichterstattung zu Richtlinien, Maßnahmen und Zielen mit einem stärkeren Fokus auf das Management von Nachhaltigkeitsfragen zur Anwendung finden.
Mit der Überarbeitung wird – im Rahmen des innerhalb der CSRD Möglichen – eine Verbesserung der Interoperabilität mit dem ISSB durch Angleichung gemeinsamer Offenlegungen und verbesserte GHG-Grenzen vorgeschlagen. Es wird eine klare Abgrenzung zwischen eigenen Betrieben und der Wertschöpfungskette, mit einer Vereinfachung der Berichtsarchitektur vorgeschlagen. Zudem bekommt das Prinzip „unverhältnismäßige Kosten oder Aufwand“ über den IFRS-Anwendungsbereich hinaus Bedeutung.
Der Zugang zur Projektseite der EFRAG mit den Entwürfen für die geänderten Standards sowie Links auf weitere Informationen findet sich unter: Draft Simplified ESRS
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